Arbeitsjournal. Montag, der 28. Dezember 2009.

15.05 Uhr:
[Arbeitswohnung. Mahler, Des Knaben Wunderhorn (Thomas Hampson/Geoffrey Parsons). Nachmittagsespresso.]Zwillingskindleinsgeburtstag; drei Jahre alt sind die Kleinen nun. Morgens „Bescherung”, nur Du, mein Sohn, warst nicht da, warst bei Deiner Freundin und warst noch um 12 Uhr nicht da. Ist ein wenig aber auch m e i n Fehler: ich hätte Dich gestern abend nicht weggehen lassen, sondern darauf achten sollen, daß die Familie an solchen wichtigen Tagen auf jeden Fall beisammen ist. Gut. Passiert. Nachmittags wollen wir mit den Kleinen – ihr allererster Kinobesuch – in die Verfilmung von „Wo die wilden Kerle wohnen”. Abends dann der wahrscheinlich 2009letztBesuch der >>>>Bar mit dem Profi.
Vorabends, gestern, waren Bernd Leukert und C. hier, die für zweidrei Tage Berlinbesuche machen; wir sprachen lange, über Kunst, Komponisten, Schriftsteller. C. war zum ersten Mal in der Arbeitswohnung, die sie „Arbeitsklause” nannte. Als wäre es mönchisch. Nichts wäre verkehrter. Aber ich brauche, sagte ich, in der Tat keinen Luxus: Ich habe eine der besten Musikanlagen der Welt, ich habe eine riesige Musiksammlung, ich habe meine Bücher, meinen Schreibtisch, das Cello und einen Sohn. Ich habe eine Familie. Die Frauen mögen mich immer noch, sehr noch; es gibt die Löwin, mit der ich gestern wieder einmal etwas Skypezeit verbringen konnte. Und wem es zu kalt ist, wenn sie mich besucht, der schalte ich auch gerne den Heizlüfter ein; mir selbst reichen 14 bis 16 Grad in der Wohnung völlig aus; wozu gibt es Pullover? außerdem hält Kühle den Kopf klar. Was ich nicht verstehe, was mir eine leise Form von Verachtung ins Herz pflanzt, erzählte ich den beiden, ist, daß so sehr viele Komponisten, aber auch Schriftsteller, die ich kenne, nur dann arbeiten, wenn sie einen Auftrag haben, wenn sie einen Verlagsvertrag haben usw. Mir scheint das eine völlig verfehlte Arbeitsauffassung zu sein, nein, es i s t eine verfehlte Arbeitsauffassung, restlos entfremdet: Ich arbeite, wenn es mich drängt, mich drängt, nicht, wenn mich jemand anderes drängt. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen, etwa >>>> die Hörstücke, die auch ich bislang immer nur dann angegangen bin, wenn ein Auftrag vorlag; das lag und liegt aber vor allem daran, daß ich kein eigenes Sprecherstudio und nicht das Geld habe, um eines zu mieten; ohne Auftrag wäre solch ein Stück nicht zu realisieren. Aber auch da habe ich schon anders gearbeitet; >>>> mein Borges-Stück liegt deshalb immer noch auf Halde, ABER: ist d a. Im übrigen arbeite ich, wie mir die Lust und die Einfallslage steht. Und irgendwann, immer, werden Bücher daraus, wobei es mir wiederm (fast) gleichgültig ist, ob ich daran etwas verdiene. Mich interessiert es, mein Werk zu sichern, das etwaige Einkommen ist, aus der Werkperspektive, eine pure Begleiterscheinung: schön, w e n n sie erscheint, s e h r schön, aber keine hinreichende, geschweige notwendige Bedingung.

Nachmittags, n o c h vor diesem Freundesbesuch, war dann >>>> Terpsichore hier. Lange habe ich sie nicht mehr gesehen. Körperlich erinner(t)e ich mich ihrer besonders schönen Brüste, auf die sie mit großem Recht auch stolz ist; dennoch schritt erst einmal eine quasi-Fremde in die Arbeitswohnung. Wir tranken Latte macchiato, sie futterte Kekse, wir hörten Musik; v i e l Musik. Ich las ihr noch etwas vor. Dann, kurz nach ihr, brach ich zur Familie auf. Besorgte die Zwillingskindlein, लक ging noch mal etwas für den Kindleinsgeburtstag besorgen, gegen 21 Uhr zog ich dann wieder zum Freundestreffen ab.

Und eben habe ich meine Steuererklärung samt aller Belege zum Finanzamt geradelt. Da kann ich jetzt, wie, stellte die Löwin vorhin am Telefon fest, bei so vielem, einen Erledigungshaken machen; nur noch das Danz-Hörstück ist zu revidieren, was ich morgen tun will; dann ist tatsächlich vieles vieles fertiggeworden, eigentlich gar nichts Angegangenes mehr offen. >>>> Abendschein schickte sogar noch einen Coverentwurf für die Buchausgabe der >>>> Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens; z w e i Bücher werden es also in jedem Fall im nächsten Jahr: die Erzählungen und die Kleine Theorie. Dann eventuell noch die >>>> Bamberger Elegien u n d die Essays. Mehr sollt es dann auch wirklich nicht sein 2010, sonst macht sich das alles selbst Konkurrenz. Anderswelt III will ich, dann aber wirklich, 2011 sehen.

Mehr hab ich Dir, heute, erstmal nicht zu sagen, liebes Arbeitsjournal.

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