Gefallene deutsche Soldaten.

Man kann nur noch den Kopf schütteln. Da schicken sie Soldaten in den Krieg und wundern sich, daß sie umkommen. Das ist genau so absurd, wie wenn einer Soldat wird, um nicht zu töten.

(Es wurde sogar berichtet, wie und wie schnell Sanitäter zur Stelle gewesen seien. Welch eine Verzerrung in der Wahrnehmung von Wirklichkeit!)

62 thoughts on “Gefallene deutsche Soldaten.

  1. Das kommt drauf an wer mit dem “sie” gemeint ist. Wenn sich dahinter “der Bürger” versteckt, dann wundert mich das gar nicht, meinte doch unlängst sogar der deutsche Verteidigungsminister, dass es in Afghanistan keinen Krieg gäbe.

    1. @Metepsilonema. Mit “gäbe” hätte er d a n n recht, wenn er die Bedingung nennte (“gäbe”, Konj. II, erfordert sprachlich eine Kondition: “es gäbe keinen Krieg, w e n n…”). Sollten Sie aber “gebe” gemeint haben, hätte der Mann schlichtweg Unfug geredet. Man kann dieses “gäbe” freilich, sofern es den Verteidigungsminister zitiert, für eine bewußte rhetorische Volte halten. Ich bin mit Karl Krauss der Meinung, daß Sprachkritik politisch ist.

    2. @Metepsilonema. Nein, keine Erklärung.
      Weshalb Karl Kraus genannt wird, ergibt sich aus dem Satz. Nur steht im Namen ein “s” zuviel, seh ich gerade. Und werd es “mit gleicher Post” korrigieren.

  2. von der verrohung der sprache wenn aus/
    gruppen/
    TRUPPEN/
    werden ist der weg in den dunklen schlachtraum des krieges nicht weit

    oder: wie einmal die grundschule als hort der neugier,
    des wissensdrangs und der beharrlichkeit
    mit dem stiefelklappernden grundwehrdienst verwechselt wurde.
    >>> /?p=12112

    1. @g.emiks. Da steht 1.) “Trupp”, nicht “Truppe”; 2.) wäre selbst “Truppe” nicht falsch, da Truppe im Deutschen nicht ausschließlich, als militärische Mengenangabe verwendet wird. 3.) Lassen sich sowohl “Trupp” wie “Truppe” ironisch einsetzen. Das ist mit grammatischen Konstruktionen sehr viel schwieriger, zumal wenn sie deutlich versehentlich niedergeschrieben wurden, bzw. weil man’s halt nicht anders weiß.

  3. Das Wort “gefallen” ist ein Euphemismus. Die beiden Soldaten sind nicht “gefallen”. Sie sind krepiert, verblutet, zerrissen worden oder sonst was.

    Mit dem Wort “gefallen” wird zum ersten Mal auch “Krieg” gesagt. Darin liegt die ‘Botschaft’ Jungs.

    Das Paradoxon, Soldat zu sein, um nicht töten zu müssen, kann durchaus existieren. Das Prinzip der Abschreckung funktionierte so – wenigstens rhetorisch. In dem ein bewaffneter Konflikt ausgebrochen wäre, wäre die Existenz des zur Abschreckung seienden Soldaten in diesem Moment gescheitert gewesen. Dass die deutsche Bundeswehr zur “Abschreckung” diente, ist allerdings fragwürdig. Abschreckung funktionierte aufgrund der nuklearen Bewaffnung; das “Fussvolk” (= die Soldaten) hätten nicht einmal mehr “fallen” können. Sie wären verstrahlt worden.

    1. @Keuschnig. Ecco!

      Wegen des Euphemismus’: Wir werden mit ihm sprechen müssen – oder wir wollen einen Teil bester Literatur vernichten. Sprache ist a u c h ihre Geschichte. Etwa bei Ungaretti:

      “>

      Soldaten.

      Wir fallen
      wie im Herbst
      von den Bäumen
      die Blätter

      >>>> Zu “fallen” ist ein Idiom.

      Zu dem Paradoxon: Ich schrieb “Soldat werden, um nicht zu töten”, nicht, “um nicht töten zu müssen”, was etwas anderes ist. Wer Soldat wird, muß das Risiko, daß er töten werde, einkalkulieren, denn dieser Beruf symbolisiert das Töten; er ist auch geschichtlich daraus definiert. Man kann praktizierender Arzt werden, ohne jemals jemanden zu heilen, nicht aber, um nicht zu heilen; man würde sonst nicht praktizierender Arzt.

    2. Der normale Mensch kennt Ungaretti nicht. Für ihn klingt “gefallen” einfach besser als schriebe man “erschossen” oder “von einer Granate zerfetzt” oder “zerrissen”. Gleichzeitig musste sich der Tod eines Soldaten vom normalen Tod unterscheiden. Ein Soldat ist nicht einfach “tot” oder “gestorben”. Um seine “Heldenhaftigkeit” zu unterstreichen, ist er eben “gefallen”. So hat man sich das “schöngeredet” und verbrämt.

      Das >>>>>>Zeichen auf Grabsteinen für “gefallen” ist auch ein anderes als das für den normalen Tod.

      Im englischen heisst das “Killed in Action”…

    3. @Keuschnig. Wenn wir unsere Sprache nach dem “normalen Menschen” ausrichteten, sprächen wir alle restringierten Code, und Dichtung gäbe es schon gar nicht.
      In der Sache gebe ich Ihnen selbstverständlich recht. Aber wir ändern sie nicht, indem wir sie umbenennen. Weder, wenn man nicht mehr “Neger” sagen darf, noch wenn nach dem Berliner Schulmodell ein Erstklässler, der im jahrgangsübergreifenden Unterricht nicht mitgekommen ist, nicht “sitzenbleibt”, sondern die erste Stufe noch einmal wiederholt.

    4. @Herbst Einverstanden. Aber es geht darum, den Sinn des Wortes bzw. des Begriffs “gefallen” im Zusammenhang mit dem Tod von Soldaten zu sehen. Dass man dies bisher vermieden hat, ist klar: Der deutsche Einsatz sollte als bewaffnete Entwicklungshilfe definiert werden. Das geht irgendwann nicht mehr, weil etliche derjenigen, die die Hilfe bekommen, sie nicht wollen.

      Der Verweis auf Ungaretti sagt da nichts. “Gefallen” ist ein politischer Begriff. Und sein aktueller Gebrauch ist nicht ohne Hintersinn. Denn jetzt erst wird anerkannt, dass es sich um einen Krieg handelt.

  4. ein liedchen für afghanistan… … und eine eindeutige Absage an alle neoliberalen Politiker & Weltverbesserer, die glauben, sie müssten einfach mal so & ohne einen wirklichen Grund ein fernes & fremdes Land besetzen und militarisieren, um irgendetwas (Was genau, weiß der Geier!) an dessen Situation ändern zu wollen. – Meiner Meinung nach haben deutsche Soldaten weder in Afghanistan, noch sonstwo in irgendwelchen Krisengebieten, etwas zu suchen; und wenn dort jemand einem Bombenattentat zum Opfer fällt, dann soll sich hinterher bitte niemand scheinheilig beschweren, denn “No risk, no fun!”, wie es immer so schön in der hiesigen Spaßgesellschaft lautet. – Man beachte nur die kalten & einstudierten Reaktionen verantwortlicher Politiker hierzulande, denen die Opfer im Grunde genommen völlig am Arsch vorbei gehen, solange nicht deren eigene Kinder betroffen sind. Immer die gleiche Scheisse!
    An dieser Stelle möchte ich gerne darauf aufmerksam machen, dass in all den Kriegen, welche die USA in der jüngeren Vergangenheit nach dem 2.Weltkrieg geführt haben, in der Mehrzahl junge Männer aus der Unterschicht in den Krieg und meistens auch direkt an die Front geschickt wurden. Dies haben erst jüngst unabhängige, wissenschaftliche amerikanische Studien eindeutig bestätigt, welche von Micheal Moore (Einem amerikanischen Filmemacher & Kritiker von G.W.Bush) quasi nur noch aus den vertsaubten Archiven amerikanischer Universitäten ausgegraben werden mussten.
    Ich bin übrigens gegen die Wehrpflicht; wenn sich Deutschland schon den Luxus einer Armee leistet, dann sollte es zumindest eine Berufsarmee sein; denn aus politischen Gründen spricht derzeit überhaupt nichts dafür, dass junge Menschen aus ihrem schulischen, beruflichen & sozialen Umfeld herausgerissen werden, um einen schwachsinnigen Grundwehrdienst ableisten zu müssen, der überwiegend auf Befehl und Gehorsam basiert.
    Und da ich weiß, dass in Afghanistan derzeit nicht nur deutsche Zeit- und Berufssoldaten, sondern auch junge Wehrpflichtige stationiert sind, habe ich quasi diesen speziellen Antikriegs-Song aus der Hüfte heraus improvisiert, um nicht geschossen zu sagen.

    Hier nun der sogenannte Oestrogen Kalbsleberwurst-Blues für alle Lebenslagen.

    1. @ herstetter ” .. um einen schwachsinnigen Grundwehrdienst ableisten zu müssen, der überwiegend auf Befehl und Gehorsam basiert. .. “

      Militär basiert immer auf “Befehl & Gehorsam” – der entscheidende Unterschied bei der Bundeswehr ist allerdings, daß die Befehle auf Basis des Grundgesetzes von jedem einzelnen Soldaten auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen – und dann erst auszuführen sind ….

      Die Frage ob eine Armee sinnvoll oder nicht sinnvoll ist hat mit den grundsätzlichen Handlungsanweisungen nichts zu tun ….

    2. Ich habe sie nicht gefragt… @ wvs
      wie kommen sie zu der naiven Annahme, dass Befehle auf Basis des Grundgesetzes von jedem einzelnen deutschen Soldaten hierzulande auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen sind; gilt nicht etwa gleiches Recht in den USA, oder in anderen demokratischen Staaten, obwohl in fast 99 % aller Fälle niemand davon Gebrauch macht? – Meiner Meinung nach macht das deutsche Grundgesetz keinen expliziten Unterschied zu anderen demokratischen Verfassungen aus; und dies hat absolut nichts mit der deutschen faschistischen Vergangenheit zu tun, falls sie darauf anspielen wollen.

      Zitat: Die Frage ob eine Armee sinnvoll oder nicht sinnvoll ist hat mit den grundsätzlichen Handlungsanweisungen nichts zu tun ….

      Was meinen sie eigentlich mit grundsätzlichen Handlungsanweisungen? – Sie sind doch hoffentlich kein verkappter „Alt-Preuße“, oder gar noch schlimmer? – Von sogenannten „Christdemokraten“ will ich hier erst gar nicht reden!
      Mich interessiert übrigens weder die Politik, noch das Militär, was mich jedoch äußerst wütend macht, sind die massiven Menschenrechtsverletzungen, welche daraus resultieren! – Und die zwangsweise Einziehung gegen den Willen eines Bürgers zum Militär, gehört für mich eindeutig dazu.

      Und über die Frage, ob eine Armee überhaupt sinnvoll ist, oder nicht, möchte ich mit ihnen gar nicht diskutieren, weil ich ihre offensichtliche Gesinnung bereits aus ihrem Kommentar heraus lesen kann.

    3. Theoretisch kann ein deutscher Soldat unsinnige Befehle ignorieren. Theoretisch kann er völkerrechtswidrige oder ethisch indifferente Befehle verweigern. Die Empfehlung bei Zweifelsfällen ist eine andere: Erst ausführen, dann beschweren. Zugegebenermassen: Das klingt “im Frieden” in der Lüneburger Heide wunderbar. Aber es ist realitätsfremd.

      Eine zwangsweise Einziehung gegen den Willen eines Bürgers zum Militär gibt es in Deutschland nicht.

    4. @ herstetter

      • “grundsätzliche Handlungsanweisung” ist in diesem Zusammenhang “ein Befehl”
      • ” .. wie komme(n) .. ich .. zu der naiven Annahme, dass Befehle auf Basis des Grundgesetzes von jedem einzelnen deutschen Soldaten hierzulande auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen sind .. “ – Nun, ich bin mit letztem Dienstgrad Oberstleutnant ausgeschieden und weiß es einfach …. welchen Dienstgrad haben Sie?
      • Militärferne Kreise wissen offensichtlich nicht genug über die Unterschiede zwischen den Grundsätzen der in der NATO verbundenen Armeen: Bundeswehrsoldaten haben z.B. erheblich mehr Rechte als ein U.S.-Soldat, denn in der U.S.-Armee gibt es keine Eigenentscheidung des Einzelnen, während in den Einsatzgrundsätzen der BW gerade die Einzelentscheidung innerhalb eines vorgegebenen Auftrages vorgesehen und erwünscht ist. Daß das nicht immer funktioniert ist nicht “Schuld” der Militärgrundsätze sondern dem – auch in anderen Lebensbereichen zu beobachtenden – Mangel an Entscheidungsfähigkeit bei vielen Menschen zuzurechnen.

      @ G. Keuschnig

      • ” .. unsinnige Befehle .. “ gibt es nicht – wohl aber “rechtswidrige Befehle”. Es ist das Wesen eines Befehls daß er ausgeführt wird – egal ob der Befehlsempfänger ihn für unsinnig hält oder nicht – er hat sich einzig die Frage zu stellen ob der Befehl gegen Recht & Gesetz verstößt ….
      • Die Alternative ” .. Erst ausführen, dann beschweren .. “ gilt ausdrücklich dann nicht, wenn es sich um offensichtlich rechtswidrige Befehle handelt: Es würde hier den Rahmen sprengen solche Fälle darzustellen – jedenfalls sind sie Thema in umfangreichen Unterrichten mit Rechtskundigen als Instruktoren.
      • Jede Überlegung zu ‘Extremsituationen’ ist realitätsfremd – denn was passiert wenn man in der Situation steckt ist meist etwas völlig anderes ….

      Abgesehen von allen vorgenannten Argumenten bzw. Gegenargumenten bleibt die Frage, ob es sinnvoll und/oder zu verantworten ist Soldaten nach Afghanistan oder sonstwohin zu schicken ….

      und es nimmt auch nicht Stellung zum Ausgangsstatement von A.N. Herbst, dem ich nur beipflichten kann:
      Wenn man sich entschließt Soldaten irgendwo hinzuschicken muß man auch deutlich dazusagen, daß sie tot und im Blechsarg zurückkommen könnten …. alles Andere ist absurd!

      Darin liegt die Heuchelei der Politiker. Sie verschweigen – wie meist – den unangenehmen Teil, die unangenehmen Folgen ihres Handelns ….

    5. @ Gregor Keuschnig

      Zitat:

      “Eine zwangsweise Einziehung gegen den Willen eines Bürgers zum Militär gibt es in Deutschland nicht.”

      Stimmt, es gibt nur die staatlichen Repressalien im Falle eines nicht Befolgens, einschließlich der Feldjäger, selbst wenn man den Antrag auf Kriegsdienstverweigerung nur um ein paar Tage zu spät gestellt hat!

    6. “nur um ein paar Tage zu spät”. @herstetter. Das müssen Sie mir, einem Kriegsdienstverweigerer (was, wohlgemerkt, nicht identisch mit “einem Pazifisten” ist), schon zugestehen, Sie darauf hinzuweisen, daß d a s ein ganz banales Rechtsproblem ist; “nur um ein paar Tage zu spät” gilt in jedem anderen Rechtsbereich ganz ebenso als kurzerhand “zu spät” (es bleibt davon unbenommen, begründet Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen; über so etwas wird dann auf dem üblichen Weg entschieden). Abgesehen hiervon, dürfte, wenn Ihnen so daran gelegen war, den Dienst mit der Waffe (an der?) zu verweigern, allein die Dringlichkeit Fristversäumnis nicht erlaubt haben – es sei denn, Sie wären objektiv (schwere Krankheit, Unfall und dergleichen) – an der Einhaltung der Frist verhindert gewesen: Das und Ähnliches sind Fälle, in denen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in aller Regel auch beschlossen wird.

    7. @wvs. “er hat sich einzig die Frage zu stellen ob der Befehl gegen Recht & Gesetz verstößt” – das hierin ein Problem besteht, nicht nur in der Hitze der Aktion, sondern prinzipiell, werden Sie zugestehen, denke ich – insofern Befehle Teile eines Netzwerks von Befehlen sein können (Teile von Netzwerken sind sie meist eh), dessen Ziel etwas Widerrechtliches (z.B. im völkerrechtlichen Sinn) sein könnte, aber sich wegen der Menge der Befehle und auch der Befehle, die man nicht kennt, weil sie anderswo gegeben werden, nicht durchschauen läßt. Das ist indes ein prinzipielles Problem aller straff hierarchisierten Organisationen, die einerseits Gehorsam verlangen (und verlangen müssen), andererseits eben doch dem Einzelnen eine moralische Entscheidung abfordern.** Einer der Gründe, dessenwegen ich den Wehrdienst seinerzeit verweigert habe (zweiinstanzlich, da ich mich nicht als Pazifist verkleiden wollte).

      [**) Mir ist nicht klar, ob es sich insofern für den Einzelnen bei der weniger absoluten Befehlsdefinition der Bundeswehr gegenüber anderen Armeen tatsächlich um einen Fortschritt handelt, oder ob das nicht die Härten um noch manches verschärft, weil der Einzelne in eine moralische Verantwortung genommen wird, der er in der Armee-, geschweige Kriegssituation überhaupt nicht nachkommen kann. Aber ich frage mich das und bin nicht entschieden.]

    8. @ ANH zu **
      Selbstverständlich muß ich folgendem zustimmen:
      Der ‘gemeine’ Soldat ist mit dergleichen Entscheidung überfordert – und das obwohl es ihm in Unterrichten wiederholt erläutert und im Rollenspiel geprobt wird ….

      Das ist aber unabhängig von der äußeren Einschätzung- wie weiter oben auch geäußert – der Soldat sei nur Objekt.

      Wer sich für den Dienst mit der Waffe entscheidet muß sich die Folgen klarmachen – so wie in allen Lebensbereichen – und nicht nachher jammern ….

    9. @wvs. Mir ging es indes gar nicht so sehr um den Soldaten-selbst – jemand, der sich für den Dienst “mit” (!! siehe oben) der Waffe “entscheidet”, mag vielerlei Gründe dafür gehabt haben, die er womöglich gar nicht zu vertreten hat; etwa, das gilt nachdrücklich für die USA, weil es eine der wenigen Möglichkeiten von Leuten aus der Unterschicht ist, ihrem Elend zu entkommen – , als um die Heuchelei, die in der jetzt inszenierten Aufregung steckt. Es geht insofern auch gar nicht um das “Problem Afghanistan” (eine gute Freundin von mir ist dort Pressesprecherin für die Schutztruppen, und ich höre von ihr vieles andere, als man sonst hört); es geht schlicht darum, daß dort Krieg herrscht und Soldaten im Krieg selbstverständlich töten und getötet werden. Sie sind nicht in Bayern eingesetzt, um Schäden einer Flutkatastrophe abzuwenden, auch dann nicht, wenn ein Großteil ihrer Aufgaben auch in Afghanistan humanitär definiert sind.

    10. @ ANH Diese Heuchelei ist eine Politikereigenschaft (nebenbei: auch eine Beamten- und Verwaltungseigenschaft), sie müssen sich ‘inszenieren’ um so aus der Neugier der Gaffer für sich selbst Profit zu ziehen: Sie werden gesehen – und hoffen daß ihnen daraus bei Wahlen durch höheren Bekanntheitsgrad ein Vorteil erwächst. Es kommt doch nicht von ungefähr, daß diese Kaste mit den übelsten Prädikaten belegt und den scheußlichsten Tieren verglichen wird ….
      Sie sind nicht nur Heuchler, sie sind der Grund für die Stagnation von Entwicklung rund um den Globus:
      Wegen ihrer Phantasielosigkeit sind ihnen Menschen mit Phantasie suspekt und sie ziehen alle Register von Gesetzen bis Verodnungen um deren Entfaltung zu verhindern ….

      Echte Betroffenheit wegen der Toten ist sowieso nur aus dem unmittelbaren, familiären Umfeld zu erwarten. ‘Mitfühlen’ mag ja noch in Näherung zutreffen, das will ich zugeben ….

      Auch bei uns ist mittlerweile der Militärdienst ein Weg aus der Perspektivlosigkeit zu fliehen die viele junge Menschen ohne hinreichende Schulbildung bedroht – insoweit nähern wir uns nicht nur im Konsumverhalten den U.S.A. ….

    11. @wvs Selbstverständlich gibt es “unsinnige Befehle”. Dass Sie für Sie nicht existieren, mag ja sein. Aber der Befehl “Geben Sie jetzt allen ein Bier aus!” ist in dem Sinne das, was ich für unsinnig halte.

      Die Perfidität, die hinter dem Prinzip des Erkennens des “rechtswidrigen Befehls” steckt, ist greifbar. Denn die Strafbarkeit der “Befehlsverweigerung” wird durch ein Gericht getroffen, welches eben genau diese Befehlsstrukturen meist im Sinne der Befehlsgeber interpretiert. Ich kann Ihnen versichern, dass die Maxime “Erst ausführen – dann beschweren” sehr wohl ausgegeben wurde. Zugegebenermassen war ich weder in einer Kampfeinheit noch im Krieg, so dass schwerwiegende Entscheidungen hierüber nicht anstanden. Der Befehl, das Scheißhaus sauber zu machen, sollte aus vielen Gründen besser nicht verweigert werden. Obwohl es fünf Minuten vorher schon einmal gesäubert wurde.

    12. @ G. Keuschnig

      Zur Definition:
      Die Anweisung “Geben Sie jetzt allen ein Bier aus!” kann schon deswegen nicht als Befehl interpretiert werden weil sie keinen ‘dienstlichen’ Zweck hat! *

      Eine Aufforderung zum Abholen bereits bezahlten Bieres könnte man zwar aus gleichem Grunde abschlagen, das käme aber auf die Art der Äußerung an …. wenn ein “Bitte” enthalten wäre hielte ich es nicht für ehrenrührig dem nachzukommen – egal welchen Dienstgrad man hat ….

      Der Befehl das S**haus sauber zu machen – zum zweiten Mal – kann nur dann einen ‘dienstlichen’ Zweck haben, wenn die erste Reinigung nicht gründlich genug war und einer Nachbesserung bedarf – darüber kann man verschiedener Ansicht sein, es empfiehlt sich aber den Befehl zu befolgen ….
      Sofern allerdings der gleiche Soldat die gleiche Aufgabe ein drittes Mal befohlen bekommt muß Schikane unterstellt werden und dann darf der Befehl (weil nicht Gefahr im Verzuge und keine Gefahr für Leib und Leben von Kameraden) verweigert werden ….

      Was ich Ihnen gern zugebe ist, daß es Soldaten gibt die sich scheuen ihr Recht durchzusetzen – das aber ist nicht ein Mangel der gesetzlichen Regelungen, sondern ein Mangel an (Zivil-) Courage ….


      * Mir wurde einmal – ich war Oberfähnrich – der Befehl (!) erteilt:
      “Sie gehen mit Frl. XY zum Jahresball der Division!”
      Diesen Befehl habe ich verweigert – er hatte keinen dienstlichen Zweck ….

    13. @wvs Ein Befehl eine bestimmte Stellung zu halten, kann als militärisch unsinnig angesehen werden, trotzdem ist sein dienstlicher Zweck evident. Ich sehe auch nicht warum das eine, das andere ausschließen sollte.

    14. @ Metepsilonema

      Wie ich schon zuvor sagte ist es für militärferne Kreise schwierig das innere Gefüge zu verstehen – in einer Situation in der es um Leben und Tod gehen kann ist eine Diskussion über Sinn & Unsinn von Befehlen ‘kontraproduktiv’ – dergleichen Diskussionen mögen im Zivilleben gang und gäbe sein, beim Militär sind sie ggf. tödlich ….

      “militärisch unsinnig” gibt es daher nicht – wenigstens nicht für Befehlsempfänger – solange der Befehl einen ‘dienstlichen’ Zweck hat!

      Es kann natürlich – objektiv – eine Fehlbeurteilung und /oder ~handlung des Befehlenden vorliegen: Das zu beurteilen ist aber nicht Sache der nachgeordneten Ebene sondern der vorgesetzten Ebene …. sollte also ein Befehlsgeber (gleich welchen Dienstranges) öfter ‘unsinnige’, d.h. militärisch nicht erfolgreiche Befehle geben, so wird das zur Ablösung aus dieser Funktion führen ….

      Herr Keuschnig schrieb weiter oben:
      ” .. Ich kann Ihnen versichern, dass die Maxime “Erst ausführen – dann beschweren” sehr wohl ausgegeben wurde. .. “
      – das kann so gewesen sein und spricht dann für schwache, schlechte und nicht ausreichend geführte Vorgesetzte die ihre Dienstpflichten, Verantwortung und Position gegenüber untergebenen Soldaten mindestens fehlinterpretiert, wahrscheinlich mißbräuchlich genutzt haben …. sollte er allerdings Anweisungen zum ‘Ausgeben’ von Bier befolgt haben, dann hätte er den Begriff “Befehl” mißinterpretiert …. es ist aber ein Beispiel dafür, wie aus Zivilistensicht das Militär gesehen (und verkannt!) wird.

    15. @wvs Wir haben bis zu einem gewissen Grad an einander vorbei “geschrieben”: Ich meinte schlicht die Tatsache, dass eine Beurteilung eines Befehls zu Tage fördern kann, dass er unsinnig war (weil etwa eine falsche Einschätzung der Situation zu Grunde lag), ganz gleich wer das tut (das was Sie als “objektiv” bezeichnen). Selbstverständlich ist es einleuchtend, dass – um der Funktionstüchtigkeit willen – eine derartige Beurteilung (definitionsgemäß) beim Befehlsempfänger nicht existieren darf/soll.

      Was natürlich nicht verhindert, dass das geschieht (Wenn ein Soldat desertiert, könnte er das mit der Unsinnigkeit von Befehlen begründen, auch wenn für ihn eine solche Beurteilung gar existiert. Er trifft sie sozusagen von einer anderen Warte aus.).

    16. Den Soldaten will ich sehen der nachdem ihn den Befehl gegeben wurde auf Zivilisten zu schiessen, Frauen zu vergewaltigen und Häuser zu plündern, sagt, aber Herr General das geht jetzt aber gegen meine Prinzipien.
      Oder der statt auf Garcia Lorca zu schiessen, die Waffe gegen den richtet der den Befehl gab.
      Was mit solchen Soldaten geschieht kann man gut an einem Beispiel sehen,
      im Jahre 1992 gab der damalige Befehlsinhaber in der Tito Kaserne Karadzic in Sarajevo den Befehl auf Demonstranten zu schiessen, die gegen jeden Nationalismus demonstrierten. Einige serbische Soldaten weigerten sich das zu tun.
      Sie wurden erschossen.

    17. @ DerKarlMarxEffekt
      Sie vergleichen Äpfel mit Birnen:
      Die Bundeswehr fußt auf dem Grundgesetz und den Soldatengesetzen – ein Vergleich zu marodierenden Horden ist daher höchst unangebracht.

    18. @ Metepsilonema
      Ja, so wird es schon deutlicher daß wir nicht weit voneinander entfernt sind …. allerdings ist ihre hypothetische Annahme:

      ” .. Wenn ein Soldat desertiert, könnte er das mit der Unsinnigkeit von Befehlen begründen, .. “

      irrelevant, da in einem militärischen System schon dergleichen Gedanke unmöglich ist: Gerade weil der ‘Dienst’ eine Gefahr für Leib & Leben darstellt wird auf ‘funktionieren’ trainiert wo im zivilen Leben Beurteilung gefragt wäre ….

      *edit*
      Zuviel ‘nachdenken’ anstatt ‘funktionieren’ kann den Unterschied zwischen ‘tot’ und ‘lebend’ bedeuten ….

      (Davon abgesetzt ist die “Beurteilung der Lage” als Analyse einer bestehenden militärischen Situation zu sehen – das ist eine nach festem Schema ablaufende Unterrichtung die nach oben und unten weitergegeben wird).

    19. In Afghanistan haben deutsche Soldaten mit Totenköpfen gespielt, wenn das unters Grundgesetz fällt und damals war es in Jugoslawien die jugoslawische Bundesarmee, es waren Soldaten die dort wie deutsche Soldaten in Kasernen einem Faschisten unterstanden, wenn dass in Deutschland passieren würde (ist es nicht schon einmal passiert) hätten Soldaten es genauso schwer auf ihr Gewissen zu hören.

    20. @ DerKarlMarxEffekt
      ” .. In Afghanistan haben deutsche Soldaten mit Totenköpfen gespielt, .. “ – und sie wurden, falls Sie das nur vergessen haben zu erwähnen, auch dafür bestraft!

      Eine ‘persönliche’ Entscheidung wie man sich verhalten will – ob innerhalb der Gesetze oder nicht – ist doch bestimmt nicht von einer Nationalität abhängig …. genausowenig ist das Fehlverhalten Einzelner ein Indiz für mangelhafte gesetzliche Regelung ….

      Es ist bedauerlich, wenn es / daß es solche Vorfälle gibt, aber:
      Wo Menschen sind menschelts!

    21. Sie sind bestraft worden. Was nutzt es mir denn dass sie bestraft wurden wenn an der Haltung nichts geändert wird, man betrachtet die Menschen dort und auch in Jugoslawien oder im Osten überhaupt nicht als Menschen denen man gleichgestellt in irgendeiner Weise helfen möchte.
      Militärisch ist die Haltung dort und deshalb kann man sich für eine “Bestrafung” der Soldaten überhaupt nichts kaufen. Warum sie bestrafen, die nichts anderes getan haben, als das was ihnen ständig vermittelt wird.
      Mir gefällt die Haltung der Soldaten in Kasernen jedenfalls die sich weigern zu schiessen und sehr wohl wissen was mit ihnen geschieht.

    22. @ DerKarlMarxEffekt
      Ich habe – geduldig – ihre Argumente gelesen und geantwortet was ich dazu zu sagen habe.

      Nun jedoch gleiten Sie ab – in einen Bereich des ‘Hörensagens’:
      WER betrachtet WELCHE Menschen im (ehemaligen) Jugoslawien als “nicht gleichgestellt”?
      WELCHE Haltung ist WO & bei WEM vorhanden?

      Ich bedaure, aber zu bloßen Meinungen, Vermutungen und Vorurteilen kann und will ich mich nicht weiter äußern. Sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich ihnen nicht dabei helfen möchte bloße Vermutungen wie Tatsachen zu diskutieren ….

      Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag.

    23. “Sie vergleichen Äpfel mit Birnen:
      Die Bundeswehr fußt auf dem Grundgesetz und den Soldatengesetzen – ein Vergleich zu marodierenden Horden ist daher höchst unangebracht. “

      Hier sind Sie mit ihren Argumenten und Ihren Antworten.
      Wo bitte ist diese Haltung nicht arrogant? Waren sie in Bosnien, Serbien, Kroatien in Zeiten des Krieges? Ware sie dort, haben sie etwas für die Menschen dort getan?
      Natürlich nicht, das müssen sie auch nicht, warum auch, dafür gibt es kein Argument.
      Aber trotzdem stimmt etwas an ihren Antworten und ihrer Haltung nicht.
      Ich finde auch nicht dass Sie geduldig sind. Ihre Antworten sind eher peinlich. ( was ist denn für eine Haltung, ich Obermensch höre einem Untermenschen zu, oh danke schön)
      Man könnte und man bricht sich glaub ich keinen ab, zu sagen, dass jene Haltung der serbischen Soldaten eine von den Haltungen ist die man sich in der Welt wünschen möchte, aber so etwas sagen Sie ja nicht, entweder weil ihnen dass zu naiv erscheint, oder weil sie zu feige sind, weil ich hier angeckt bin und weil es besser ist mir zu widersprechen, oder mich für dumm zu halten.

    24. @ DerKarlMarxEffekt

      Es ist mir zwar nicht klar an welcher Stelle ich Sie herabgewürdigt haben soll – aber ich versichere Ihnen, daß ich gegen Sie als Person und gegen ihre Vorstellungen nichts habe, Sie nicht herabwürdigen will und mich auch nicht als ein ‘besserer Mensch’ fühle.

      Allerdings bitte ich Sie auch sachlich zu bleiben und mich nicht mit Begriffen wie “feige” zu belegen ….

    25. @KME. Darum möchte auch ich Sie bitten. Sonst lösche ich.

      (Ich halte mich aus dieser Diskussion bewußt fast ganz heraus, um eben n i c h t die Emotionen wieder unreguliert schäumen zu lassen; für so etwas ist die Angelegenheit zu wichtig.)

    26. Das hier wird gerade ein Drehwurm oder?
      Herr Herbst hat das oben doch schon geschrieben,

      “Man kann nur noch den Kopf schütteln. Da schicken sie Soldaten in den Krieg und wundern sich, daß sie fallen. Das ist genau so absurd, wie wenn einer Soldat wird, um nicht zu töten.”

    27. Dersertion Der Gedanke der Desertion ist sehr wohl vorhanden, sonst würde er nicht dezidiert unter Strafe gestellt. Bezogen auf die Gemengelage im Kalten Krieg war für mich klar, dass, sollte die Abschreckung nicht funktionieren und ein Krieg ausbrechen dieser mit Nuklearwaffen auf deutschem Boden ausgetragen worden wäre. In diesem Fall wäre die Desertion die einzig vernünftige Verhaltensweise gewesen. Ich schätze, dass rd. 70% der Leute, mit denen ich damals zusammen war, das ähnlich gesehen haben.

      Der “Staatsbürger in Uniform” ist eine schönes Bild, was letztlich den einzelnen Soldaten den schwarzen Peter zuschiebt. In einem Kriegsgebiet wie Afghanistan dürfte dieser Anspruch schon aufgrund der Situation scheitern.

    28. @ G. Keuschnig

      Jeder von uns – Sie und ich und natürlich jeder andere Mensch um uns herum – hat eine eigene Sicht der Wirklichkeit, wir nehmen selektiv wahr. Insoweit werden sich auch unsere Einschätzungen von “Gut” und “Böse” unterscheiden …. Völlig unberührt davon ist aber die Frage der Rechtmäßigkeit einer Handlung, denn diese ist ein absoluter Wert, allenfalls mit einem Spielraum für juristische Begutachtung und Entscheidung: Das ist es doch, was den Rechtsstaat ausmacht, ein Recht für Alle, egal wie der Einzelne dazu steht ….

      Desertion ist eine strafbewehrte Handlung, im Verteidigungsfall noch schärfer geahndet als zu Friedenszeiten. Ich hätte im Verteidigungsfall nicht gezögert einen Deserteur – nach entsprechender/vorgeschriebener Verhandlung – erschießen zu lassen*. Dies schon alleine deswegen, weil ansonsten die Gefahr bestanden hätte, daß das schlechte Beispiel – undgeahndet! – andere Soldaten hätte verleiten können ….
      Wenn Sie und von Ihnen geschätzte 70% ihrer damaligen Mitstreiter desertiert hätten, dann hätte Ihnen und den anderen Kameraden das wenig genützt ….

      Als ehemaliger ABC-Abwehr-Offizier kann ich ihnen mit Sicherheit sagen: Wohin in Europa (Atomkrieg hier unterstellt) Sie auch gegangen wären, sie wären nicht ‘entkommen’ – bei der KT-Menge die zum Einsatz gekommen wäre hätten lediglich 35% der Europäischen Bevölkerung überlebt und auch die nur mit Langzeit-Strahlenschäden …. Sie schrieben ganz oben ja selbst:
      ” .. das “Fussvolk” (= die Soldaten) hätten nicht einmal mehr “fallen” können. Sie wären verstrahlt worden ..” ….

      Da Sie es mehrfach betont haben:
      “Staatsbürger in Uniform” scheint Ihnen Unbehagen zu bereiten, es ist beileibe kein “Schwarzer Peter”, sondern eine Grundformel für den Umgang miteinander in den Streitkräften – dies wurde ja deswegen eingeführt, weil man den “Kadavergehorsam” der Armee(-n) bis ’45 nicht wieder haben wollte ….
      Ja, es fordert Mut und Einstehen für eigene Überzeugung vom Einzelnen, es fordert möglicherweise auch einmal Unbequemlichkeit und Auseinandersetzung – und das wollen Sie nicht?


      * (edit) Nur um es deutlich zu sagen
      Ich bin – in Friedenszeiten – ein Feind der Todesstrafe. Im Krieg jedoch gelten andere Überlegungen …. da jeder Soldat mit dem Tode bedroht ist – und nicht einfach weglaufen kann – ist Desertion eine niederträchtige Verhaltensweise weil sie das Leben der anderen Soldaten – mehr als sowieso schon – zusätzlich gefährdet ….

    29. @wvs Ich glaube der Kern ist folgender: Die auf das militärische System reduzierte Betrachtung wird der Sache nicht gerecht, sie ist zwar folgerichtig innerhalb des Systems selbst, aber der Soldat steht auf seinem Posten mitunter als Vater, als Geliebter, als Freund, oder nur einfach als jemand der an seinem Leben hängt. Für sein Handeln zieht er automatisch nicht-militärische Kriterien hinzu, und er muss das auch, will er sich selbst treu bleiben. Sinn und Unsinnigkeit mögen auf militärischer Ebene (per definitionem) nicht existieren, sie ergeben sich aber ganz zwanglos aus dem Leben jenseits des Militärs. Einem Soldaten dieses “jenseitige Leben” abzusprechen aber hieße ihn in einer Weise zu beanspruchen, die man eigentlich totalitär nennen müsste* (Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich will Ihnen das keineswegs unterstellen.).

      *Natürlich weiß ein Soldat worauf er sich einlässt, wenn er sich z.B. freiwillig in ein Krisengebiet begibt, aber er wird einen Befehl durch den sein Leben leichtfertig auf’s Spiel gesetzt wird, trotzdem als unsinnig ansehen .

    30. @ Metepsilonema

      Spricht man über die Möglichkeit, daß Soldaten im Krieg ‘fallen’, so ist bereits der Fokus eingeengt …. denn wo sonst würde dies geschehen? Insoweit ist die Betrachtung immer reduziert – wie Sie zu formulieren belieben.

      In der Tat ist der Soldat im Einsatz ohne ‘privates (diesseitiges) Leben’, denn jede seiner Handlungen geschieht in den engen Bahnen des Gefechtsgeschehens und der Grenzen durch die Operationsbefehle.

      Das ist aber nichts Neues – man beobachtet es in jedem Krieg.
      Ich wäre auch garnicht von dem Begriff “totalitär” betroffen – da kann ich Sie beruhigen – weil es nicht meine persönliche Entscheidung ist, sondern, wie zuvor erläutert, eine zwangsläufige Folge des “Krieg führens” ….

      Hier schließt sich natürlich die Frage nach dem Sinn oder Unsinn von “Krieg” an – ich persönlich halte Kriege für überflüssig – aber ich muß zugleich erkennen, daß wir auf diesem Globus noch auf einer zu primitiven Organisationsstufe verharren, die bei manchen Konflikten offensichtlich nur Krieg als Lösung hat:
      Daraus – und aus meiner Sicht der Welt als Biologe – leite ich auch ab, daß wir (Menschen) uns gegenseitig ausrotten werden – bedauerlicherweise vor Erreichen eines zivilisierteren Umgangs miteinander ….

      Da bin ich immer froh, daß ich es wohl nicht mehr erleben werde ….

    31. “daß wir Menschen uns ausrotten werden”. Das glaube ich nicht. Es gibt eine statistische Hochrechnung, derzufolge, sollte eine Atombombe von 20- oder 30facher Zerstörungskraft derjenigen über Hiroshima auf Europa fallen, die europäische Menschheit allein durch Geburten nach 10 Jahren die Verluste wieder “ausgeglichen” haben wird. Das ist zynisch, ich weiß, und Zynismus liegt mir ganz und gar nicht, aber ich bin derart überzeugt von der Menschheit, von ihrem Kulturwillen, daß diese Hochrechnung auch etwas Zuversichtliches hat. Tatsächlich sind wir seit den ersten Anthropomorphen zunehmend verfeinert worden, haben wir uns verfeinert, was eben n i c h t heißt, daß es nicht doch immer wieder zu scharfen, entsetzlichen Kulturbrüchen kommt, zu denen sowohl Auschwitz als auch My Lai und das Völkerschlachten auf dem Balkan gehörten. Solches Grauen zu verhindern, sind wir dabei. Und es wird mehr und öfter gelingen. Das ist meine Überzeugung. Sofern wir weiterlernen, mit unseren (auch notwendigen) Gewaltanteilen zu leben. Man hat für so etwas Riten erfunden, zu deren bedeutendsten das Theater gehört (unter die ich Oper und Film und auch die Arbeiten Nitschs und Mühls zähle), ja dies ist der eigentliche S i n n von Kunst: ihre Humanität. Sie lehrt uns, mit der Tragik umzugehen, unserer eigenen, inneren. Sie – v e r w a n d e l t.

      [Poetologie.
      Perversionstheorie.]

    32. @ ANH

      “Selbstausrottung” – wenn irgendwann Atombomben fielen wären es Viele, nicht Einzelne wie Hiroshima & Nagasaki …. und das hieße: Verstrahlung rund um den Globus für viele Jahrzehnte. Sicher, es blieben in versteckten, geschützten Bereichen möglicherweise Reste der Menschheit erhalten, aber die Resourcen zu deren Erhalt?

      Nun ist das e i n Extrem dessen es nicht bedarf um die Menschheit auszurotten. Allein der Umgang mit der Umwelt hat schon – und wird vermehrt – zu einem Umkippen von Ökosystemen führen und alle Anstrengungen das zu revidieren werden nutzlos sein. Warum? Weil es eine dem System innewohnende Eigenschaft ist die mit dem Begriff >>> “point of no return” bezeichnet wird: Kippt ein See um so ist irreparabler Schaden angerichtet – er ist tot! So verhält es sich auch im Großen.

      Vor diesem Hintergrund wird dann die Frage der Begriffe für das Sterben von Soldaten unwichtig – und ich bezweifle, daß viele Politiker überhaupt in der Lage sind die Zusammenhänge zwischen ihrem Tun und den Folgen für das Ökosystem “Welt” überhaupt zu erkennen ….

    33. @wvs. Ich teile Ihren Pessimismus nicht, sonst hätte ich keine Kinder. Mir sind die Probleme sehr bewußt, ich glaube aber zugleich, daß der Mensch, so wie wir ihn gegenwärtig kennen, sich mit der Welt verändert; er ist eine relativ junge Species – aber was er allein an Veränderungen der Wahrnehmungsformen seit der Industrialisierung mitgemacht hat, ist staunenswert. Ich meine das durchaus anthropologisch. Es ist durchaus denkbar, daß das Lebewesen Mensch in zweidreihundert ganz verschieden von dem sein wird, was es heute ist; man vergißt immer, welch eine enorme Ressource sein Gehirn noch immer ist; es gibt starke Anzeichen dafür, daß allein die Motorik, um von Wahrnehmungsfähigkeiten zu schweigen, momentan in einem schwindelerregenden Umbruch befindlich ist – die Art verändert sich. Ich finde das nicht bedauerlich, sondern spannend, atemberaubend, vital. Wir leben bereits jetzt in einer Zeit fließender Menschenbilder denen eine objektive Veränderung nicht nur der Umwelt entspricht.
      (Daß ein Risiko besteht, das würde ich niemals bestreiten. Aber Risiken können auch bestanden werden. Daß das geschieht, daran glaube ich unbedingt.)

    34. @wvs Im Gefecht mag der Soldat tatsächlich ohne privates Leben sein, aber bereits in Gefechtspausen schreibt er sein Tagebuch, oder Briefe nach Hause (heute, falls möglich, in elektronischer Form). Aber nehmen wir einmal an es ist, wie Sie behaupten, dann bleibt noch immer Folgendes: Das andere, zuvor gelebte Leben, wollen die meisten, nachher wieder weiterführen, und da sie nur dieses eine haben, wird es zur fundamentalen Grundlage ihres Urteilns und Handelns. Und nicht nur ihr Leben, sondern auch das der ihnen Nahestehenden. So ergibt sich wieder Sinn und Unsinn, ob des Krieges, oder nur eines Befehls. Das mag militärisch keine Gültigkeit haben, aber glauben Sie tatsächlich, dass das für den einzelnen keine Rolle spielt? Dass es nicht trotzdem existiert? Wie erklären Sie sich die Handlungsweise eines Deserteurs, wenn wir unterstellen, dass er nicht vollkommen irrational handelt? Er wird nicht deshalb davonlaufen, weil ihm das militärische System als ungenügend erscheint, seine Opposition ist doch keine gegen systemimmanente Fehler.

    35. @ Metepsilonema

      Der Deserteur meint durch seine Handlung vor dem Tode sicher zu sein – doch gerade dadurch führt er ihn herbei ….
      Wie unnütz, wo doch ohne Desertion eine gute Chance besteht zu überleben!

      Sicher ist der Soldat zugleich ‘Mensch’ – schaltet er das jedoch im Gefecht nicht aus wird es ihn ggf. ablenken und kann ihn so das Leben kosten …. was ist also besser? ‘Funktionieren’ oder ‘Mensch bleiben’?

    36. @wvs Es mag sein, dass der Deserteur irrt. Aber das stand nicht zur Debatte, sondern was Grundlage seines Urteils ist bzw. sein kann.

      ***

      Mir scheint es nicht mehr sehr fruchtbar diesen Aspekt weiter zu vertiefen, ich glaube es ist klar welchen Standpunkt jeder von uns beiden vertritt. Das Thema hat genügend andere Seiten, die der Diskussion wert sind.

    37. Der Deserteur meint durch seine Handlung vor dem Tode sicher zu sein – doch gerade dadurch führt er ihn herbei ….
      Wie unnütz, wo doch ohne Desertion eine gute Chance besteht zu überleben!

      Das ist e i n e Möglichkeit der Interpretation.

      Ich glaube allerdings, dass der Deserteur, im Bewusstsein, dem Tode durch die “eigenen Leute” gewiss zu sein, eben genau nicht vor diesem fliehen will. Der Deserteur hat meist ethische und moralische Gründe, die ihm t r o t z der zu erwartenden Strafen zu diesem Schritt treibt. In diesem Sinne ist der Deserteur ein Held. Der einzige, den es für mich gibt.

    38. @Gregor Vielmehr noch ist derjenige ein Held, der sich noch vor begonnener Kampfhandlung verweigert. Wenn das Morden erst begonnen hat, dann ist es sehr schwer das Motivbündel aufzudröseln. Zumindest für mich selbst kann ich mir kaum vorstellen, dass nur ethische Motive ausschlaggebend wären.

    39. @Keuschnig. “Der Deserteur hat meist ethische und moralische Gründe” – sind Sie sich dessen sicher? Mit will etwas anderes das am häufigsten Ausschlagebende zu sein, das Menschlichste und auch Verständlichste von allem: Angst. Berechtigte Angst. Auch Entsetzen, Grauen, kurz: Not.
      Ich bin eher vorsichtig dabei, den Deserteur nun wieder ethisch zu idealisieren, zu ideologisieren. Soweit ich Geschichten von Deserteuren kenne, waren es immer persönliche Motive, die ihn zu seiner Flucht bewegten. Das wäre dann ja auch eben der Skandal aus der Sicht des Militärs: Soldaten sind darauf gedrillt, vor allem im Kriegseinsatz n i c h t mehr denkende und fühlende Menschen, sondern Kampfmaschinen zu sein. Das meint jetzt Kriege, in denen der Gegener gar nicht mehr gesehen, in denen drauflosgeschossen wird und werden muß, vor allem die Kriege nach Verdun (dem lebenslangen Trauma Ernst Jüngers), aus denen es objektiv ein Entkommen gar nicht mehr g i b t.
      Politisch motivierte Deserteure werden sich in aller Regel in Kriege gar nicht hineinbegeben, sondern bereits vor dem Einsatz desertieren. Oder, was Sie meinen, sie kommen zur Einsicht mitten im Krieg, aus vor Augen geführter Erfahrung. Ich frage mich da dann “nur”, wieso sie die Erfahrung erst machen müssen, wenn doch spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg völlig klar ist, was ein Krieg i s t.

  5. Was wird am Hindukusch verteidigt? (Agitprop, vielleicht) Was wird am Hindukusch verteidigt?
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.(1)
    Und die Kinder liefen los.
    Wenn es keinen Knall gab
    galt das Feld als minenfrei.
    Was wird am Hindukusch verteidigt?

    Was wird am Hindukusch verteidigt?
    Wir brauchen eine vernetzte Sicherheitspolitik.(2)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Aufrechterhaltung des freien Welthandels. (3)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Was wird am Hindukusch verteidigt?

    Was wird am Hindukusch verteidigt?
    Deutschland – freie Transportwege.(3)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Ungehinderter Zugang zu zu Rohstoffen (4)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Was wird am Hindukusch verteidigt?

    Wenn es keinen Knall gab.
    Wenn es keinen Knall gab.
    Wenn es keinen Knall gab.

    Was wird am Hindukusch verteidigt?
    Zeitgemäße Sicherheitspolitik. (2)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Begegnen den Menschen mit Respekt und Verständnis.(5)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Was wird am Hindukusch verteidigt?

    Was wird am Hindukusch verteidigt?
    Wir verteidigen unsere Art zu leben. (6)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Das ist unser gutes Recht. (6)
    Dann griffen die Soldaten in eine Kiste Äpfel.
    Was wird am Hindukusch verteidigt?

    Wenn es keinen Knall gab.
    Wenn es keinen Knall gab.
    Wenn es keinen Knall gab.

    (1) Aus: Endstation Kabul (Achim Wohlgethan)
    (2) Aus: Soldaten im Zeitalter der Globalisierung (Schneiderhan)
    (3) Aus: Weißbuch 2006 des BMdV
    (4) Aus: Verteidigungspolitische Richtlinien 1992
    (5) Generalinspekteur Schneiderhan
    (6) Gerhard Schröder – ehem. Bundeskanzler, 16. Okt. 2001

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