Vor dem Privatkonkurs. Korrespondenz mit einer Leserin.

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Klar, Sie haben recht… davor hab ich einen Horror. Und ja auch gar keine Zeit für solchen Müll. * lacht. Aber das begreifen meine Gläubiger, fürchte ich, nicht – und mein Größenwahn hat nicht genug Aura, um denen das evident – unmittelbar spürbar – zu machen. Immerhin kann ich sagen, daß meine Haltung der eines Vogels Strauß n i c h t entspricht, insofern, als dieser ja einfach da so stehenbleibt mit dem Kopf in dem Sand (bei Sandstürmen, übrigens, vielleicht gar nicht so falsch), indes ich mich immer weiter bewege und etwas schaffe… was sich n i c h t schaffen ließe, stünde ich dauernd mit gesenkter Stirn da, um mich drauf zu konzentrieren, die Angriffe abzuwehren. Allein die Kraft, derer es bedürfte, dauernd Mahnbriefe und Androhungen usw. zu öffnen, zöge so viel an seelischer Energie von der poetischen Arbeit ab, daß es geradezu ein Gebot produktiver Strategien ist, dergleichen ungeöffnet liegenzulassen. Ich hab das schon an verschiedenen anderen Stellen skizziert: Hätte ich mich um meine finanzielle Ökonomie so sorgsam gekümmert, wie die bürgerliche Gesellschaft das mit gemeinhin durchaus vernünftigem Recht von einem erwartet, wäre es zu wenigstens zwei Dritteln meiner Bücher und Hörstücke niemals gekommen. Wobei es mir zu bestreiten fernliegt, daß einer profunden Fraktion des deutschen Literaturbetriebs gerade das eine Erleichterung gewesen wäre, schon deshalb, weil man dann nicht so in die Gefahr geraten wäre, daß man sich irrte. In der steht man nun mittendrin – ganz wie, selbstverständlich, ich selbst. Aber an sich könnten meine Gläubiger, hätten Sie Witz, stolz darauf sein, einen Schuldner wie mich zu haben. Sie erhielten wahrscheinlich erheblich mehr finanziellen Rücklauf, vielleicht sogar Gewinn, machten sie damit Werbung (ich wäre sofort damit einverstanden), als wenn sie mich, wie nun, immer wieder wegzupfänden versuchen.
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6 thoughts on “Vor dem Privatkonkurs. Korrespondenz mit einer Leserin.

  1. Mir kommt grad, à propos Schulden, eine pfiffige Anthologie in den Sinn. Zum Beispiel könnte die Deutsche Bank, bei der ja mein umdieEckeVerwandter Barthold von Ribbentrop einiges Mitsagen hat, ein Kundenpäsent ganz besonderer Art herausgeben: UNSERE BERÜHMTESTEN SCHULDNER. Aus Gründen der Persönlichkeitsschutzes müßte freilich bei noch Lebenden eine Genehmigung eingeholt werden, und nicht alle lebenden Schuldner, vor allem Großschuldner, werden Lust darauf haben, sich aus ihrer Misere einen Humor zu machen… doch in der urheberrechtsbefreiten Historie..? oh wer sich da, ganz bestimmt, alles fände! Und dieses Buch sehr fein aufmachen und, den Umständen seiner Entstehung gemäß, sehr teuer… mit bestesten Drucken etwa, mit Romanauszügen, vielleicht sogar dem einen und/oder anderen Bettelbrief, den der eine und/oder andre an seine Kontoführer geschrieben… Also solch ein Ding, ganz sicher, schlüge in ein Gelächter ein, das dem Bankinstitut auf Jahre Sympathien sogar bei den (begründet) politischen Gegnern sicherte. Und finden Sie nicht, daß mir allein für diese Idee schon das Halbmonatsgehalt eines gutgehandelten PR-Mannes zustünde?

  2. Lieber Herr Herbst,
    hat sich denn Ihre finanzielle Situation inzwischen gebessert? Ich wünsche es Ihnen sehr.
    Nebenbei eine Frage, die ich mangels Alternative hier stellen muss: Bekommen Sie die Mails eigentlich, die Ihnen über den “Formmailer” von die-dschungel.de zugeschickt werden? Und wenn ja: Beantworten Sie diese auch gelegentlich, wenigstens in nicht zu zeitfressender Kürze? Speziell in Bezug auf e i n e Mail wäre mir damit sehr geholfen…
    Herzliche Grüße
    HoPi

    1. @hopi666. Ja, die Mails über das Kontaktformular kommen sehr verläßlich bei mir an. Es kann aber sein, daß ich eine solche Zuschrift übersehen oder vergessen habe. Bitte seien Sie so freundlich und senden sie noch einmal.
      Dank Ihnen und Pardon.
      ANH

      P.S.: Spannende Zahl, übrigens.

    2. Lieben Dank… …für die prompte Antwort. Ich habe also die Mail noch einmal geschickt (sie hat den Titel “Deters und Giger”).
      Die Zahl finde ich eigentlich so spannend nicht (lese ich da nicht ohnehin in Ihrem Kommentar eine leise Ironie?). Sie drückt eigentlich auch nichts mehr aus (wenigstens für mich nicht). Das Pseudonym zur Online-Verwendung stammt aus meiner Computer-Frühzeit, und da mir einfach kein sinnvolles Pseudonym einfallen will, behalte ich es aus reiner Gewohnheit bei. Ich trage auch längst nicht mehr dauernd schwarz. Man wird ja auch älter. Allenfalls mag es noch für ein allgemeines Interesse an apokalyptischen Sujets stehen. 😉
      Dank zurück und kein Pardon (denn eine Entschuldigung Ihrerseits ist nicht vonnöten. Mein Verständnis haben Sie.)
      HP (klänge eher nach einem Drucker als nach einem Pseudonym, nicht wahr?)

    3. @hopi666 (2). Ihre Nachricht ist noch immer nicht da. Deshalb verwenden Sie bitte fiktionaere@gmx.de, ein Konto, das von Daniello verwaltet wird; er wird mir die Mail nach Erhalt wie immer weiterleiten.
      Wegen des Kontaktformulares habe ich mir eben eine “eigene” Mail geschickt; sollte sie nicht funktionieren, werde ich meinen Webmaster kontaktieren.
      Dank Ihnen.

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