Sich wieder einschwingen. Erst einmal. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 18. Oktober 2011. Vornahmen – und: Hochgekrämpelt die Ermel.

4.49 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Musik wollte ich hören, wußte aber nicht sofort: welche und wollte nicht „überlegen“. Na klar, Verdi, Don Carlos wieder, nun in der französischen Fassung. Doch ist die CD-Rezension über Frank Martins Sturm nach Shakespeare zu schreiben, für die FAZ, dazu wieder mitzulesen, das Libretto, um dem Verlauf der Komposition im Verhältnis zur Sprache zu folgen; genau das will ich aber nicht in die FrühmorgensArbeit tun.
Solche Verwirrtheitchen bringt eine Rückkehr zur Struktur mit sich. Man muß sich erst einmal wieder einschwingen, zumal, wenn man‘s verabsäumt hat, vorabends >>>> seinen Strukturplan für den kommenden Tag zu schreiben. Das ist also fällig ab heute, und daß ich’s gestern nicht mehr tat, retardiert nun den „schnellen Einsatz“: Ich mag >>>> militärische Termini für die Arbeit.
Der Wecker klingelte um 4.30 Uhr, um 4.35 Uhr stand ich auf.
Das Fenster geschlossen, den Ofen besorgt; er ist bereits warm.
Latte macchiato, die Morgenpfeife.
Womit, also, beginn ich? – Mit diesem Arbeitsjournal, nun gut. Danach den Text zu Böhmer, der noch diese Woche fertigsein muß. Dann >>>> die Cds: Einmal durchhören noch, und dann schreiben.
(Sich mal zurücklehnen und zehn Sekunden denken; aber erstaunlich sowieso, wie gut das mit dem Aufstehen ging. Der Schlüssel ist anscheinend „wirklich“, um Mitternacht im Bett zu sein; vier bis viereinhalb Stunden Schlaf „reichen“ tatsächlich immer noch, merke ich; nur die Schärfe fehlt, momentan, meiner sofortigen Gegenwart).
Sehr schön, ich sah‘s und >>>> kommentierte das bereits gestern, daß Benjamin Stein die Buchausgabe der Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens >>>> rezensiert hat, vor allem, daß gleich eine Diskussion beginnt.
Irgendwann im Lauf des Tags, wahrscheinlich vor dem Mittagsschlaf, werde ich das erste DTs wiederformulieren, das nächste abends vorm Schlafengehen. Bei >>>> Parallalie hab ich >>>> in diesem Sommer inniTalien gesehen, wie gut das offensichtlich funktioniert, mitten in einer Arbeit zur Lektüre ganz-anderer Texte zu greifen: das will ich kopieren, damit ich bei all den Aufgaben nicht versäume, >>>> den Schischkin weiterzulesen und, ist das Buch „durch“, nächste Lektüren aufzunehmen. Dazu dann die THETIS-Lektüre: so werde ich die Überarbeitung von ARGO beginnen: um mir die beiden schon erschienenen Anderswelt-Bücher deutlich zu vergegenwärtigen, bevor ich das Typoskript des dritten zur Hand nehme.
Guten Morgen. Der erste Latte macchiato ist fast getrunken; den zweiten will ich jetzt (Achtung, ein Reim!)/ bereiten. Bis ich, um acht, telefonisch, die Löwin wecken werde, an den Böhmer. Dazu Don Carlos. Das Telefonat sodann. Darauf Frank Martin. Bis zum Mittagsschlaf um eins oder zwei sollte die Rezension schon begonnen sein. Nach dem Mittagsschlaf geht es mit dem Jungenroman, dem zweiten, weiter.

7.50 Uhr:
[Verdi, Don Carlos (frz. Fassung). ff.]
Mit dem Böhmer-Text fertiggeworden. >>>> Dort habe ich gerade aus seinem „An Land“ zitiert.
Die Arbeit ging gut von der Hand, vor allem, weil ich einen älteren Text revidiert und ihn nicht etwa völlig neu geschrieben habe, sondern auf diese Weise aus Makulatur & Vergessen etwas wieder herausziehen konnte. Wofern sich mein Auftraggeber darauf einläßt. Ob, das werden wir über den Tag hören.
Jetzt aber stopfen wir uns erstmal eine nächste Pfeife und rufen in Wien die Löwin an; ich hör sie schlafestrunken schnurren.

(— ach so, jà: rasieren, duschen, kleiden: Form. Dann der nächste Arbeitsschritt. Da die FAZ meinen Pettersson-Artikel nicht online gestellt hat, werde ich es nachher selbst tun.
Kohle nachlegen.)

9.35 Uhr:
Nun also steht >>>> mein Pettersson-Artikel komplett hier im Netz. Rechtlich ist das möglicherweise ein bißchen heikel. Aber ich will nicht, daß er verschwindet. Anders als Printarchive bewahrt das Netz ö f f e n t l i c h. Das ist für Künstler von enormem Belang – von größerem sogar als Honorare.

[Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (133)
Litblog 132 <<<< ]

Gepflegt im Anzug am Schreibtisch, nach einem ersten Spurt, zu sitzen, gefällt mir beinahe ebenso gut, wie daß meine Verdi-Don-Carlos-Aufnahme, die in französischer Sprache, auf einer gesonderten Schallplatten Varianten mit eingespielt hat, nämlich die sechs Stücke, die vor der Uraufführung 1867 ausgeschieden, bzw. aus der vieraktigen Fassung von 1882/83 herausgenommen wurden oder für sie eigens noch hinzukomponiert worden sind. Meine (Vinyl-)Aufnahme unter Abbado hat die fünfaktige Version realisiert; der MET-Mitschnitt von gestern abend war die vieraktige, unterdessen gewohnte Version in italienischer Sprache.

Jetzt etwas frühstücken und vielleicht ein bißchen Schischkin lesen, bis der Don Carlos zuende ist. Danach mit der Arbeit für die Rezension von Frank Martins Sturm nach Shakespeare beginnen. Zuerst die CDs, im Libretto mitlesend, ganz noch einmal anhören. Dazu erste Notate.

17.20 Uhr:
[Drei Fragmente aus Frank Martins Der Sturm (Fischer-Dieskau).]
Bin etwas im Verzug mit meiner Planung. Ich hatte den Fußpflegetermin des späten Mittags fast vergessen. So habe ich die ganze Oper eben erst mitlesend durchgehört und hör jetzt noch mal Fischer-Dieskaus 1963 eingespielte Interpretation der Prospero-Monologe zum Vergleich. Immerhin „stehen“ meine Notate, so daß ich meine Kritik heute abend noch entwerfen kann, sie vielleicht auch zumindest in Rohfassung fertigbekomme. Jedenfalls will ich‘s versuchen.
Später dann, eventuell, Bar. Noch habe ich den Profi aber nicht angerufen.
Zudem war einiges an Schriftkram zu erledigen. Übrigens, das Ende der >>>> CollectiveStorytelling-Story finden Sie >>>> dort. In einer halben Stunde wird mein Junge fürs Cello hiersein.
Es ist erlaubte Zeit für den Sundowner nun.

19.59 Uhr:
[Martin, Der Sturm (Gesamtaufnahme).]
Sò – der Entwurf der CD-Rezension ist fertig. Morgen in der Früharbeit wird der Text überarbeitet und dann hinausgeschickt. Für heute schließe ich und radle nun >>>> zur Bar. Nur noch dem Profi muß ich bescheidgeben, daß ich loszieh, sowie die Pfeifen eingepackt sind.

23.05 Uhr:
Zurück.
Nachgeholtes >>>> DTs für heute. Auf jeden Fall muß ich noch schnell etwas essen: vom Schinken schneiden, vom Brot schneiden; etwas Gorgonzola.

8 thoughts on “Sich wieder einschwingen. Erst einmal. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 18. Oktober 2011. Vornahmen – und: Hochgekrämpelt die Ermel.

  1. die beliebteste Monatsvertauschung Sg. Herr Herbst, Sie haben sich im Monat vertan. Nicht der 18. September – der 18. Oktober ist wohl gemeint (denn Sie sind ja mit Ihren Notizen nicht einen Monat im Verzug, soweit ich das überblicke). Das geschieht in diesen Tagen einigen Menschen… zwischen den beiden Monaten besteht wohl soetwas wie eine “literarische Durchlässigkeit”, Schwestermonate sozusagen.

    Ich wünsche einen schönen Dienstag!

    1. @tirth, mit Böhmers An Land. Sofort korrigiert.
      Zum Dank für Ihre Aufmerksamkeit ein paar Verse >>>> Paulus Böhmers, über den ich gerade schreibe:

      Als ich noch ein Kind war,
      las ich in den Augen des Viehs, der Gabelweihe
      (bevor sie gelassen abzog zu den Homberger Höhen),
      hörte im Aufgellen, im Verröcheln der Säue,
      im Knacken der Gehäuse und Knochen, im Zermalmen der Fleische
      die einzige Frage der armen Erde: Warum?
      Heute sind Schmerz, Entsetzen, Beschämung
      nur noch alleine tu tragen, in Erstickungsanfällen, Haß.
      Darum preise ich die Unerschütterlichkeit der Rolling Stones,
      preise Weihrauch und Hadramar, preise
      die Umschlingung von Körpern, die klaglos ein wenig
      von ihrem Wenig an Wärme abgeben,
      preise die Schönheit von Hautfetzen auf Tafelbildern, preise die Schönheit
      langsamen Sterbens, das Reiben
      des Herzklumpens unter dem Rippenbogen, das unstete Beben,
      noch einmal, der Lungenflügel, des Bauches unter dem Bauchfell,
      reise ein Drüben, das – da oder dort –
      noch einmal kurz aufscheint, wo schon lange kein Drüben mehr ist.
      Da.

      >>>> Am Meer. An Land. Bei mir.

      [Dazu den Verdi, Don Carlos, frz. Fassung.]
    2. das klemmende r Sg. Herr Herbst, wichtiger als ein paar Verse von Böhmer wäre mir die richtige Schreibweise von Aufmerksamkeit. Sie, die Schreibweise, zeugte von ihr.

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