Waschsalonstag zur Lektüre. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 6. Juni 1011. Und dann schon gleich zu den Banausen, bevor eine geheimnisvolle SMS mich erreichte.

8.06 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Mein Junge, der wieder auf dem Vulkanlager schlief, ist soeben zur Schule aus dem Haus, und ich werde ihm gleich, aber zum Waschsalon, folgen: ich hab rein keine Unterwäsche mehr, und es ist spätestens nach einem Monat direkt belastend, sich immer, wenn keine frischen mehr da sind, neue Boxers und Socken zu kaufen. Irgendwann weiß man vor Zeug nicht mehr, wohin. Es gibt hier ja so gut wie keine Schränke, alles wird auf Regalen bewahrt, doch gibt’s für Schränke auch gar keinen Platz. Gut, für kleinere gäb es den schon: ich habe mehrfach mit dem Gedanken gespielt, im Flurchen direkt unter der Decke verschließbare Verhältnisse anzubringen, schon, weil die Anzüge für den Winter, und die Mäntel, jetzt in Müllsäcken eingemottet sind, die ich in der Küche unter das Ablagebrett geschoben habe. Ideal ist das ganz sicher nicht. Ich müßte diese Arbeitswohnung nicht nur, was der Fall ist, als ein Segelboot begreifen, das auf optimale Platznutzung ausgelegt ist, sondern sollte sie auch entsprechend umbauen. Ich würde mich noch viel wohler dann fühlen. Nur weiß ich nicht, woher die Zeit dafür nehmen. Außerdem bin ich nicht wirklich der handwerklich geneigte Typos, anders als mein Vater, der es war und in seinen Einsiedeleien geradezu Wunder sowohl praktischer wie ästhetischer Innenarchitekturen zu vollbringen wußte („Warum bist du nicht reingegangen? Der Käse ist im Krug -” womit er den selbstgetöpferten Tontopf meinte, der mit anderen Lebensmitteln in einer seitlich des Wohnraums selbstausgehobenen Grube ruhte, die als natürlicher Kühlschrank diente).
Was die Waschsalons anbelangt, mit denen ich seit je auf vertrautem Fuß geblieben bin, so gäbe es erstens für eine eigene Waschmaschine hier gar keinen Platz, vor allem aber, zweitens, wüßte ich nicht, wo die fertige Wäsche dann trocknen; vor allem aber, drittens, würde mich das Geräusch enorm stören, das so ein Ding macht – nicht bei der Arbeit, ich bin nicht ablenkbar, aber wenn ich Musik höre. Ich konnte deshalb, als ich noch einen Wagen besaß, nie mit einem Autorradio hören; die Dynamik der Musiken wurde so sehr gestört, daß man sich manches immer nur denken konnte; also fuhr ich verbotenerweise mit Kopfhörern, doch selbst in die drang immer das Motor- und Fahrtgeräusch störend hinein. Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, daß ich seit sechzehn Jahren ohne eigenes Auto bin.
Woruber ich gestern nacht mit meiner Löwin noch telefonierte: Wie entscheidend, ja existentiell Musik für mich ist und immer war. Die alte, ich weiß: unangemessen hypothetische Frage, wenn man entscheiden müsse, ob man ertaube oder erblinde… ich würde mich fürs Erblinden entscheiden. Ich habe z w e i Lungen, um zu atmen: die eine ist für Luft, die andre für Musik. Vielleicht geht >>>> diese immer wieder fortgeführte Diskussion deshalb so sehr an mich heran und in mich hinein, daß ich jedesmal Bauschmerzen kriege, wenn ich die Depression zu verschieben versuche.
So heute nacht und früh. Erst dachte ich: was Falsches gegessen. Der Fisch von vorgestern vielleicht? Dann begriff ich. – Möglicherweise löst es sich jetzt, da ich’s weiß, wieder auf. –

Vier Maschinen werden’s werden. Los jetzt. Die füllen und laufen lassen, derweil ich wieder hierherfahr und weiterarbeite. Dann mit einem Buch zurück, die Trockner, danach die Zusammenlegerei. Zwischendurch auch die Bahntickets für morgen (Seminar in Heidelberg, >>>> am Mittwoch abend Lesung) bis Donnerstag (Lesung in Frankfurtmain) besorgen. Mein DSL geht >>>> immer noch nicht wieder.

9.36 Uhr:
Ich mach mir mal den zweiten Latte macchiato. Vier Trommeln im Waschsalon drehn schon und schäumen.
Erstaunlich aber! Tatsächlich sind die Bauchschmerzen weg; ich mußte mir wirklich nur den Zusammenhang klarmachen. Das Gehirn ist schon irre. Und welch ein Sommer schon und immer noch weiter!

Glück.

9.51 Uhr:
Für Genauigkeit, übrigens, werde ich g e r n >>>> ein Banause genannt.

11.55 Uhr:So. Die gesamte Wäsche ist fertig und bereits einsortiert. Jetzt kann ich in Ruhe weiterarbeiten, bis etwa 14/14.30 Uhr; danach geht’s zum Training; allerdings, den Crosslauf laß ich besser noch sein, auch mit der Beinpresse setz ich noch aus. Der linke Fuß ist zwar wieder versöhnt mit mir, aber ich mag ihn noch nicht trietzen.
Der Profi rief soeben an: „Heute abend >>>> Bar?” Und eine seltsame SMS erreichte mich:Antworten Sie mir bitte umgehend… richtige Nr? Brauche Sie! Werd mich bedanken.

Auf meinen Rückruf meldete sich lediglich ein codierter Anrufbeantworter. Wieso habe ich das Gefühl, es sei >>>> Jenny, die hier ruft? Der Absender hat aber eine deutsche Mobilnummer.

18.18 Uhr:
Es geht los: Erster Aufnahmetermin für Sprecher des neuen Hörstücks ist der 14. Juni, 14 Uhr im ARD-Hauptstadtstudio Berlin. Anderthalb Stunden. Da sollte ich schon viel in den Kasten bekommen, der unterdessen eine Festplatte ist.
Ich fange jetzt zu collagieren an. (Es gab ein irres Gewitter, von dem jetzt keine Spur mehr ist, nachdem es mich zusammen mit dem Sport auf die Couch gelegt hat, wo ich eine tiefe Stunde schlief.) Espresso und Pfeife.

5 thoughts on “Waschsalonstag zur Lektüre. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 6. Juni 1011. Und dann schon gleich zu den Banausen, bevor eine geheimnisvolle SMS mich erreichte.

    1. Unwahrscheinlich, PHG. Denn die Person (ich glaube fest daran, daß es sich um eine Frau handelt) verwendete in ihrer von mir hier unterschlagenen Anrede einen lange nicht mehr verwendeten nom de plume, von dem ich zwar Jenny nie erzählt habe, aber >>> die Pariser Ereignisse des letzten Jahres indizieren stark, daß zumindest der Gräfin höchst informiert war.

    2. Antworten Sie! Und nach Paris… …(wenn es Jenny war, was wahrscheinlich ist; bedenken Sie aber immer: Sie kann nicht, wie sie will. Sie erwähnten bereits der Gräfin. Daher: Vorsicht! Fragen Sie den Profi.)

      Ich liebe Fortsetzungromane und Serien…
      Diesmal gehen Sie aber nicht in den Tour d´Argent, rate ich. Führen Sie Jenny hierher aus (kein Nobelrestaurant!): http://www.facebook.com/group.php?gid=13834939753&v=wall

      (im Marais – fanden Sie dort nicht das Kästchen???)

    3. La Tour d’Argent Jetzt rächt es sich, dass ich bei der Lektüre der ‚Fenster‘ auf S. 54 unterbrechen musste. So weiß ich noch gar nicht, was am Abend des Freitag geschah. Sauerei.

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