Furcht. Zur Pathologie mit bitterstem Pop: eine Spuren- und Stapfensuche. Arbeitsjournal. Donnerstag, der 27. Mai 2010. Und Sehnsucht, plötzlich, nach den Tropen. Sowie zur Macht.

7.14 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Immerhin, Viertel nach sechs auf (um eins ins Bett). Noch einmal über die Rezension gegangen, zweidrei Sächelchen umformuliert und soeben an >>>> Volltext hinausgeschickt. Die Frage, ob ich bitte die Musik auf dem 20. Geburtstag der >>>> Bar am Lützowplatz moderieren würde, hat sich für mich zu einem schweren Problem ausgewachsen, ich bin wie entscheidungslos, zumal es deshalb eine Art bittren Streit mit dem Profi gab. Das drückt meine ganze Stimmung, ich hab das Gefühl eines schweren schweren dunklen Gewichts, das man auf mich gewuchtet hat. „Das ist doch alles Quatsch!” ruft der Profi. „Du machst eine Ideologie aus etwas, bei dem du doch nur die Musiker ansagen sollst auf einer Party, mehr ist das doch gar nicht, du mußt diese Musik doch überhaupt nicht mögen, darum geht es doch gar nicht. Einfach nur ein paar nette Sachen sagen, die Leute vorstellen, das hat doch nichts mit Korruption zu tun!” Doch. Hat es. Für mich. Ich sage etwas an, das ich ablehne, das ich tief ablehne, ja als feindlich erlebe, als geradezu phylogenetisch feindlich. Gegen was ich mich, seit ich Kind war, gewehrt habe. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn jemand E-Gitarre spielt, das kann jeder halten, wie er will. Ich kann auch – theoretisch – zugestehen, daß es E-Gitarristen gibt, die gute Musik machen, wenngleich sie meistens aber nur unerträglichen Krach machen; aber mir bereitet der spezielle Klang von E-Gitarren physischen Schmerz, mir wird übel davon, und ich werde bei dem elektronischen Jaulen schwer depressiv. Weshalb soll ich mich dem aussetzen? Ich ertrage durchlaufende Beats nicht, vor allem dann nicht, wenn sie den Schlag in Permanenz und über alle ohrenerträglichen Phons wiederholen, so daß es ist, als würde einem dauerhaft auf den Brustkorb geschlagen: da will ich mich wehren, da muß ich zurückschlagen, das ist für mich Krieg, nicht Musik. Aber Klänge sind nicht zu treffen: wer in sie zurückschlägt, schlägt ins Leere. Das ist verzweifelt. Wenn man mich foltern will, muß man mich nur in einen Club sperren, mehr bedarf es nicht, um mich fertigzumachen. Dabei bin ich sonst gar nicht lärmempfindlich, ich kann in Fabrikhallen arbeiten, ich kann mich bei Straßenlärm konzentrieren, Kinder können jeden Krawall machen, den sie wollen: da denke ich immer nur, sie haben doch recht, solln sie… und arbeite ungestört, ja unstörbar weiter – nur bei Musik ist das anders. Was da in mir physiopsychisch – psychosomatisch – passiert, kann ich deshalb gar nicht recht greifen: das gleiche Extrem von Lust und Glück, das mir viele E-Musik verschafft, auch das gleiche Extrem von Rausch und Befreiung, dreht sich bei U-Musik, jedenfalls der meisten, ins pure Elend. Ich habe da das Gefühl, in den Stechschritt gezwungen oder, beim Kitsch, in ein Weinen geschwemmt zu werden, dessen Anlaß völlig leer ist, als würden meine Trauerreflexe synthetisch gereizt, ohne daß jemand gestorben ist: es ist ein leeres Weinen, von dem nur noch die Hülle existiert, wie eine von Schlupfwespenlarven ausgefressene Raupe. Diese Musiken fressen mich von innen. Weshalb ich mich nicht wehren kann. Womit ich absolut nicht umgehen kann.

Nächster Versuch, meine Pathologie zu verstehen:
Es kann aber nicht, etwa beim Techno und anderen elektronischen Klängen alleine an den „Sounds” liegen, denn tatsächlich ertrage ich elektronische Neue Musik sehr gut, ja kann begeistert von ihr sein: bei Berio etwa, bei Stockhausen, Nono. Ich kann sogar, wenn sie in andere Instrumente und ausgefeilte Kompositionen eingebettet ist, die E-Gitarre ertragen, sie sogar kurzfristig mögen. Es hat vielmehr etwas mit den durchgehaltenen und lauten Rhythmen zu tun; das ist, was ich mit Stechschritt meine, als Stechschritt empfinde (weshalb ich, übrigens, auch viele „minimal music” geradezu körperlich ablehne, auch dann, wenn sie zur E-Musik gezählt wird). Ebenso komme ich mit Elementen des harten Rocks sehr gut klar, wenn sie Teil quasi-klassischer Kompositionen sind, am besten, wenn darin a u c h natürliche Instrumente erklingen; auf deren Inseln kann ich dann immer durchatmen und von diesen Inseln aus das übrige Meer sehen und sogar, als Komposition, bewundern. Dabei kann mein Grundproblem wiederum auch nicht allein von dem veranstalteten Lärm bewirkt sein: es gibt Stellen jetzt >>>> in Gurre, die sind ja ebenfalls schreiend laut. Es ist vielmehr das durchgehaltene Lärmen, das ich nicht ertrage, es ist, etwas bei Brötzmann, der ein ausgezeichneter Musiker ist, das Spiel mit dem Rückhall, das solchen Lärmens gerade bedarf. Es sind die schreiend aufgedrehten Obertöne, die elektronisch mitkreißen, was mir die Schmerzen macht. Dann sind es auch, optisch, die Gesten der Popmusiker und ihr derber, aufs reine Stoßen reduzierter und in der Sprachhaltung, etwa Lindenbergs, ordinärpubertärer Sexualismus. So, wie mich auch der ordinäre Geruch um Tom Waits’ wochenlang getragene, gelb verfleckte Unterhemden abstößt, diese Mischung aus Bieratem und Larmoyanz, dieses gestoßene, aber selbstbefeierte Proletentum – das eben nicht Proletariat meint, sondern die Affirmation des proletarischen Zustands. Die es „geil” findet, sabbernd zu fressen, anstatt sich eines Messers und der Gabel zu bedienen. Dieses Rülpsen als Musik, ebenso wie das Gelackte Hohle der Schlagerstars. Ich mag auch die Lightshows nicht, ich denke da immer an Hitlers Lichtdom, an die Verführung mehr und minder tumber Massen, in denen jedes, für sich, durchaus differenzierte Einzelne zu einem allgemeinen Brei zermatscht wird und sich zermatschen läßt. Als riefen alledie: Schlagt mich blutig! Schneidet mir mein Besonderes weg! Vernichtet mich! Ich will in die Große Bewegung, will endlich bewußtseinslos Strom sein, ein breiig schwerer Fluß sein! Nehmt mir mein Einzelnes! Ich mag am Pop das Transvestitische nicht, ich mag die geschminkten Männer nicht mit ihrem Glitter und den bemalten Fingernägeln, diese Karikaturen auf Frau, die Spastik ihres Showdances, das Brüllen ins Mikrofon, weil sie nicht wirklich Stimme haben, die Verzerrungen durch völlig überlastete Lautsprecher – schon das alles ist mir, tatsächlich, im Wortsinn: widerlich. Wie dann aber, wenn das noch aufgedreht ist, indem es gar niemanden mehr gibt, der Musik macht? Wenn diese Musik von DJs erzeugt wird allein durch verschiedene Platten, deren gefrorene Klänge n u r noch elektronisch entbunden und dann nicht mal mehr irgendwie komponiert, sondern schlichtweg nach Gusto, nämlich größtmöglicher Massenwirkung, ineinander verschnitten und verscratcht sind? Dabei habe ich nichts gegens „Samplen”; es ist mir vorstellbar – ja in meinen eigenen „Sound-Designs” zu meinen Hörstücken tu ich nichts anderes -, daß aus dem „reinen” Montieren bereits vorgefertigten Materials neue Kunst entsteht, wahre Kunst entsteht… – aber eben Kunst und nicht das, was der Vortrommler auf den Galeeren tat; dabei ist es für mich geradezu ein Horror mitzuerleben, daß die Leute Galeerensträfling sein w o l l e n: das, was mir selbst unerträglich ist, nämlich fremdbestimmt zu werden und mich in irgend einer Menge aufzulösen, scheint von ihnen begehrt zu sein; sie scheinen genau dort eine Art Zugehörigkeit zu fühlen, wo ich nur Fremdheit, ja feindlichste Umgebung spüre. Sie scheinen offenbar ein Vertrauen zu haben, oder es vorzugeben, das mir selbst restlos abgeht. Schon wenn vorn auf der Bühne jemand das Publikum auffordert mitzuklatschen, also diesen allgemeinen Zustand herzustellen, revoltiere ich: das ist ein Reflex, den ich immer gehabt habe, auch schon als Kind. Selbst an Lagerfeuern, auf Klassenfahrten, ist das schon so gewesen; kam diese Allgemeinseligkeit auf, wurde sie hergestellt, dann absentierte ich mich. Schon mit vier oder fünf Jahren. Ich erinnere mich an den Kindergarten, aus dem ich deshalb auch ständig ausrückte, einfach, um für mich zu sein mit meinen Gedanken am Braunschweiger Wehr, wo ich die Füße hinabbaumeln ließ und in das aufgeschäumte Wasser starrte, d a begeistert, d a glücklich, bis man mich fand und wieder wegholte. Ich nehme Reißaus, wo Gruppen sind, oder werde, ist der Fluchtweg verbaut, aggressiv.

Ich will mir klarwerden, was das in mir ist. Was mich da treibt. Was mich da eigentlich bedroht. Mein Verstand sagt mir: es wirken Projektionen. Aber von was? Von welcher Erfahrung leiten sie sich ab? In jedem Fall hat der Kern meiner Abwehr des Pops (dessen, was im weiten Sinn dazu zählt: ich nehme hiervon „klassische” Musiken durchaus nicht aus) etwas mit Masse und Menge zu tun (wenn im Konzertsaal Hunderte von Leuten gleichzeitig aufstehen, um „standing ovations” darzubringen, bleibe ich sitzen, auch dann, wenn ich ganz allein es bin, der noch sitzt: der Massendruck, daß man gefälligst mitaufstehn soll, spürt sich dann enorm; es ist wie ein moralisches Urteil, das über dich gesprochen und zugleich exekutiert wird: das Gefühl, anders zu sein, ist alles andere als angenehm; man fühlt sich wie bespuckt, und ausgespien zugleich).

9.01 Uhr:
Furcht. Zum Begriff:Der Boden wankt, sie wissen nicht warum und von was. Dieser ihr Zustand ist Angst, wird er bestimmter, ist er Furcht.
Bloch, Prinzip Hoffnung, Vorwort.

10.50 Uhr:
Eine Leserin, die aus Der Dschungel nicht auftauchen möchte, schreibt:Als Künstler müssen wir unsere Energie so verwenden, dass es sich für uns auf persönlicher und kreativer Ebene lohnt. Wir müssen sie klug in Leute und Projekte investieren, die uns unsere Investitionen mit erkennbarer Zufriedenheit, mit Weiterentwicklung und Leistung vergelten. Der Zorn über eine Person, die uns drangsaliert, oder Sachlage, die uns zu schaffen macht, ist ein wundervolles Zeichen. … Wenn unser Zorn so immens groß ist, sind wir es auch. (…) Was bekommen Sie dafür, wenn Sie die Moderation machen? Und was geben Sie in dieser Zeit von sich ab? Wenn Sie die Moderation machen, einfach, weil Sie NEIN sagen – was können Sie statt dessen machen? Dinge, die Sie kreativ nähren statt lähmen. Dinge, mit denen Sie an Ihrem Erfolg weiterarbeiten. Statt anderen zu erlauben, Sie leiden zu lassen.Und ich habe geantwortet:250 Euro soll es dafür geben – Geld, das ich an sich dringend brauche. Aber genau da fängt die Korruption an. Da jetzt aber der Profi involviert ist, dem es offenbar Pein bereitet, wenn ich die Sache absage, werde ich sie vielleicht als Freundschaftsdienst durchziehen können – also mir sagen: ich tue es f ü r i hn. Dann ginge es.*
Ich würde in der Zeit sonst nichts anderes tun als mich auszuruhen oder einen Film zu gucken, ein Buch zu lesen, Musik zu hören, etwas trinken – Abende sind nicht meine Arbeitszeit. Ich arbeite am besten in den Tropen, das ist mir am allernächsten: mit Sonnenaufgang von sechs Uhr bis Sonnenuntergang um 18 Uhr: das entspricht exakt meinen Rhythmus. Hitze stört mich ja nicht, eher im Gegenteil, ich komme da erst richtig in Form: je feuchter es dabei ist, um so angenehmer für mich.

[*) Der Ehrlichkeit halber: Diese Idee stammt
von der klugen شجرة حبة, nicht von mir.]

Mein Bub kommt gleich herüber, um Mathe zu lernen. Vokabeln sind abzuhören, Latein, Englisch. Morgen beginnt die Schule wieder.
Parallel: endlich die Steuererklärung. Ich habe tatsächlich die Quittungskiste schon rausgezogen.

14.09 Uhr:
>>>> Das war jetzt wichtig. Aber ich kann da nicht weitermachen, ebenso wenig wie mit den Spurensuchen zur Musik; habe die Steuererklärung angefangen, also ordne erst mal Belege, und will mit dem Kram endlich fertigwerden.
Mein Junge war hier, wir haben eine Mathe-Arbeit geschrieben; der Groschen scheint jetzt gefallen zu sein.
Mittagsschlaf.
Wenn ich wieder aufstehe, muß ich dem Konzerthaus einen kleinen Text für die Presseerklärung >>>> zu Gurre schreiben. Das ist allerdings wichtig. In der nächsten Woche, spätestens, aber nach der Steuererklärung, nehme ich den Gurre-Strang wieder auf.

15.40 Uhr:
Was mich bei alledem immer wieder selbst erstaunt, ist, daß es bei mir naher Musik überhaupt keine Rolle spielt, ob sie „harmonisch”, „freitonal” oder „dissonant” ist; die von einigen Physiologen vorgebrachte Meinung, dissonante, serielle usw. Musik sei „nicht natürlich” und entspreche nicht dem menschlichen Wahrnehmungsapparat, auch des von mir hoch geschätzten Allan Petterssons Vorwurf, sie sei unmenschlich, kann ich aus körperlicher Erfahrung nicht teilen; es ist sogar so, daß mir eben der Pop, der ja fast durchweg tonal ist, die Schmerzen bereitet, oder die Übelkeit – gestern wieder, bei meiner Fßpflegerin, wo so ein Zeug dauernd im Hintergrund läuft. Wirklich körperlich unerträglich ist mir auch Musik, wie man sie auf Esoterik-CDs bekommt; ich umdüstere mich, werde mißgelaunt, entweder angeekelt oder aggressiv; ganz genau so ging es mir bei Michael Jackson und anderen, auch Madonna, auch Grace Jones (für die ich sogar ein erotisches Interesse mitbrachte – deshalb probierte ich das aus). Wiederum bei einigem – manchem – aus der strengen Zwölftonmusik hebe ich ab, werde glücklich; anderes, z.B. Schönbergs Klavierkonzert, kommt mir bereits nahe am Kitsch gebaut vor, während ich mit Puccini überhaupt kein Problem habe, aber eben auch mit „Moses und Aaron” nicht, nicht mit der „Lulu”, nicht mit Penereckis „Die Teufel von Loudon”. Es muß da etwas ganz anderes sein, das mein innerer Seismograph registriert. So, wie ich auch Leonard Cohan mag, vor allem Konstantin Wecker, überhaupt Chansons, egal welchen Harmonien sie folgen; ebenso eigentlich irre ist es, daß ich einigen Schwarzen Blues mag, kaum aber Weißen, und halt immer dann nicht, wenn die drunterliegende Elektronik sich vordrängt. Über elektronische Neue Musik schrieb ich schon, Berio: „Ommagio à Joyce” etwa, aber auch Stockhausens Jünglinge im Feuerofen. Da kommt dann aber, bei der Elekronik, schon wieder „die Sache” mit den durchlaufenden Drums, einem leitenden Beat, der bei mir sofort den Stechschrittreflex auslöst und zur sofortigen Desertation führt. Was übrigens alles mit tanzen zu tun hat: Grundform ist wahrscheinlich das „einschlagende” Hauen einfacher Trommeln zu Stammesfesten: sowie d a s da ist, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Nicht das ritualisierte Tanzen, also das an Formen gebundene, macht mir Probleme (Standard, Latein), da kann ich gut dabeistehen und genießen, wie die Tänzer sich bewegen, Meisterschaft bewundern usw., die Musik ist da völlig zurückgedrängt (wird mir aber lästig bis zum Unbehagen, sowie ich sie „allein” höre, also ohne die Auflösung durch Tanz; im übrigen war ich ja selber mal Tänzer mit Abzeichen); wird Tanzmusik zu Kunstmusik verabeitet, genieße ich sie dann wieder, etwa den Tango Piazzollas, der in seinen Meisterwerken für nichtProfis zutanzbar gar nicht mehr ist… Meine, ich kann es nur wiederholen:, physische Abneigung gegen Pop ging so weit, daß es zur Abneigung gegen die englische Sprache wurde, schlichtweg, weil das Englische, bzw. US-Amerikanische diesen Pop ständig nach außen vertrat; ich erlebe das bis heute als Intrusion, und es braucht meine bewußte Kraft, mir die eigentliche Größe der englischen Sprache dagegenzuhalten: Kipling, Pynchon, Nabokov, Faulkner, Stevenson, Woolf… überdies haßte ich es und empfand es als permanente Demütigung, daß die Menschen meiner Generation, lieber, als ich jung war, I love you als Ich liebe dich sagten. Ich habe nichts gegen Fremdwörter, weißGöttin nicht, aber der Pop hat eine Übermacht des Englischen in die Leute geschwemmt, sie von innen her, deshalb Intrusion, umgeprägt, unterhöhlt sagt man dazu, daß ich von früh auf wie ein von fremder Gewalt Unterworfener gegen sie rebellierte. Daß ich bis heute nicht perfekt englisch spreche, liegt genau daran; ich kann mich sehr gut verständigen, konnte sogar, während meiner Börsenzeit, in dieser Sprache arbeiten (gut funktionieren), aber es ist immer diese innere Abwehr dabei. Für Französisch und Spanisch, auch fürs, obwohl ich das nicht mehr schaffen werde, Arabische habe ich immer das Bedürfnis gehabt, die Autoren in ihren eigenen Sprachen zu lesen, beim Englischen kaum (aber es gibt englische Komponisten, die ich sehr schätze, Birtwistle etwa, auch die ich liebe: wie Britten).
Nein, es geht nicht um Tonalität oder nicht, es geht tatsächlich um Masse, Menge, angewandte Psychologie der Führung durch das Unbewußte; es geht um das quasi-militärische Ausrichten (das industrielle Ausrichten ist strukturell dasselbe) von Individuen auf Menge, im weitesten Sinn um die Anrufung von „Volk” – „Volkes Stimme” ist mir entsetzlich: es sei denn, es sind Unterdrückte, die sich wehren. Das ist aber ein transitorischer, sehr brüchiger Zustand. In dem Moment, in dem Volkesstimme die Macht hat, begebe ich mich in die Opposition, wie ich überhaupt die Tendenz habe, gegen alles, was Macht hat, zu revoltieren. Das ist nicht bewußt, sondern wirklich ein Reflex. Als gäbe es keine Macht, die gut ist, sondern Macht, für mein Gefühl, ist i m m e r schlecht… ja, ich wollte eben schreiben – „böse”. Und sollte den Impuls nicht unterdrücken, sondern es tun: Macht ist immer böse. In der Kulturindustrie hat unterdessen der Pop die Macht, das geht schon in den Kindergärten los (Volkslieder, die in ihrer Einfachheit ebenso wunderschön wie schlicht sind, werden den Kindern verpopt vorgestellt… ich habe das bei meinem Sohn erlebt und laut dagegen protestiert, und ich habe deswegen so viel Wert darauf gelegt, daß die Zwillingskindlein, als es ihn gab, in Barenboims Musikkindergarten kamen).

Muß mit der Steuer weitermachen. Aber mein Kopf r a s t. Und das Herz. Meine Güte! All das wegen dieser einfachen Frage, ob ich vielleicht eine Party moderieren würde…

17.10 Uhr:
>>>> Leichen. Die Assoziationshärte zeigt, wie dicht das an mich rangeht, wie tief in mich reingeht, wie zum Platzen es aufgeladen ist. Bei Twitter folgendes:die wilde panik, die sie beschreiben, die kenne ich auch, eben dann, wenn ich gezwungen bin jemand zu berühren, den ich nicht kenne, oder mich jemand berührt, den ich nicht kenne – dann könnte ich sofort zuschlagen. sogar wenn´s ganz unabsichtlich geschieht.Darauf ich:Das wiederum habe ich nicht. Berührungen, auch Fremder, sind mir angenehm. Ich erlebe sie als einzeln, deshalb geht das. Auch in Gruppen, übrigens. Spannend, daß ich, wenn ich als Jugendlicher in Diskos tanzte, das eben nur dann konnte, wenn ich berührt wurde.
Mensch, die Steuer!

[Mahler, Das Klagende Lied (Nagano).]

Ach, d a s hätte ich gerne heute als Musik des Tages empfohlen, genau diese Aufnahme unter Nagano. Aber es gibt sie nicht mehr, sah ich gerade (Urbanova, Rappé, Blochwitz, Hagegard, Hallé Orchestra). Außerdem: die Zeit.. die Zeit… Steuer… Und alles, immer, löst sich durch körperliche Berührung.

18.40 Uhr:
[Am Terrarrium.]
Kartoffeln fürs Abendessen aufgesetzt, die Familie ist auf dem Rückweg vom Kindergarten. Tanzbarkeit. Darüber denke ich gerade nach. Sie scheint tatsächlich etwas mit meiner Abwehr zu tun… – Moment, Anruf… ich muß schnell eben weg –

20.47 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Will mit den Steuerbelegen weitermachen. Tanzbarkeit. Gerade ihretwegen hege ich diesen Verdacht, dieses Mißtrauen: Wo Musik auf Tanzbarkeit hin geschrieben wird, aber sie wird nicht getanzt, sondern ohne Tanz gehört, da genau liegt mein Widerwille. Als reinen Schrittgeber kann ich das akzeptieren, ohne weiteres: das schließt aber diesen Irrsinnslärm aus, bei dem kein Wort mehr möglich ist und alle, wenn sie sich etwas sagen wollen, schreien müssen. Wieder anders: Wenn eine Musik geschrieben ist, damit man sie vor allem hört, und Entwicklungen, Geschichten, Sagen, Märchen, Dramen, Verhängnisse und Glück werden in ihr erzählt, dann, selbstverständlich, soll eine Musik auch laut sein; aller Begeisterung und aller Interesse – beides zugleich -, aller Kunstverstand nämlich auch, richtet sich auf sie und denkt mit ihr und fühlt mit ihr. Ja. Aber ein Fühlen jenseits der nicht einmal überredenden, sondern in die Knie der Physiologie zwingenden Machtausübung meine ich hier, vor allem jenseits der billigsten, die den kleinsten gemeinsamen Nenner aller hämisch ins Feld führt, und alle, weil sie das w o l l e n, tun so, als wäre Einigkeit da und zelebrieren sie als großes Solidaritätsfest, als gäbe man ein Festmahl mit Hamburgers und Pommes frittes, tut aber so, als wäre das haute cuisine. Und wenn einer aufsteht und auf die neuen Kleider des Kaisers zeigt und sagt: Der geht doch n a c k t, fällt die Meute a l s Meute über ihn her. Und hinter den Kulissen sitzen die suggestiven Schieber und reiben sich die Hände, mit denen sie ihre Einnahmen zählen. So läßt sich selbst mit Anti-Kriegs-Musik noch mancher Krieg finanzieren.

52 thoughts on “Furcht. Zur Pathologie mit bitterstem Pop: eine Spuren- und Stapfensuche. Arbeitsjournal. Donnerstag, der 27. Mai 2010. Und Sehnsucht, plötzlich, nach den Tropen. Sowie zur Macht.

  1. Pop etc. Das glaube ich Ihnen sofort, in jeder Hinsicht, Sie haben es absolut überzeugend erklärt. Ich kenne diese Ablehnung durch und durch, in meinem Fall dem Medium Fernsehen gegenüber, auch wenn andere tausendmal erklären, es sei (es gäbe!) da doch dies und jenes an der Sache, dass so schlecht gar nicht sei. Das hilft nicht, ich räume es dann sogar ein, vielleicht ist dies und das so schlecht nun auch wieder nicht, aber es ändert nicht meine Haltung, und es ändert nicht, dass ich es einfach nicht ertrage. Wenn es mit jener Musik bei Ihnen sich eben so verhält, würde ich an Ihrer Stelle ebenfalls nicht ansagen mögen, auch wenn daraus dann Konflikte entstehen.

    Außerdem wollte ich Ihnen noch sagen, dass Sie neulich etwas gepostet haben, worauf ich gern antworten würde, nur momentan… also ich würde es gern in einem ruhigen Moment tun, der auch bei mir selten ist. Jedenfalls, ich habe es gelesen.
    Grüße
    Lupus

    1. @Lupus. Es beschäftigt mich immer weiter.
      Das Eigenartige… nein: Auffällige ist, daß ich nur bei Musik so reagiere. Ich hätte (und habe nie gehabt) überhaupt kein Problem damit, einen Abend mit halb- und viertelsbegabten, ja mit schlechten Literaten zu moderieren; da fände ich ganz leichtfüßig und ohne jemanden zu diskriminieren Formulierungen, seien es Bonmots, seien es Begrüßungen, die solche Abende, abgesehen von den vorgetragenen Texten selbst, den Hörern angenehm machen. Auch Ausstellungen mit schlechter, also keiner, Kunst könnte ich eröffnen und hätte den freundlichen Ton, sagte zwischen den Zeilen, was ich dächte, aber verletzte nicht, führte niemanden vor, sondern wäre einfach menschlich-, na ja:,”weise”. Will sagen: ich bräche keinen Zacken aus der Krone meiner Ästhetik, täte ich das; es wäre rein offenbar, daß ich selbst, eigentlich, für etwas ganz anderes stehe. Allein bei der Musik ist mir das nicht möglich, bei Musik, wirklich nur bei ihr, gelingt mir keine Distanz; es ist, als wäre ich direkt, organisch, mit ihr verbunden: wenn sie leidet, leide ich mit. Während es mir imgrunde ganz schnuppe ist, ob schlechte Bücher geschrieben und gelesen werden, ich leg sowas einfach beiseite, und manche schlechten (schlecht geschriebenen) Bücher machen mir sogar Spaß, da find ich immer irgend einen Aspekt, für den sie sich schließlich d o c h lohnen. Mich ärgert manchmal, wer alles für welches Zeug so Preise bekommt, aber eigentlich ärgere ich mich mehr darüber, wer sie ungerechterweise nicht bekommt, und dann beziehe ich Position, wie jahrelang bei Gerd-Peter Eigner, wie jahrelang bei Paulus Böhmer, wie bei Marianne Fritz, bei Rohner-Radegast, Heinrich Schirmbeck, Dorothea Dieckmann usw. Aber das ist mittelbar, ist vermittelt, also zu großen Teilen kognitiv. Nicht so in der Musik. Ein von jemandem anderes geschriebenes schlechtes Buch kann mich nicht verletzen; aber jede schlechte Musik trifft mich unmittelbar. Höchst eigenartig. Aus diesem Grund geht es mir mit dem Fernsehen anders als Ihnen: vielleicht, weil es nicht wirklich etwas mit mir zu tun hat – so sehr genau ich Ihre Haltung auch… – eben: verstehe.

      (Aber ich muß jetzt endlich an diese dumme Steuererklärung. Sicher, dennoch, werde ich zu dem Thema in diesem Arbeitsjournal noch weiterschreiben.)

    2. Musik geht unmittelbar den Körper an, um nicht zu sagen: direkt in den Körper. (Finde ich.) Schlechte Musik beleidigt, möglicherweise beschädigt sie auch die Zellen. So kommt es mir vor, bei der Musik, die ich nicht gut ertrage, übrigens vieles davon ist Pop, einiges aber auch Klassik/Romantik. Alte und Neue Musik hingegen-

      Fernsehen: Ich bin weitgehend ohne Fernsehen aufgewachsen und hatte schon zu viel eigenes ästhetisches Empfinden entwickelt, als ich zum ersten Mal damit konfrontiert wurde. Ich verstehe die Ästhetik des Fernsehens wahrscheinlich einfach nicht, und was ich davon verstehe, lehne ich ab. Damit meine ich aber nicht, dass andere, denen es nicht so geht, deshalb ohne Empfindung wären. Idiosynkrasien sind Personen nun mal eigentümlich.

    3. @lupus musik ist ja vor sprache: das neugeborene empfindet sprache als musik, daraus lernt es sprechen, welches eigentlich laute sind. das universum ist erfüllt von musik, tönen, darum trifft es uns menschen wohl auch bis ins mark. interessant, dass sie, lupus, alte und neue musik mögen … ich denke, dass beide im universum quantenphysikalisch miteinander zusammenhängen, wie hörte ich kürzlich von einem physiker: es gibt keine materie, es gibt nur beziehung, was ich, auch psychisch-physiologisch betrachtet, enorm finde. musik durchdringt einfach und viele künstler sagen ja: sie malen, was sie sehen. sie komponieren, was sie hören. wie zum beispiel kaija saariaho, die als kind musik hörte, wenn sie den kopf aufs kissen legte und dann dachte, das wäre bei allen menschen so. ist es vielleicht auch, aber viele hören es nicht. weil aber nichts verloren geht: vielleicht hören andere dafür um so mehr. entschuldigen sie meinen ungebetenen sermon.

    4. irgendwie wirken ihre gedanken zum pop auf mich arg überzeichnend.
      ich würde zwar das konzept der bar als elitär-kommerziell bezeichnen, also als etwas rudimentär massenwirksames und dementsprechend die betreiber oder die gäste als upperclass-angepasst aber frage mich dabei, wer in dieser gesellschaft eigentlich nicht angepasst wäre ?
      e-musik ist in der regel doch an starre hierarchien gebunden – das fängt mit dem komponisten an, setzt sich über den dirigenten fort und endet beim beamten sozusagen, dem orchestermusiker, der schön brav das zu musizieren hat, was die partituren und derer interpretationen von ihm verlangen.
      e-musik ist also auf der oganisationseben in der regel ein abziehbild der gesellschaftlichen realität, welche ja eine vermasste realität ist.
      hier erhebt sich für mich eigentlich die frage, ob eine gesellschaft ohne vermassung überhaupt vorstellbar ist und wie so etwas mit z.b. 1. und 2. geigen musikalisch letztlich denkbar wäre.
      obwohl ich mir konkret keine gesellschaft ohne hierarchie vorstellen kann und ich mir allenfalls eine gesellschaft ohne hierarchien für meine besten träume im kleinen & persönlichen rahmen reserviert halten muss, komme ich zu dem schluss, dass ein unisonospielendes subkollektiv ( die ersten geigen des orchesters z.b. ) allenfalls noch für klangeffekte hinsichtlich musikalischer schilderungen von natur ( wogendes gras z.b.) fern von gesellschaftlicher organisation taugte.
      ich weiss nicht, in welcher oper eigentlich man die gesellschaft so weit ausblenden kann, dass die protagonisten derer tatsächlich ausschliesslich in der natur agierten ohne gesellschaftlich vermasstes beiwerk ala krieg oder ritualisierte festliche ereignisse.

    5. @lobster. Ich habe nichts überzeichnet, sondern so getreu wie möglich, darzustellen versucht, was und wie es in mir ist und wirkt. Nicht mehr und nicht weniger.

      Zu dem Rest Ihres Kommentars mag ich gar nichts sagen; dafür mögen sich andere finden.

    6. schade insofern, insofern ich hier erst einmal grundzüge für mich anskizzierte und nicht gleich mehrere seiten dazu texten wollte.

      sehen, sie was sie persönlich mit musik konnotieren, das ist ja letztlich unangreifbar und es wäre auch äusserst platt, da missionieren zu wollen.
      ich tanze zum beispiel gerne aka taichi und dazu verwende ich gerne gutkonzipierte soul – oder funky-musik bishin zu disco/dancefloor.
      andere bevorzugen gesellschaftstänze aka walzer, foxtrott oder tango usw. was mir persönlich zu steif ist, da ich in feste bewegungskonzepte – starre bewegungssubkontexte für mich – dabei gepresst wäre und ich somit vieles an bewegungsmöglichkeit meines körpers desavouierte.

      @ vorsicht :

      scöner satz : “es gibt keine materie, es gibt nur beziehungen”

    7. Explodierende Kommetarzeile Warum hageln die Kommentare? Es wird doch nicht nur eine persönliche Geschmacksäußerung: Ich mag das, finld aber dies Scheiße. So viele provoziert haben zu sagen: Aber warum denn jenes, und was ist den überhaupt dies oder das? Ich persönlich mag ja aber diesdas.

      Auch mich hat dieser Eintrag provoziert. Die Identifikation: Auf einem Popkonzert kürzlich konnte ich bei der Lichtshow, den Videoleinwänden auch nichts anderes mehr denken als: wie gut würden Riefenstahlvideos da kommen, ich will Hakenkreuze. Auch ich kann das Getöse nicht ertragen, das durch verstopfte Ohren nur ungennügend sich dämpfen lässt. – Bisher habe ich nur zwei dieser Großveranstaltungen gesehen und diese schon erschienen mir austauschbar. Dünnster Inhalt mit “Liebe” und/oder “Freiheit”. Für die Massen bleibt nur billiges Surrogat, Lüge. Aber man muss sie mit großen Effekten bei der Stange halten, damit sie sich doch noch einbilden könnten bei etwas Außerordentlichem, Großem dabeigewesen zu sein. Oft applaudiere ich nur gegen meinen Widerwillen. Dieser ist bei Kulturveranstaltungen (E?!) meist noch größer, weil mich das Publikum foltert, das entweder aus Ritual klatscht (dann ist es ebenso schlimm wie dieses monoton-seelenlos gesprochene Vaterunser in der Kirche) oder noch schlimmer, es beklatscht sich selbst, weil es ja an einer so tollen, hochkulturellen Veranstaltung teilgenommen hat und es wertzuschätzen weiß mit ebenjenem Klatschen.

      Überhaupt. Die Unterscheidunge zwischen E und U (die in Deutschland aufzuheben ja gefordert wird, da so viel toller die Begeisterung für Filmmusikstreicher in den Staaten usw.)… ist sie nicht unnötig, unmöglich? Ein jeder höre doch was er will… Auch wenn ich dann die Küche verlassen muss, wenn so ein handelsüblicher Radiosender zwischen die unerträgliche “Musik”, diese abwürgend noch geistlosere Moderationen setzt oder unerträglichste Werbejingles plaziert.
      – Trennung –

      Was Sie jedoch vom Tanz schrieben, die eingeübten Formen, gilt es nicht auch für die Musik? Und müssen Sie dann nicht sogar akzeptieren, wenn nicht alle mit Ihrer Form der Musik etwas anfangen können und lieber zur Einheitskonserve greifen. ‘S liegt ja auch vielleicht im Auge des Betrachters was “Einheitskonserve” und was nicht. Die Camina Burana mag ich auch nicht, dieses monotone unisono.. das ist schon etwas wie “Einheit”, aber vielleicht kann ja jemand anderes, anderes darin sehen.

      (So. Homogenic is’ durch.)

  2. Partyblogs. Herr Herbst, ich habe die Frauen gefunden! Durch Zufall, durch vor lauter Männerwohnheimen gelangweiltes Zappen. Es öffnete sich ein sogenanntes “Modeblog”. Auf den ersten Blick nicht weiter bemerkenswert, bis ich auf die Abonnenten schaute: Weit über tausend JUNGE LeserINNEN. Und wenn ich es genau bedenke, ist der “Lifestyle”, der dort gepflegt wird, ja genau das, was ein Schriftsteller macht, wenn er seine Romanfiguren designt: “Ich bin ein Gothic, Gothics hören keine Schlager!” denkt das Mädel und wechselt flugs den Sender. Bühnen- und Kostümbildnerinnen gehören zum Kern der Theater- und Filmproduktion, jede Party ist eine Aufführung unter Beteiligung des Publikums. Die Gastgeberin als Regisseurin, leidenschaftlich bemüht um den “gelungenen” Abend. Kritiken am nächsten Morgen in der Peergroup: “Geile Fete!” Wenn das keine Kunst ist, was dann?

    1. @chSchlesinger. Ich “designe” Romanfiguren nicht, ich entwerfe sie nicht einmal. Sondern sie sind immer da: fast plötzlich und, wo sie “gelingen”, nahezu ohne Vorgeschichte immer ganz rund, ganz Person. Dann schreibe ich ihnen die Biografien hinzu. Als Brem Die Dschungel betrat, braucht es zweidrei Kommentare nicht mehr, und ich wußte: er ist eine Person in der Anderswelt. Er selbst spürte das auch. Ungewöhnlich in dem Fall war, daß mich eine meiner Romanfiguren mit ihrem eigenen Material belieferte: man kann in Der Dschungel nachlesen, wie sie sich selbst erfand. Mir selbst kam nur noch die Funktion eines Organisators zu.

  3. E- und U??? Was unterscheidet denn nun – für Sie, Herr Herbst – eigentlich E- von U-Musik? Ich verstehe die Kriterien, die Sie anlegen, offenbar nicht. Es ist – das haben Sie schon einmal geschrieben – nicht schlicht, dass eine Musik beliebt ist, sondern eher w i e sie beliebt ist oder – vielleicht noch eher – w i e sie beliebt (gemacht) wurde. So zumindest scheint es mir aus Ihrer Beschreibung der Aversion hervorzugehen. Worum geht es nun bei diesem „Wie“ – dass Sie dahinter eine Art von „Nötigung zum Gemeinschaftserlebnis“ spüren???

    Viele Menschen, die „Pop“-Musik (oder bestimmte Formen davon) hören „ihre Musik“ am liebsten alleine zu Hause, in Konzerte gehen sie um des Erlebnisses willen, dabei zu sein, wenn die Musiker gemeinsam einen einmaligen, bloß in dieser Gegenwart, an diesem Ort möglichen „Sound“ herstellen, um Zeugen zu sein des Gelingens einer „Gemeinschaftsproduktion“ im Augenblick (was die Arbeit eines Orchesters oder einer Band immer ist und was einen Teil des Zaubers ausmacht: dass individuelle Künstler zusammen etwas schaffen, was größer ist, als das, was jeder alleine schaffen könnte). Wenn so ein Abend dann wirklich „gelingt“, dann kann es geschehen, dass etwas von diesem Zauber sich aufs Publikum überträgt und es wird ein „Gemeinschaftserlebnis“. Wo steckt da der Zwang? Man muss doch nicht fühlen, was die anderen fühlen – aber manchmal geschieht es. Und das kann sehr schön sein. Warum erleben Sie die Begeisterung der anderen als Zwang und Ihre Nicht-Teilhabe als Ausgrenzung? Ich mag vieles (eigentlich das meiste) nicht, was „Mainstream“ ist. Doch fühle ich mich nicht genötigt. Ich klatsche nicht, wenn es mir nicht gefallen hat (oder stehe auf). Ich bleibe aber auch nicht sitzen, bloß weil alle anderen aufstehen. D a s erscheint mir auch zwanghaft.

    Wieder anders ist es mit dem Tanzen zu Musik. Gerade im freien Tanzen ist ja jeder ganz für sich. Da besteht (oder kann) das Erlebnis darin bestehen, dass sich der Körper mit der Musik vereint, sich loslöst vom bewussten Kontrollieren und diesem Flow überlässt. Das kann auch sehr schön sein. Und jeder hat es ganz für sich, völlig zwanglos. — Das ist dann auch etwas ganz anderes als diese Clubs, die der Repräsentation einer bestimmten „Szene“ dienen. Die sind zwanghaft – und die Besucher meist sehr „angestrengt“ in ihrer Selbst-Performance. Es gibt aber auch eine ganz andere Atmosphäre in manchen „Tanzlokalen“, die Raum lässt, ja geradezu eröffnet für den Einzelnen, der keinem „Style“-Programm folgt.

    Und trotzdem: Sie sollten keine Musik ansagen, die Sie verabscheuen. Das wäre grotesk. Tatsächlich könnte es allenfalls als Freundschaftsdienst akzeptabel sein.
    ——-
    @Vorsicht: Das ist ein sehr hellsichtiger Beitrag. Ich werde nun meinen Kopf aufs Kissen legen und h ö r e n.

    1. @MelusineB. Ich versuche gerade, >>>> es immer weiter zu fassen (15.40 Uhr), w a s eigentlich es ist, auch etwas zum Tanzen steht darin. Wenn Sie schreiben, “sich dem Flow” zu überlassen, liegt da aber eben, für mich, das Problem. Um so etwas zu tun, müßte ich Vertrauen in eine Musik haben. Die habe ich bei Clubmusik nun überhaupt nicht, und bei Michael Jackson etwa, ich nenne ihn ebenfalls, habe ich sogar das Gegenteil: tiefstes Mißtrauen, und auch das ist körplich bei mir. Meine Reaktionen solcher Musik gegenüber, die auf Dancefloors gespielt wird, ist mir anzusehen: ich reagiere, wie man auf harte Gruselfilme reagiert, erhöhter Herzschlag, das Haar stellt sich auf, mir geht es kalt den Nacken runter, ich bekomme vor allem Atemnot. Will sagen: ich habe dort das Gefühl, ausgeliefert zu sein und, ja, geschlachtet zu werden, wenn ich nicht aufpasse und nicht ständig die Hand am Messer habe, also am scharfen Gedanken. Das ist, ich weiß, irrational, aber keine bewußte Haltung kommt dagegen an, es ist, wahrscheinlich, wie wenn Menschen panische Platzangst haben. Mir macht vieles in dieser Musik panische Angst, also, im Verständnis Blochs, Furcht. Ich empfinde es wirklich als so radikal: sehe Leichen, und zwar um so mehr, je geschlossener der “Flow” ist.Vielleicht empfinden Sie es, nein: tatsächlich empfinden Sie es wohl anders, wenn Sie auf einem gedrängten Dancefloor in Ihrer Wahrnehmung: für sich tanzen, aber sowie man von außen daraufschaut, sieht man eine amorphe Masse. Jeder Spielfilm, der solche Orte aufnimmt, führt Ihnen das vor.
      Aber der entscheidende Punkt ist ganz sicher das Vertrauen, das mir gegenüber Menschenmengen prinzipiell fehlt: sie sind für mich, für meine Wahrnehmung, immer feindlich. Es hat lange gebraucht, bis ich mich solchen Mengen nähern konnte. Heute kann ich das ganz gut, aber ich gehöre nie dazu, sondern stehe immer mit höchstem Vorbehalt dabei: egal, ob es sich um einen Kanerval der Kulturen, um die Love Parade (der ich g e r n e zusah, ich hätte aber nie ihr Teil werden können), ob um die Massen in einem Fußballstadion, ob um eine Silvesterfeier handelt.
      Interessant übrigens die Frage, also für mich, ab wann ich das Gefühl von “Menge” habe. Selbst das ist nicht fest; bereits sechs oder sieben Leute können es bewirken.

      “D a s erscheint mir auch zwanghaft”: Ganz sicher ist es das, schon weil es eben R e f l e x ist. Ich verhalte mich wie ein bedrohtes Tier. Siehe Horrorfilm. Unterdrücke ich den Reflex, was ich probiert habe, und es geht auch, bezahle ich das mit Depressionen.

    2. sie wollen sich fügen – also zum beispiel dem tango – und suchen irgendwie ihre freiheit.
      nun so ein simples paradox hat vermutlich jeder.
      also ich fühle mich schon ausgeliefert, muss ich in einer philharmonie zwischen leute geklemmt solange warten, bis die impfung ( des orchestralen werks ) komplett vorüber ist – zuhause kann ich agitatorische passagen im bereich e-musik – so vorhanden – ausblenden.
      ( klar man kann ja auch sich in einem konzerthaus bei z.b. heroisierenden – massen& kleingeistbewegenden passagen in einem e-stück sich die ohren zu halten, und die vibrationen des körpers verdrängen versuchen )
      in einer disco geht man einfach raus legt jemand vielleicht heroes von bowie auf, z.b.
      was man bei klassikaufführungen in der regel nicht kann, wäre – würde vielleicht gerade eine solche peinlich hero-stelle kommen – einfach z.b. zur bar zu dislozieren und ein wenig flirten mit jemandem dem es womöglich genauso geht.

    3. @lobster. Nein, ich will mich nicht fügen. Im Standardtanz geht es darum, Formen zu b e h e r r s c h e n und des weiteren: mit ihnen zu spielen. Das ist wie die Befähigung über ein Musikinstrument oder über die Regeln der Sprache. Ihr Problem mit Massenbewegungen klassischer Musik habe ich nur dann, wenn es durchschaubar wird und nicht anders dramaturgisch rückgebunden ist als über den offensichtlichen Versuch, auf Masse zu wirken. In der Oper gehören Massenwirkungen (nicht aufs Publikum, eben!) zur E r z ä h l u n g. Nehmen Sie etwa Verdis Boccanegra, der von Volksbewegungen erzählt… vieles andere mehr. Das ist nicht das Problem. Es würde eines, wäre ich Teil der bewegten Masse. Deshalb ist z.B. Pomp and Circumstances für mich nicht auszuhalten, das Cellokonzert aber sehr wohl; der berühmte Walkürenritt ist mir nicht unangenehm in dem S t ü c k, wohl aber herausgelöst und getrennt aufgeführt. Was bisweilen getan wird; jedesmal dann habe ich den Impuls, das Konzerthaus fluchtartig zu verlassen. Die Gurrelieder und das Klagende Lied liebe ich, Carmina Burana hingegen finde ich widerlich (obwohl ich die Sinnesfreude mancher der lateinischen Texte mag).

    4. Immer noch: was ist E-/U-??? …und ich insistiere (weil ich es wirklich nicht verstehe): Was unterscheidet E- von U-Musik? Schauen Sie: mit dem Begriff “Pop”, der für Sie so viel umfasst, kann ich – so wie Sie ihn verwenden – nichts anfangen. Michael Jackson, Madonna, aber auch Pomp und Circumstances………das kann ich auch nicht hören! Das tut mir auch weh.

      Ich höre, was Teil der sogenannten “Pop-Musik” ist, aber keinesfalls, was in den “Charts” ist. Das meiste davon empfinde ich als extreme Zumutung, vielleicht noch viel mehr als Sie, weil ich hier mehr differenziere.

      Aber – nur ein Beispiel – ein so großartiger, in sich perfekter Song wie “Good vibrations”, der eben gar nicht so schlicht “gut gelaunt” ist, wie er zunächst daher zu kommen scheint, – der ist für mich zeitlos gültig, also E (oder was? Welche Unterscheidung greift hier?)?

    5. naja – also auch ein beherrschen eines instruments ist eine art fügen – man fügt sich einer reproduzierbarkeit von etwas was meist andere leute als leistung bezeichnen.
      idealiter fährt man auf das instrument ab und die beschäftigung oder beschäftigtheit mit dem instrument, gar fern von kulturell-tradiierten musikalischen codes.
      selbst das wäre noch ein fügen einem wohl persönlichen inneren interesses an klang und material.
      es gibt halt solche und solche bewegungstypen – die einen neigen zum zappeln die anderen zum versteifen – also ideologisch wollte ich das nicht anbetrachtet haben, obwohl ich selbst massive vorurteile gegenüber dem walzer oder dem tango habe –
      mittlerweile allerdings nicht mehr pflege.
      im paartanz hat sich das doch ritualisiert, dass dabei sich leute körperlich näher kommen dürfen in aller öffentlichkeit und ein wenig näher schnuppern können ob die feromone z.b. passen.
      ist aber ein ganz anderes thema – bis auf das , dass man sich halt einer art rhythmik fügt – auch im freien tanz, welcher allerdings zur selbstdarstellung tendiert und damit zur absage an kollektivität.
      klingt soweit nach einem anderen paradox, aber ihnen gefällt doch eigentlich so mancher sound nicht und vor allem ein streng durchgezogener 2/4 beat – also die aversion gegenüber marschmusik teile ich völlig.
      die burana ist doch echt nur noch was für kinder rhythmisch betrachtet.
      naja.

    6. Good vibrations. Ich habe eben den Mahler unterbrochen und über Youtube gesucht. Und >>>> gehört.
      Also wenn Sie “Good vibrations” von den Beach Boays meinten – unterträglich. Die Stimme des Sängers ist schön, auch die Melodik, aber alles andere müßte weg, vor allem das Schlagzeug, weg weg weg! Nur die Stimme und ihre Melodie, das alleine, dann ja. Das andere ist übel aufgemotztes Zeug.
      Verzeihung, aber ich hatte eben schon wieder dieses “Ding mit den Nackenhaaren”. Ich werde wirklich sofort aggressiv, wenn ich sowas höre. Aber vielleicht meinten Sie ja ein anderes Stück.

      (Nein, es ist n i c h t so, daß ich mir Musiken nicht anhöre, die man mir empfiehlt. Ich höre nahezu alles an, was man mir empfiehlt.)

      Und weiter: was Pop sei. Wir hatten diese Diskussion >>>> schon einmal, nein mehrfach. Zuerst einmal ist es alles, was Massenmusik ist. Daß aus diese Massenmusik (“populären” Musik) sich einiges gewinnen läßt und gewonnen h a t, das in die Kunstmusik übernommen wurde und dort große Qualität hat, würde ich niemals bestreiten. Sogar dieses Good-vibration-Ding scheint mir für so etwas geeignet zu sein.

    7. ja, macht ist böse las letztens wieder über elias canettis “masse und macht”, seltsam, dass das thema hier nun so m a s s i v auftaucht, oder vielleicht auch nicht seltsam. macht ist böse, ja. dem stimme ich zu. weil macht ein oben und unten kennt, kein eigenes miteinander. sondern macht f o r d e r t ein miteinander von anderen, um sich selbst zu erhalten. aus angst. woher kommt die angst: von ganz früh, von ganz vorher, von ohnmacht. primo levi schrieb: “jenseits jeglicher fähigkeiten und jeglichen verdienstes wird die macht dem verliehen, der bereit ist, der übergeordneten autorität achtung zu erweisen”.

      las letztens in einem lied:
      wir schleppen schatten durch die nacht, was uns unendlich traurig macht.

    8. imgrunde ist doch jede harmonische musik massenmusik oder nicht ?
      ernsthafte frage.
      selten dass leute in der lage sind disharmonien als vielleicht musikalischen ausdruck von wahrnehmung von sinnlichkeit wie hautstruktur fern einer “optik auf die gesamte physiognomie” eines individuums zu goutieren.
      weil disharmonische musik vielleicht auf “einzelphänomene” zielen darf ?
      oder will ein composer von disharmonischer musik sprachmodulationen exakt musikalisch nachbilden – und wird dabei zum verräter einer vielleicht massenweise desiderierten eskapistischen funktion der musik hin zur entgrenzung von einsam-individuellem dasein ?
      was hätte so etwas noch mit divergierenden musikalischen codes weltweit zu tun ?
      hm.
      sorry – das poste ich noch dazu – also das geht für mich in richtung eschatologischer fragerei – aber die masse ?
      komischer begriff eigentlich masse – naja – die masse hm.

    9. @vorsicht zu primo levi. “jenseits jeglicher fähigkeiten und jeglichen verdienstes wird die macht dem verliehen, der bereit ist, der übergeordneten autorität achtung zu erweisen”:

      Das ist genau der Punkt, dieses Verhältnis n i c h t von Herr und Knecht, sondern die Bereitschaft von Herr zu höherem Herr, die Bereitschaft, sich zu beugen; bei manchen ist das nicht nur Bereitschaft, sondern Bedürfnis; erfüllt, ziehen sie daraus das Bedürfnis ab, andere zu beugen. Hegels Herr & Knecht ist viel zu simpel gedacht (was daran liegen mag, daß er selbst eine Herren-Philosophie vertrat; für Schopenhauer ein Gegenstand ständigen Ekels).

      Dieser Schattensatz, in welchem Lied finde ich ihn?

      Und nein, es ist nicht seltsam, daß dieses Thema hier so massiv auftaucht. Es ist ein ständiges Thema Der Dschungel, weil Abwehr von Macht m e i n ständiges Thema ist. Ich will keine Macht. Und ich will nicht, daß jemand über mich Macht ausübt. Etwas anderes, wirklich anderes, ist Autorität. Die habe ich, wann immer sie mir begegnete und nicht nur qua Machtausübung verliehen war, geachtet. Und achte sie noch. Autorität zeichnet aus, daß sie ohne Macht w i r k t.

      (Für Kinder liegen die Dinge anders, selbstverständlich. Aber dieses Selbstverständliche ist ein Problem. Kinder brauchen Kanten, die sie überklettern können. Sind keine Kanten da, waten sie bis zu den Knöcheln im Weichkäse.)

    10. Clubmusik Man m.E. immer unterscheiden zwischen persönlichen Anspruch, zugeschriebenen Anspruch und individuellen Anspruch. Nicht, dass sie das nicht täten – es ist ja gerade Persönliches, das sie uns hier mitteilen – aber das Betonen hilft meinen Punkt zu unterstreichen:

      Ich bin nämlich der Meinung, dass bei Clubmusik seit langer Zeit sowohl in der Zuschreibung, als auch bei den Produzierenden der Anspruch (oder eben der Anspruch auf Anspruch) verlorengegangen ist. Es scheint sogar fast, als hätte man aktiv angefangen auf den Anspruch zu verzichten um sich etwas zu widmen, was wohl nicht vielmehr ist als, nunja, Handwerk.

      Das soll nun gar nicht abwertend gemeint sein. Jedes Handwerk braucht schliesslich für sein Feld spezifisches Wissen, braucht durchaus Können. Nur K u n s t ist es eben nicht mehr. Soll es auch gar nicht sein. Weil es nichtmehr primär darum geht Musik zu hören. Die Musik soll vielmehr ihren Zweck erfüllen, soll das Medium liefern für Clubatmosphäre und Tanz.

      Entsprechend werden Songs nichtmehr geschrieben, sie werden Maßgeschneidert. Auf das Feld zugeschnitten wird geliefert, was das Publikum möchte, wobei sich bei verschiedentlichen Materialien, bei “Oldies”, “Breaks” und “Beats” bedient wird, die dann in gut handwerklicher Manier zusammengebaut werden.

      Nur ein Eindruck.

    11. oh ja – die bereitschaft von herr zu herr – ganz klar aber wer beugt sich ?
      der höhere – also ausschliesslich der kompetentere – kann sich doch nur herabbeugen
      der untere kann sich ja nicht hochbeugen – naja es sei denn der höhere sässe rittlings z.b. auf dem unteren oder auf einem höheren plateau ( z.b. harter stuhl ) vor dem unteren.
      der untere kann sich strecken bis er hüpfen muss und beim hochspringen landet.
      ( oder aber es geht um besteigungen, da muss der untere anfangen zu klettern )

    12. @ANH der schattensatz steht in einem religiösen lied; da steht, wie ich gerade bemerke, statt “traurig” eigentlich “zaghaft”, aber es meint wohl das selbe. weil es religiös ist, habe ich scheu, es hier einzustellen. hilfe von oben, aus dem universum anzunehmen, sozusagen univeselle hilfe, ist ja nicht so angesagt heute. obwohl sie manchmal “göttin sei dank” schreiben; stimmt, gott ist ein derdiedas. aber eben keine macht im menschlich-knechtischen sinne, sondern ein “mit”. autorität im sinne von autor-schaft, wenn ich das mal so sagen darf, und ein “mit” kommt ohne macht aus. in diesem sinne wage ich, eine strophe hier einzustellen, für den sonntag oculi:

      Und ist die Welt auch hell und weit,
      um uns ist so viel Dunkelheit.
      Wir schleppen Schatten durch die Nacht,
      was uns unendlich zaghaft macht.
      Wenn wir auf deinen Wegen gehn,
      hilf, uns in deinem Licht zu sehn.

    13. @ANH er beugt sich, in dem er nach unten tritt.
      ganz genau.
      ist es nicht seltsam, dass das so viele nicht verstehen?
      heute nachmittag sagte mir jemand im intensiven gespräch über heilung durch biografiearbeit beziehungsweise über heilung durch überhaupt erstmal nachdenken über biografie: “ach, wissen sie, wenn man das tut und wenn das dann heilend wirkt, wird man für andere leute unheimlich. die wollen das gar nicht hören und auch nicht wissen. und warum nicht? weil die leute nicht über sich selbst d e n k e n wollen. treten ist einfacher.” ich füge hinzu … und immer in der mühle bleiben. wer was anderes probiert, hat es schwer. so allein, da draußen.

    14. wg. “Good vibrations” Pet Sound Die Version, die Sie sich angehört haben, ist eine Live-Performance. Die Perfektion dieses Songs steckt aber in der Besessenheit, mit der Brian Wilson an den Takes gearbeitet hat, bis er diese Version hatte, in der die Stimmen sich vollkommen ergänzen (Pet Sounds – a cappella – kein Schlagzeug!!!). Zur Entstehung: http://de.wikipedia.org/wiki/Good_Vibrations
      Die Version finde ich im Netz nicht. Es ist aber bestimmt nicht einem Massengeschmack geschuldet, was Wilson hier versucht hat. Er wollte eine perfekte Harmonie (das wurde – obwohl der Song ein Erfolg war – so teuer, dass kaum mehr Gewinn drin war). (By the way: Ich finde Streben nach Harmonie schön – und ich strebe auch, …wenn ich nicht grade zornig bin).

      Egal, mir geht es auch nicht darum, ob Sie das mögen (Mögen Sie gar keine Schlagzeuge?) Es ist nur nicht einfach “Massenmusik”. Das, wünschte ich, könnten Sie verstehen. Dass es auch in diesem Bereich Künstler gibt, die nicht auf Erfolg bei einer “Zielgruppe” hin produzieren.

    15. @MelusineB Oh doch. Ich hab schon grandiose Schlagzeugsoli im Jazz gehört, so hinreißend, daß ich sprachlos war. Ebenso gibt es reine Schlagzeugkompositionen, die mich begeistert haben.

    16. Vertrauen // Furcht : Leichen ? Das beschäftigt mich. Worum geht es eigentlich? Eine Empfindung – ganz körperliches Entsetzen, tierische Urangst, Verlust des Vertrauens, Furcht – und alle, alle werden Leichen…Vernichtung umgibt einen, ergreift einem und nur blinde Wut kann einen noch retten – oder Versteifung. So ist das, oder?

      Eine bestimmte Musik löst das aus bei Ihnen, Tanzbarkeit, sagen Sie, hat damit zu tun (ich tanze, übrigens, n i e auf einem “gedrängten Dancefloor” unter Laserlichtern oder so, Sie haben da ganz falsche – so weit es Tanzen, wie es mir Freude macht, betrifft – Bilder im Kopf), der Massengeschmack, sich wiederholende Beats, Stampfen… Sie können das gut beschreiben, so dass ich – bilde ich mir ein- es nachvollziehen kann.

      Sie müssten – schreiben Sie – Vertrauen haben in die Musik. Das ist das Schlüsselwort, glaube ich. Vertrauen. Wo man keines hat (und die Ursachen, warum man keines haben kann an einer bestimmten Stelle, die sind verschieden), da versinkt man in den Leichenbergen. Auch sich trauen kann man da nicht, so verkrampft ist man, sich den Modergeruch vom Leib zu halten. Und schlägt, oft zu Unrecht, um sich.

      Es gibt einen Raum, den ich seit Jahren nicht mehr betrete. Als ich mich noch zwang, hinein zu gehen, hat es mir alles verdorben, war alles, was ich tat, angekränkelt davon. Nun gehe ich nicht mehr dorthin. Das kostet mich was, wie jede Einschränkung.

      Was ich sagen will: Es ist in Ordnung zu meiden, was einem nicht gut tut. Das muss man nicht rechtfertigen. Man kann auch nach den Ursachen suchen. Es analysieren. Eine Theorie daraus machen (sehr männlich!) Oder es einfach akzeptieren. Und genießen, was einem Freude macht, ohne die Freude der anderen entwerten zu müssen.

      (Letzteres bezieht sich ausdrücklich nicht auf kalkuliert produzierte “Massenware” für “Zielgruppen”.)

  4. Die Fakten stimmen doch nicht:
    1.Sie sollen keine “Musik moderieren”
    2.Ich bin nicht involviert; wies PG nur daraufhin, daß Sie jetzt da sind. Eingetütet hat das ganz offensichtlich MR
    3.”eine Art bittren Streit”- so ein Quatsch. Ich bin ganz einfach anderer Meinung.

    und “ich tue es für ihn”: noch größerer Quatsch. Für double binds stehe ich nicht zur Verfügung.

    Zuletzt: Mit der Ansage von DJs verkaufe ich nicht meine Seele (Zitat BZ)
    GM nannte sie Plattenreiter

    1. er beugt sich seinem interesse am treten und der gefahr, dafür abgestraft zu werden.
      z.b.
      soweit verstehe ich sie noch.
      nur hat mit treten noch keinen einzigen bildungsinhalt weitergegeben.

    2. @lobster “nur hat (man) mit treten noch keinen einzigen bildungsinhalt weitergegeben.”
      einspruch, euer ehren: genau so funktioniert unser system noch immer. dass dabei weniger bildung in den köpfen hängen bleibt, wird in kauf genommen, wenn es überhaupt bemerkt wird. verweise hier nochmal auf den satz “es gibt keine materie, es gibt nur beziehung”: quantenphysik und gehirnforschung sind sich hier einig, lernen passiert durch b e z i e h u n g. wenn ich jetzt noch die bücher von joseph c. pearce erwähnen darf, mir wird ganz schwindelig, in w a s für dimensionen gegenwärtig gesellschaftliche, menschliche entwicklung stattfindet und wie vehement m ä c h t e (es gibt ja leider mehrere davon) dagegen angeht.

    3. ellenlanges ding, vorsicht.
      also das bildungsthema interessiert mich auch nicht mehr, dass ich da womöglich wo nachblätterte.
      von machtinteressen sicherlich gesteuert, auch die bildungsdefizite bei bildungsfernen milieus – man will den kuchen nicht teilen.
      wohl eher instinktiv gesteuert sagt mir so meine konzilianz.
      kann aber auch knallhart analysiert untermauert sein über statistiken und daraus erfolgenden prognosen.
      nö – muss mich aus mutmassungen heraus nicht aufregen.

    4. sind keine mutmaßungen,
      sie müssen sich auch nicht aufregen und nicht nachblättern,
      war dafür nicht gedacht.
      entschuldigen sie die unannehmlichkeit.

  5. @ ANH 20.47 laut, weil man dann weniger fühlt, weniger sagen kann. z u d r ö h n e n , was auch kanonen können. tanz heißt mitschwingen, mit der musik, zuhören ist ein erkennen und erfühlen der worte, lautmalerische musik (lautmahlerische …) unterstützt das. stampfpopheppideppiclapyourhands schafft masse, ohrenmacht, gefühlstod. die dreifaltige voraussetzung zur beherrschbarkeit des willigen menschen. dabei ist musik, singen, ursächlich da für gemeinschaftsbildung, und eben n i c h t herrschaftsbildung. aber wer nur laut dreht, herrscht. der singt nicht, musiziert nicht, der l ä s s t singen und musizieren und produzieren. sollten wir also vielleicht alle mehr komponieren, wie das früher in (entschuldigung, ANH) bürgerlichen kreisen üblich war. alle mehr hören auf um uns herum. wann wird eigentlich dieser blog vertont?

    1. @ANH ab.
      ja, was geht da ab (auch innerlich) und wohin.
      ich verstand den begriff immer als etwas diffuses, ein irgendwohintanzen.
      und was “cooles”, kühles, gefühlsfreies.
      vielleicht ist auch neudeutsch “da geht die post ab” gemeint.
      oder kommt es von abtanzball.
      mir kommt jetzt, wenn ich in den worten stöbere, in den sinn: totentanz.

    2. @vorsicht. Ich begriff es so: durch den Tanz etwas von sich abstreifen, das einen schmerzt. Das entspräche allerdings Adornos Interpretation des Grundes für den begehrten Genuß suggestiver Kulturindustrie-Produkte: Man leidet unter der realen Situation und flüchtet in den Tanz, wo man meint, sie loszuwerden. Als w ä r e sie dann weg, geht man heim, setzt sich abermals, spätestens nächstentags, der unaushaltbaren Situation aus und ist genau dafür durchs Abtanzen befähigt worden. Das wäre letztlich ein Teufelskreis, wobei, wahrscheinlich, die Reize im Sinn der perversen Bewegung zunehmend aufgedreht werden müssen: musikalisch: es muß immer und noch immer lauter sein, damit sich dieses für-Momente-Vergessen einstellt. Es s o l l gerade nicht gesprochen werden. Dafür würde auch der schwunghafte Gebrauch von Drogen, seien es “sanfte”, seien es harte sprechen.
      Also: Ich gehe das abtanzen, was mir morgen wieder auf den Magen springt, oder in den Nacken. So gesehen wäre, grob gesprochen, das Abtanzen Teil des Ausbeutungsprozesses, aber einer, von dem man meint, er unterbreche ihn. Das “inne” Klassikhören wird übrigens ganz im selben Maß banalisiert, durch die Auswahlsendungen z.B. des KlassikRadios. Auch das ist Pop. Ganz wichtig, das zu bemerken.

    3. danke, das wollte ich sinngemäß eben auch alles so schreiben, sie kamen mir zuvor

      “… aber einer, von dem man meint, er unterbreche ihn.”
      es ist eben aussichtslos, etwas “abzutanzen”, weil es nicht ab ist, es klebt, aber übertüncht, betäubt (auch das wie durch drogen), darum nicht fühlbar. zieht sich durch alle gesellschaftsschichten, nur die musik ändert sich. und die breite masse möchte oder kann auch nicht anders. es wird ja (wie sie schon erwähnten) schon in der schule geübt: cd-gesäusel, die kinder g r ö l e n und die lehrerin nennt das singen und die eltern applaudieren und sind froh, dass die kinder vermeintlich singen, weil sie selbst (die eltern) angeblich nicht singen können. ich habe mal den begriff der “emotionalen behinderung” gehört.

      und weiß nicht, woher jetzt d i e s e worte stammen: “wir tanzen einen totentanz, im leben halb, im tode ganz.”

  6. zur Moderation in der Bar Lieber ANH,
    die totale Aversion Ihrer (vielen) Zeilen zur Moderation ist greifbar: Be-schämende Abneigung, Widerwillen. Wenn sich das Innerste nach Aussen kehrt. Jemand, der sich am liebsten übergeben möchte, ausbrechen möchte, aus sich heraus brechen möchte.
    Ihr Widerwillen, wenn einem etwas partout gegen den Strich geht – (für mich) gut nachvollziehbar, sehr gut sogar. Waren wir nicht alle mal in einer solchen Situation!? Haben leichtfertigt etwas dahin gesagt, weil wir gefällig sein wollten, es Sekunden später, kaum, dass es ausgesprochen, bereut. Bitter bereut! Daran gelitten. Erst still. Dann laut. Tagelang gelitten. Wie ein streunender Hund. Dem einer mit der Schrottflinte eins verpasst hat. Aufjault.
    Daher – besser ein Ende mit Schrecken! ANH, lassen Sie es, die Moderation! Zumal – auf mich wirkt es – mit Verlaub – und ohne Ihnen oder dem Profi oder irgendjemand anderem nahe treten zu wollen – nicht wie Korruption, sondern mehr wie Prostitution! Würden Sie sich – für 250 Euro Honorar – nicht in gewisser Weise sogar für diese eine Sache, die Moderation, prostituieren, die Sie in Gänze und aus dem ganzen Innersten heraus ablehnen?
    Darüber hinaus: (und da widerspreche ich Ihrem Profi) es ist nicht nur mit der Ansage von ein paar Musikernamen getan. Man wird von Ihnen Emotion erwarten! Gute Laune! Ein paar schlaue Sprüche! It`s Showtime! Das darf man von einem versierten Schriftsteller allemal erwarten! Dass er ein paar kluge Sprüche mit Emotion versprüht! Nicht einfach nur ein paar Musikernamen und Dankesworte her-sagt!
    Daher, ANH, machen Sie lieber für sich selbst, Ihre Bücher, Ihre Literatur ein Sit-In und verlangen Sie dafür Eintritt… quasi als Art Benefiz für sich selber…
    Nachdenklich Teresa

    1. @Teresa HzW und @ANH “… machen Sie lieber für sich selbst, Ihre Bücher, Ihre Literatur ein Sit-In und verlangen Sie dafür Eintritt… quasi als Art Benefiz für sich selber…”
      danke, Teresa HzW. das finde ich auch.
      ein traum: ein kleines, feines, unprätentiöses literatur-café in berlin. mit kleiner, feiner bibliothek. ebensolcher karte. lange klostertische, an denen die gäste sitzen und lesen, reden, genießen. abends programm. lesung, musik. uraufführungen. pr-arbeit dazu, monopol und andere berichten.

    2. Literaturcafe …….und nicht zu vergessen, die Autoren, Publizisten, Literaten, Schriftsteller, Poeten, Dichter, die hierher kommen, um sich hier inspirieren zu lassen, um hier zu schreiben wie ehedem die Literaturszene im alten Wien… eine schöne Idee dieses “unprätentiöse Literaturcafe”.
      Achja: und ab und zu “Dialog-Tage/-Abende”, an denen man sich über einzelne Themen/Fragen der Zeit gedanklich austauschen könnte…. durchaus zwischen den “Schreibenden” auf der einen, und den Kritikern, Verlegern, Lektoren auf der anderen Seite…

    3. @ Teresa HzW: Literaturcafé … exakt so. souveräne keimzelle europäischer literatur. prall und lecker. hell im winkel, dunkel im holz.

    4. verstehe ich nicht, alles nur seichtes gewäsch. niemand prostituiert sich, nur weil er eine MUSIK ansagt, absolut lächerlich! – Schließlich gibt es deutlich schlimmere & schlechter bezahlte Jobs, z.b. in China, wo unterpriviligierte Arbeiter vom Lande in sklavenähnlichen Fabriken täglich 12-14 Stunden lang den Ipod von Apple für westliche Industrieländer herstellen (Wohlgemerkt in miserablen Arbeitsverhältnissen, zu einem Hungerslohn, ohne Überstundenzuschlag, ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld, und ohne jegliche psychologische- und ärztliche Betreuung, selbst im Krankheitsfall!)
      Ein Schriftsteller oder Künstler gilt dagegen grundsätzlich erst dann als korrumpierbar, wenn er tatsächlich seine Seele verkauft; Politiker hingegen sind dieser Gefahr ständig ausgesetzt, denn sobald sie ihr Insider-Wissen gewissen Wirtschaftkreisen gegenüber veräußern, können sie es auch sogleich in bare Münze umtauschen! Nur ein Beispiel: Der ehemalige Super-Minister der damaligen SPD geführten Schröder-Regierung von 1998-2005, und ehemalige Ministerpräsident von NRW, Wolfgang Clemens, war maßgeblich an den gesetzlichen Arbeitsrechtlichen Lockerungen für Zeitarbeitsfirmen beteiligt, wonach diese im Anschluss eigene sogenannte Christliche Gewerkschaften gründen konnten, um vereinbarte tarifliche Löhne durch den DGB zu unterlaufen. Seitdem sind in Deutschland Stundenlöhne, oder besser gesagt Hungerlöhne, von 3 bis 7,50 € in vielen Branchen, die auf Leiharbeit setzen, leider der Normalfall. Und dies gilt allzu oft selbst für gelernte Arbeitskräfte, die zuvor noch nach Tarif bezahlt wurden, der nicht selten das Doppelte betrug! – Eine kleine Denkpause!
      Doch das härteste kommt noch, denn der damalige Super-Minister, Wolgang Clement, schied nach der verlorenen Bundestagswahl 1995 aus der Regierung aus … und fand quasi über Nacht ein „völlig neues Betätigungsfeld“.
      Dreimal dürfen sie raten!
      Genau, Herr Clement übernahm anschließend den Vorsitz im Aufsichtsrat eines Zeitarbeitsunternehmens, dem er wenige Jahre zuvor als verantwortlicher Bundesminister die erforderlichen Gesetzeshürden aus dem Weg geräumt hatte. Ein Schelm, der nicht irgendeinen Zusammenhang darin erkennt!
      Herr Clemens ist übrigens später nach einem sogenannten Parteiausschlußverfahrens wegen Parteifeindlicher Aussage im Hessenwahlkampf freiwillig aus der SPD ausgetreten; so wie es die Leih- und Zeitarbeitsfirmen aus den Tarifverträgen des DGB zuvor auch taten.

    5. Richtigstellung Leider hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen.
      Es muss natürlich richtig Wolfgang Clement heissen, und die verlorene Bundestagswahl fand 2005, und nicht 1995 statt.

  7. Bukowski schrieb nur bei klassischer Musik … der persönliche musikgeschmack eines jeden einzelnen ist zum glück völlig verschieden, doch darum geht es hier im kern ja eigentlich auch garnicht, sondern eher darum, ob popmusik mit elektronischen musikinstrumenten (z.b. mit elektronisch-verstärkten gitarren) und mit hervorstechendem beat, allgemein betrachtet der klassischen musik gegenüber gestellt als minderwertig anzusehen ist! – So jedenfalls verstehe ich die kritik von herbst, auch wenn sie sich teilweise selbst widerspricht, doch dies muss nicht unbedingt ein beinbruch sein.
    Manche argumente mögen stimmen, andere dagegen sind schlicht falsch – In der jazz- und bluesmusik ist der beat z.b. eher unterschwellig, übertönt von virtuosen instrumentalisten! – Davon abgesehen dürfte einigen musik-kennern nicht gänzlich verborgen geblieben sein, dass z.b. beethovens neunte-sinfonie als vorbild für so manche meisterhafte kompositorische popmusik diente (z.b. von der Popgruppe Queen)! Doch eigentlich möchte ich dem persönlichen statement von herbst in sachen musik garnicht grundsätzlich widersprechen – wie obig bereits erwähnt besitzt jeder für sich seine eigenen weisheit – doch ich gehe auch nicht völlig konform mit seiner meinung, weil es eben doch deutliche unterschiede in den verschiedenen sparten der popmusik gibt. Im übrigen erscheint mir der oberbegriff popmusik, der hier immer gerne gewählt wird, ein wenig zu fleckmatisch und undifferenziert! – Man sollte sich stets davor hüten, alles in einen Topf zu werfen, mtv-musik, madonna oder lady gaga sind eben nicht zu vergleichen mit den Rolling Stones, Eric Clapton, B.B.King oder Bob Dylan. Es gibt freilich phasen, wo auch ich lieber chopin, mozart, beethoven, brahms, schubert oder Strawinsky höre, und dennoch empfinde ich diese Art von Musik irgendwie nicht mehr als zeitgemäß. Allerdings weiß ich im unterschied zu manch` einem musikbanausen um die bedeutung der klassischen musik im allgemeinen, denn sie war und ist nach wie vor die absolute basis. Wer jemals damit begonnen hat ein musikinstrument ernsthaft zu erlernen, der weiss dies sicherlich zu schätzen!

    1. Ich vergass Ich möchte noch hinzufügen, dass der eigentliche Kunstbegriff „Pop“ sehr eng mit dem Werk von Andy Warhol in Verbindung steht, welcher als der eigentliche Erfinder der Popkultur gilt (Also gewissermaßen eine Mode-Erscheinung jener Zeit der 60ger- und siebziger Jahre)! – Chronoligisch betrachtet folgte also auf dem Blues der Jazz, und darauf der Rock`Roll, und widerrum darauf der Beat, und schlussendlich der Pop; jedenfalls soweit unsere Generation dies zu beurteilen vermag! – Ähnlich wie in der Literatur sind gewisse Genre oder Epochen von zeitgenössischen Beobachtern nur schwer zu klassifizieren, da aktuelle Zeitgenossen quasi immer auf einem Auge blind scheinen (Niemand hätte zu Bismarks Zeiten darauf gewettet, dass nur einhundert Jahre später deutsche Staatskanzler mit Überschallgeschwindigkeit zu Staatsbesuchen in ferne Ländern fliegen könnten, sprich mit der Concorde)!!! – Bei aller Weißheit, doch irren ist allzu menschlich, wusste schon der geisteskranke Nietzsche zu berichten ! Und auf die Literatur übertragen bedeuted dies, dass wir weder wissen, was nach der Postmoderne kommt, noch in welchem Stadium wir uns gerade befinden.

    2. sie müssen mich nicht berichtigen… es hat sie niemand dazu aufgefordert, außerdem handelt es sich um einen flüchtigsfehler, da ich meine komments mitunter – ohne korrektur zu lesen – sehr schnell tippe; und völlig kritiklos zucker in den arsch blasen brauchen sie mir auch nicht!

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