Bamberger Elegien (88). ÜA der ZF, Hexametrisierung. Aus der Fortsetzung der Elften Elegie.

Und von Musik kommt die Hoffnung, steigt ebenfalls erdauf und nicht,
wie annunziatischer christlicher Geist, ˇ abwärts von oben;
zwar auch sie ˇ (Gott ist im Klang*) ˇ zeugt hier durchs Ohr,
aber sie öffnet den Beckenˇgrund – eksistánai, ohne
was wir nie würden… so wund das Geschlecht… ruft die Nichtgeˇbornen
flatternden Atmens und näßt noch, erschlafft und geweiteten Beckens,
nach… wie Not, die befreit ist und lauscht auf das Restzucken innen,
während sie beinah schon einschläft – Dein Ohr noch, doch zärtlich, am Mund,
der von dem Aufwachen flüstert, den Fährten der Bisse im Nacken,
Kratzern von Nägeln den ganzen, der vorsichtig schmerzt, ˇ Rücken
bis zu den Backen hinunter; die Brüste, ˇ Dir, schmerzen auch;
weiß in der Haut, ˇ wie kleine Narben, ˇ Spuren von Zähnen –
oder der Fingerˇnägel des Engels, in dessen Gesicht ist
Blut von der Mahlzeit um Lippen und Kinn, und es tropft noch, verschmiert -.
Schamlos der Akt, ˇ jetzt schaut man nieder: betroffen und seltsam:
Was brach da durch? So entgrenzt war der Leib, war so wieder das Tier,
m e h r war es, w e n i g e r, denn ˇ Lust wird vom Wissen geschürt,
daß wir Verbotenes tun, ein Benehmen, das bindet, ganz wegtun –
Haltung und Unreines mischend, was Tiere nicht kennen, das Selbstbild
willentlich schändend… so drängen, die unter der Haut sind, die Narben
ältester Willen, die zivilisiert worden sind, durch die Nähte
unheilig naher Kokons, inszenieren sich neu, konstellieren
eigne persönliche Wunden, vergessene, schien es, sie nachziehend
aus ihren Leibgräbern, mit und verleihen ˇ ihnen die Macht
früher Instinkte, mit denen sie tanzen, als kämpfte man – D a s ist’s,
was in uns tobte… und daher die Tränen, von Jenseits, orgasmisch
ausgeˇschüttet, so liefen sie, um in der milden Erschöpfung
auszuverrinnen, der zärtlichen, guten, die heilt und uns ganz macht.
Noch ist die Tusche verschmiert auf den Wangen und trocknet, ein schwarzes
Leimdelta, ein – wie auf Zweige gestrichen für Spatzen, die tschilpend,
passeri annunziati, die Seelen von Guff** uns herunter
zufliegen lassen (doch W e l t ist die Halle, der matteste Stein
hat daran Teil, jede Wolke und Welle, die Regnitz, die Dächer
Bambergs –

wie strahlen sie plötzlich fast meditterran -) – und es begibt sich. Wir liegen. Der Spatz kam von selber, es fing ihn
niemand – und blieb, ˇ liebevoll Spotts war sein Schnabel des Storchs –
weil wir nichts wußten darüber… von Wartenden, die er, der Lustschrei
anlockt, und tasten sich vor aus dem Sperling ins Seufzen, ins Gurrn,
dessen Gesicht sich in Deine ˇ Halsbeuge drückt und warm einschläft,
wie schon ein Kind… ˇ Parasympathikoton werden Männer,
alle, zum Säugling, den Frauen im Arm ˇ schutzlose Schnarchler –
lange noch bebt es so durch sie hindurch, embryonal
dem aus dem Spatzen gleich, das uns gewählt, unter Hunderten, hat,
das uns erkannt hat, die Eltern, gewollt hat – Ob es uns wußte?
Folgen die Nichtgeˇborenen auch nur Instinkten, wie wir?
Hörn die Musik, der sie folgen, das Cello, es lockt sie ein Klang,
der nur für sie je bestimmt ist, und nisten sich ein – doch vergessen’s?
Aber Erinnerung ist jede Zelle und trägt ein Jahrtausend
Informationen, das Haar, jedes einzelne, dünne, gestreckte
Blatt Maimonides’ – die Fingerchen, Nägel, die Zehchen der Babies,
reichen bis weit in die Trias zurück – DNS-notierte
Partiˇtur, ˇ moto perpetuo*** unseres Bauplans
und der Geschichte von Leben, sinfonisch, an sich –
(v – v)

[*) Evtl. eine Sure zitieren.
**) Talmud, Yevamod, 62a/ Avodah Zarah 5a.
***) Britten, 3. Cello-Suite, VIII.]

>>>> BE 89
BE 87 <<<<

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .