Von Proben, Bars und Nickel: Das Arbeitsjournal des Mittwochs, dem 9. Juni 2010.

7.44 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Daß ich noch einmal zu meiner Undine reisen werde, ist klar: ich möchte doch einfach gerne einmal eine g a n z e Aufführung sehen, nachdem ich >>>> zur Uraufführung zu spät gekommen war. So sagte ich das gestern nacht auch dem Profi, mit dem ich mich >>>> nach den Gurreproben in >>>> der Bar traf; die >>>> Kulturmaschinen kamen hinzu. Auch die Samarkand meldete sich, die interessanterweise ebenso Penicillin schlucken müsse wie ich; sie zog den Rückzug allerdings vor, schließlich, gesundungshalber, indes ich selbst wie ein Bär längst wieder lachse. Mich interessierte, daß der Profi – von dem abgesehen, >>>> was ich in Der Dschungel erzählt, doch da weiß eben auch er nicht, was „wahr” ist und was eine Geschichte – so gar nicht informiert war. „Mein Herr Nickel ist diskret”, erklärte er das. „Alle meine Mitarbeiter sind diskret.” Das hatte ich zwar nach den Erzählungen Nickels über Angela Merkel… na gut, Andeutungen, aber das reicht ja… n i c h t so als Eindruck, doch weiß wiederum ich nicht, was nun Herr Nickel erfand. Und immerhin hatte meine Schilderung des Dienstwagens den Profi höchst amüsiert. „Das nächste Mal”, sagte er, „laß ich dich mit einem Heereswagen reisen, die können nämlich w i r k l i c h fliegen… also nicht alle, nein, aber manche schon. Von der Bevölkerung werden sie gerne für Vögel gehalten, obwohl die Karosserie eher an Fische erinnert.” Womit wir dann bei der Undine waren und ich ein wenig schwärmen konnte. „Ich fahre in jedem Fall nochmal hin, am 4. Juli”, sagte ich, „wenn ich aus Frankreich zurückbin.” Dann erzählte ich ihm von meinem diesmal nicht von mir, sondern ihr verschuldeten Chaos bei der Targobank, also von meiner Kreditkarte und den bislang drei vergeblichen Versuchen, Geld auf ihr Konto zu kriegen. Mit dem großen Erfolg, daß sie derzeit gesperrt ist, was mich in Schwulitäten bringt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als ausgleichendes Geld bar zum Schalter dieser Bank zu bringen; ich bin mehr als gespannt, ob die Verbuchung wenigstens nun klappt.
PG setzte sich zu uns, einer der Inhaber der Bar, und löste mein Pop-Problem ganz von sich aus auf: „Wir haben uns überlegt, daß das Unsinn ist, jeden DJ anzusagen. Würdest du einfach die Ansage der live-Musiker übernehmen?: ein Sänger von der Komischen Oper, ein Jazzer, eine Maultrommlerin, die alle über ein- und dasselbeThema variieren?” So brach mein ganzer, sehr wahrscheinlich idiosynkatischer Bauchschmerz e i n, und die Bauchdecke wurde wieder glatt, statt schmerzlich gebläht zu bleiben. Allerdings: „Das machst du doch auch umsonst für uns, oder?” Womit ich Geld verlor, das ich aber ja gar nicht hatte verdienen wollen. Ich murmelte etwas von ‚unter der Existenzgrenze” usw., was man mir nie ansehe, „na”, sagte der Profi, „wenn man genau hinschaut, dann schon”, beugte sich etwas vor und nahm eine der beiden Manschetten meines Hemdes zwischen zwei Finger, um auf die für mich typischen Fadenscheinigkeiten hinzuweisen, – worauf wiederum PG einlenkend meinte, man könne ja „mein Bier” um ein weiteres Jahr verlängern. Das fand ich einen Vorschlag. Außerdem tränken wir, der Profi und ich und unsere Begleiterinnen, in dieser Nacht umsonst. Viel werde ich davon freilich nicht haben, da ich am Sonnabend früh bei der Gurre-Generalprobe sein muß. Doch immerhin, wir plauderten so durch die Nacht.
Als ich von der Probe zurückgekommen war, fand ich im Briefkasten einen Brief von der Schule meines Sohnes, worin ich zu einem Krisengespräch am selben Tag um 11.30 Uhr gebeten wurde: Sie sehen, daß ich mit Lappenschleusen auf vertrautem Fuß stehe, wird unterdessen selbst von Direktorinnen angenommen. Das erzählte ich, der Profi lachte sich zwei, indes die Kulturmaschinen mir von einem Podcast sprachen, das zur Frankfurter Messe mit mir aufgenommen werde zum neuen Buch. Gegen ein Uhr nachts kam ich heim, telefonierte mit meiner Löwin, legte mich und sackte so sehr weg, daß ich erst gegen halb sieben erwachte und jetzt schnell dieses Arbeitsjournal traditionshalber schreibe, den nächsten Gurretext vorbereite, rasieren muß ich mich unten und oben, duschen und kleiden, dann geht es schon aufs Rad und weiter mit Schönberg. Premierenkarten sind reserviert und auch noch zwei für die SonntagnachmittagsAufführung, die ich mit meinem Jungen besuchen will. Ich bin ziemlich gut gelaunt.
Guten Morgen, Leserinnen, liebe, & Leser.

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