B.L.’s 23.4. – Uova di lompo

17.45
In einer Mail an mich hieß es heute: „wahrscheinlich ergeht es Dir sehr viel ambivalenter, als Lampes Tagebucheinträge verraten wollen…“. Ich antwortete: „Die Mail kam an, als ich gerade nach den Preisen für Kühlschränke, Waschmaschinen usw. schaute. Ambivalent gefühlsmäßig sowieso, das muß ich noch versuchen, im Tagebuch mir selber besser herauszuformulieren. Ansonsten steht jetzt plötzlich alles kurz bevor, somit denke ich auch ans Geld: die Miete, die Kaution, im Mai Mehrwertsteuer und „TÜV“ fürs Auto, das nicht mehr so neu ist, also sicher ein paar Eingriffe braucht, andererseits geht’s ohne auch wieder nicht. Die Anschaffungen halten sich aber einigermaßen im Rahmen: in Rom gibt’s sogar Ikea: also für Regale und sonstige Billiglösungen. Etwas, aber nicht viel, nehme ich von hier mit. Aber ich glaube, das einzige, was ich brauche, ist Ruhe NACH dem Sturm (Biggy hat das schon richtig gesehen, das mit der Ruhe), einfach leben (einfach in doppelter Bedeutung).“
Danach ging ich ans Ausdrucken dessen, was ich morgen in Rom werde beglaubigen lassen müssen (am Nachmittag dann wieder die Steuerberaterin: Unterschriften setzen unter die neuerliche Beschwerde bei der „Agentur der Einnahmen“, wie die hiesigen Finanzämter wörtlich übersetzt seit Berlusconi heißen). Bei der vorletzten Seite streikte der Drucker, weil die rote Farbe endgültig ihren letzten Tropfen abgegeben hatte. Also fing ich an, erst die Plastikverpackung der Pappschachtel aufzuschnippeln, dann entfernte ich die Pappschachtel, daraufhin war die Plastikhülle der Kartusche zu entfernen… In dem Moment war’s, als riefe sie von fern meinen Namen. So wie damals, als ich einmal hinten auf dem Grundstück im Gras saß, einen Benzinkanister neben mir (es gab so Thanatos-Momente). Sie mit der Taschenlampe im Dunkeln. Und ihre Stimme, die mich suchte. Oder auch so, wie sie oft nach mir rief, sobald sie meinte, mich brauchen zu müssen, egal, was ich gerade tat. Und oft lief ich zu ihr, um dann zu hören: „Ist schon in Ordnung.“ Darum ist dieses fast schon alptraumhafte Rufen schon des öfteren zu einer Gehörhalluzination bei mir geworden. Tatsächlich ging ich runter und nach draußen. Könnte ja sein, ich hätte nicht gemerkt, daß sie zurückgekommen sei. Denn wenn ich allein hier bin, schließe ich die Küchentür (die Haupteingangstür) von innen zu, um zu verhindern, daß der Hund sie aufdrückt und zum x-ten Mal das Katzenfutter wegfrißt (so billig ist das Zeugs ja nun auch wieder nicht, zumal bei zwei Katzen). Tatsächlich hörte ich die Stimme ein weiteres Mal, als ich draußen war, aber sie schien aus dem Wald gegenüber zu kommen. Der Klang aber ähnelte meinem halluzinierten Namen. Also wieder zurück ins Arbeitszimmer und den Ausdruck komplettieren. Ich verlor mich daraufhin in recht diesigen Vorstellungen, rappelte mich aber auf und fuhr ins Dorf. Weißwein für mich besorgen. Irgendwie kam mir in den Sinn, auch noch so ein kleines Gläschen mit rotem Seehasenrogen in den Einkaufswagen zu legen: Uova di Lompo (!), wie’s auf italienisch heißt. Und irgendwie bekam ich Lust, den Seehasenrogen dann sofort und stante pede in mich hineinzulöffeln.
Vorskizziert habe ich den Text neben dem hier sitzend:

den ich gestern Abend plötzlich Lust hatte, so zurechtzumachen, als Dämon des Grundstücks, als stummes Orakel, als Interpretation dessen, was mich treibt, als Verscheucher des Bösen. Möge er denn all das sein. So komplementär wie er sich gibt zu der Farbe Rot, die ich mir und dem Drucker einverleibt habe. Grad hat der Wind ihm die Spitze heruntergeweht. Ich werde sie ihm wieder aufsetzen.

2 thoughts on “B.L.’s 23.4. – Uova di lompo

  1. Assoziationen Ja, wenn man sich in seiner Umgebung genau umschaut, sieht man über all Gesichter. Es wäre mitunter gut, sie gleich zu malen, weil man auf solch verrückte Formen nie im Leben käme. Und da ist der Fotoapparat natürlich klasse für eine schnelle Dokumentation.
    Sie haben den Blick dafür entwickelt. 😉

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