Soliman lächelt. 21. 10. 2008. Paul muss warten.

.

Herrlich ist der Orient

Übers Mittelmeer gedrungen;

Nur wer Hafis liebt und kennt,

Weiß, was Calderon gesungen.

(Goethe)

Gestern. Die Telekom. Schwatzte meiner Mutter, 85, blind, einen Call & surf – Tarif auf. Das ging aus einem Schreiben hervor, das ich zufällig bei der alten Dame fand. Die Hotline anrufen, um eine Stornierung des angeblich von ihr erteilten Auftrages zu erreichen, schien mir angesichts von Warteschleifeerfahrungen völlig sinnlos. Ergo setzte ich mich ins Auto und fuhr zum nächstliegenden T-Point. Dort 3 Kundenberater. Alle belegt. Ich entscheide mich für einen jungen Mann hinter dem PC, der einen anderen, ihm ähnlich in Frisur und Outfit, jungen Mann beriet. (Hier könnte jetzt eine längere Beschreibung über Uniformierung in zivilen Gesellschaften folgen, wenn ich denn, was nicht der Fall ist, genügend Zeit hätte.) Mein Warten dauerte, man glaubt es kaum, fast eine Dreiviertelstunde, bevor der vor dem PC Stehende dem hinter dem PC Sitzenden mit langem Wortgeschwalle, vermutlich arabisch oder türkisch, genau konnte ich es nicht ausmachen, mein Hörgerät hatte ich in der Eile – es war kurz vor 18.00 Uhr – vergessen, die Hand schüttelte und ging, gehen wollte, wie ich dann 10 Minuten später resignierend konstatieren musste. Denn während des Händeschüttelns trat eine orientalische Schönheit an die Seite des zu Beratenden an die Kundentheke, offensichtlich seine Frau. Die beiden Männer ließen sofort ihre Hände voneinander, wuchsen förmlich in Breite und Länge und begannen von Neuem ihr Gespräch. Gott sei Dank, oder besser Allah sei Dank, wurde die Mandelschönheit ebenso unruhig wie ich und begann ihren Mann erst vorsichtig am Ärmel zu zupfen, um ihn dann ohne Worte etwa 5 Minuten später etwas kräftiger an eben diesem Ärmel regelrecht in Richtung Ausgang zu ziehen. Endlich, die Schwingtür pendelte leicht hinter ihnen, wurde ich mit einem Lächeln, das unter Sultan Soliman Tod oder auch Belohnung hätte bedeuten können, in perfekten Deutsch gefragt, wo mich denn der Schuh drücke. Genauso so. Mittlerweile war ich auf 180. Eine Stunde hatte ich gewartet. Dann ging allerdings alles schnell. Problemlos stornierte er die T-DSL und Surf-Bestellung. Auf meine Nachfrage, wie es denn passieren könne, dass eine alte Frau zu einem solchen Tarif verführt wird, zuckte er nur mit den Achseln und lächelte dabei wieder wie der selige Soliman, dessen leidenschaftlichsten Spielorte Schlachtfeld und Harem und dessen liebste Spielzeuge einst Seidenschnüre waren.

P.S. >>>Calderon bei Paul im TB

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .