Utopie, viehisch: Tarantinos Django.

Bis zur Hälfte ein des Witzes ihrer doppelt halb vorhersehbaren Dialoge halber halbwegs passabler Film, der aber bald schon nur noch das tarantinotypische, geradezu ritualisierte Blutspritzweg und Wichsdirwasamquälenandrer feiert: ein auf seine sowieso schon zu lange Dauer unausdrückbar öder, weil allein die verklemmte Brutalität seiner Betrachter hofierender Film, denen das gelungene, also von ihnen wiedererkannte Zitat für ein Qualitätsmerkmal ihres intellektuellen Ranges gilt und zur Rechtfertigung der eigenen, verschobenen, Gewaltlust wird. Tarantino gibt unseren innren Bestien Zucker und zugleich ein gutes intellektuelles Gewissen. Welch billiges Kalkül, dem er eine Handvoll guter Schauspieler die Larve ihres mimischen Glanzes aufsetzen läßt; nimmt man sie ab, bleckt der Sadismus die Zähne.
Wer diesem applaudiert, applaudiert dem Alibi der eigenen befreiten Primitivität. Das exakt ist der Grund für Tarantinos Ruhm. Darüber nichts hinaus.

So mag er nicht der schlechteste der zeitgenössischen Filmemacher sein, doch bei den miesesten steht er ganz vorn. Grinsend nimmt seine Kasse die Ovationen entgegen, der Gleichen, seines, unter Gleichen. Sie alle haben‘s, doch er erfüllt es ihnen, ohne daß sie sich schämen müssen. So trifft in Tarantino sich vereinigt ganz das Volk. Keine Szene, die ihm dafür n i c h t danebengehen darf.

9 thoughts on “Utopie, viehisch: Tarantinos Django.

  1. Endlich regt sich mal Kritik. Ja, es ist eine Masche. Aus Sicht von Hollywood wird da eine bestimmte Zielgruppe bedient. Zuschauer ohne Herz und Augen, die sich aber dennoch für Sehende und Fühlende halten. Die wie T. selbst vorgibt, ironisch zu sein, tatsächlich wird aber alles von kritischer Ironie verschont. Wie ist es nur zu diesem Tarantino-Mythos gekommen?! Vermutlich ein Versagen der Filmkritik? Die vermutet wohl Geheimnis oder Hintersinn und übersieht dabei den eklatanten Mangel an Reflexion der ästhetischen Mittel zugunsten der direkten Reize. Da sind die Kohn-Brüder schlauer.
    Das Phänomen, dass sich Kunst darauf beschränkt, einen marktgängigen Anschein herzustellen, es würde sich um Kunst handeln, gibt es auch in Literatur, Musik, bildender Kunst. Alles Fassadentischler. Bei einigen Künstlern wie zum Exempel D. Hirst oder dem Luftballonherstller, dem sich neulich die Frankfurter Museen zu Füßen warfen, gerate ich noch tiefer in die Tristesse als bei so einem Filmer. Von denen weiß man ja, dass sie mit dem Geld im Bunde sein müssen (“so ist eben Kino”), während das Konkubinat von Kunstmaklern, Museen, Sammlern, “Kritikern” und Artisten immer mehr die gesamte Sphäre dahin führt, wo es davon nichts mehr zu berichten ist als die Auktionspreise. (Eben Astrid Klein: “Heute ist man als Künstler nicht existent, wenn man nicht auf einer Versteigerung vertreten ist.” http://is.gd/sHXAx8) Dagegen ist ja selbst Tarantino noch ein ehrlicher Handwerker 😉 In der Literatur gibt es auch ein paar, die ich für hohlbirnige (nicht so schlimm) und schlecht schreibende (schon schlimmer) Betriebsaffen halte, aber das sind wenige und da nenne ich jetzt mal keine Namen, das gibt nur wieder Streit 😉

    1. Wie, wenige?! Da kenne ich viele, und wenn ich mich anstrengte könnte ich hundert Namen nennen.
      Seit Tarantino haelt, was er verspricht, ist es gekommen, wie es die Kritik hier beschreibt.

  2. Jo, war nicht so klirre der Film. Wobei man ja Tarantino einiges zu Gute halten muss: Dass er eben nicht in diese wir-brauchen-48-Frames-und-3D-und-sonst-noch-Gedöns Masche hineinfällt. Und tatsächlich noch Filme der Szenen wegen dreht.

    Ich war aber von der Resolution des Filmes genau so enttäuscht, wie sie. Eine Zeit lang dachte man noch: “Vielleicht endet es ja s o.” Dass die gewalttrunkene Entladung eben ausbleibt (das Gewichse). Passiert natürlich nicht – wie könnte es auch?

  3. Ich wundere mich sowieso, daß man zusätzlich zu der investierten Zeit auch noch für etwas zu bezahlen bereit ist, daß sich bereits aus dem Trailer zu voller Gänze erschließen läßt, wer nämlich gut und böse und schnell und langsam und clever und doof ist. Schlimmer ist ja angeblich nur noch die Hobbit-Verfilmung.

  4. Na, auf Jackie Brown, lieber ANH, trifft die – ansonsten auch m.E. berechtigte – Kritik wohl nicht ganz zu. Aber dieser Film sticht auch ein wenig heraus. Ich finde es traurig, dass Tarantino den Weg gegangen ist, den er in Reservoir Dogs schon vorgezeichnet hat, den Weg der sinnlosen, und ich möchte sagen: pubertär grausamen Gewaltorgie.

    Wenn er doch besser mehr solcher Szenen beibehalten hätte, wie es sie in Jackie Brown zwischen ihr und dem Kautionsagenten gibt, zwei Menschen, älter bereits, auf ihre Art aber noch sexy, die mit ihrem Leben und der Zukunft hadern, und sich einerseits zu alt fühlen, aber es doch nicht sind. Schade drum.

    1. wenn ich schon sehe ‘utopie’ :

      das ist doch ein historisches machwerk, verbrämt mit amerika-kritischem impetus.

      wie sie sich desweiteren als erklärter sm-pervy an filmischem sadismus ( ähem ) kritiküben.

      wie sm selbstverständlich nur eine spielart des therapeutischen ihrer praxis ist ( wiewohl ich es als schulung der grausamkeit durchaus auffassen darf )

      ich sage mal das hier :

      wenn eine erklärte antimaskuline lesbe ein dildo benutzt, ist das schon ziemlich abstrakt sexistisch.
      wenn eine wirklich gescheite, emanzipierte frau mit einem mann “schläft” ist das schon irgendwie sexistisch.

    2. postscriptum wahrscheinlich ist homosexualität der pure sexismus – nicht nur die reduktion auf den körper sondern auf den körper, der nicht zuhanden ist.

      und damit bin ich in keinster weise irgendwie feindlich, wiewohl ich prostitution immer mit käuflichkeit in verbindung bringe :

      der-die verkaufende prostituiert sich.

      gewalt wie haue oder schläge bishin zu lethalisierenden wirkmächtigkeiten über / zu physis lehne ich strikt ab.

      euer ( der) joe

    3. @joe sexualität ( auch heterosexuelle sexualität ) trägt immer sexistische züge, zieht man sie von extrasexualität ab.

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