Thomas Hampson – Weiteres (Konzert Juli 2010 Hamburg)

Thomas Hampson sagt mir nichts mit seinem Gesang. Er vermittelt nicht den Inhalt der Mahler-Lieder. Im besten Fall singt er sie schön, aber leer. Wenn man ihn mit Matthias Goerne vergleicht – und das muss erlaubt sein -, schlägt der ihn hinsichtlich Details und Feinheiten um Längen. Goernes Stimme ist voller, seine Tiefe satter. In der Höhe steigt die Stimme in zarteste, innigste Sphären, ohne dass der Hörer den leisesten Gedanken an Anstrengung oder technische Hürden verschwenden würde.
Und wenn man schon über Feinheiten spricht: Die Version Fischer-Dieskau/Barenboim “Ich bin der Welt abhanden gekommen” lässt Hampson in der Darbietung des o.g. Konzerts fast plump aussehen. Spätestens bei der Zeile “Ich bin gestorben dem Weltgetümmel” ist man in emotionale Ebenen gehoben, von denen Hampson weit entfernt ist. Vielleicht sollten Hampson-Fans mal ein Goerne-Konzert besuchen – das würde weiter verdeutlichen, was ich meine.
Ehrliche Meinung ist notwendig. Vielleicht würde sich Hampson sogar freuen, wenn er meine Meinung erfahren würde. Manchmal wagt niemand mehr den Ausdruck ehrlichen Empfindens, um keine Ikone vom Sockel zu stürzen. Doch darum geht es gar nicht.
Ich zitiere Waltraud Meier (die ich gerade in Bad Kissingen in Mahlers “Lied von der Erde” erleben durfte):
Interview T. S. Raphael:
“Wie kann man in der Opernwelt überhaupt zu einer realistischen Selbsteinschätzung kommen? Man wird mit Rollen identifiziert, ist umgeben von Ja-Sagern, die einen tätscheln, weil sie ja von einem leben. Man bekommt oberflächliche Komplimente. Und auch auf die Musikkritik ist ja nicht unbedingt Verlass.”
Meier: “Nur durch viele, viele Erfahrungen. Aber man kann auch alt werden, ohne sich jemals des eigenen Tuns besusst zu werden. Man muss sehr viel an sich arbeiten, nicht nur stimmlich, nicht nur, was die Partien anbelangt, sondern auch als Person. Man muss eine Balance finden, auf sich selber hören, kritisch sein, und auf andere hören, die ein gutes und aufrichtiges Urteilsvermögen haben. Ich habe schon Leute genervt mit Anrufen, weil ich gespürt habe, der weiß etwas und will es mir nicht sagen. Das ist ja auch eine Wertschätzung meiner Person, wenn man zu mir ehrlich ist.”
Meier betr. Erwartungsdruck des Publikums:
“Am Anfang kann man nur gewinnen. Ich halte es für sehr viel einfacher, eine Karriere zu machen als sie zu halten. Ich hatte mal eine Angstperiode, der ich mich gestellt habe und die ich dann überwunden habe. Die Gefahr ist, dass man sich in einen Habitus flüchtet und sich anschwindelt. Das wollte ich nicht. Ich habe dann auch sehr an mir gearbeitet.”
Meier betr. Gesang ist Höchstleistung:
“Für mich ist der Gesang ein vollendeter Ausdruck einer Persönlichkeit. Ein Spiegel von einem selbst.”
Hampson kam erst spät auf die Idee, Sänger zu werden. Könnte und dürfte er sagen, dass er jetzt vielleicht lieber etwas ganz anderes machen würde, wenn er könnte, – also nicht Mahler singen, vielleicht gar nicht mehr singen? Nur noch Golf spielen? Aber in langem Vorlauf stehen die Verträge. Bis weit ins Jahr 2011 ist er fest mit Mahler beschäftigt.
Es gäbe noch viel dazu zu sagen. Meine Meinung zum o.g. ist geschrieben. Im März 2011 werde ich weitere Liederabende mit Hampson und ;Mahler in Hamburg besuchen (Anfang März!). Ich bin trotz allem – oder gerade deswegen – gespannt. Leben ist Bewegung, bestenfalls auch Entwicklung. Mal sehen, was kommt.

Liebe “Gisela”, vielleicht begegnen wir uns im Konzert im März – und können uns mal “Auge in Auge” unterhalten – im Sinne der Kunst?!

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