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Während der letzte Holzvorrat im Ofen verbrennt… Anfang des Jahres verteilte man hier an die Haushalte Behälter für die getrennte Müllsammlung, Stücker 5 und nicht sehr dekorativ, aber da nun das Holz weg ist, können sie auch draußen stehen, da wo es regensicher gestapelt lag. Nur ein Behälter war mir willkommen: der für das Papier, der steht mitten im Arbeitszimmer. An den Nachmittagen, wenn ich meine Zigarettenpausen einlege, stehe ich davor und zerreiße Blatt für Blatt alte Ausdrucke von übersetzten Dateien, sofern die Rückseite nicht unbedruckt ist. Auch Karteikarten gehören dazu, die ich vor über dreißig Jahren in Berlin mit Zitaten vollgekritzelt habe und dann hierher mitschleppte, ohne noch irgendetwas damit angestellt zu haben (sie gehören zum gleichaltrigen Bruno-Lampe-Projekt (“du sollst einen Roman schreiben” (vielleicht bin ich ja auch hier, um ihn nicht zu schreiben))). Lediglich tagebuchartige Notizen werden aufgehoben (dennoch, welche Bedeutung hat es, daß ich am 24.1.78 Fellinis ‘Roma’ im Schlüter in Westberlin gesehen habe? (na doch, ein etwas weiterer Zusammenhang besteht, wenngleich nicht unmittelbar direkt, mit der Entscheidung, Italienisch zu studieren)). Auch Visitenkarten darunter. Die beim Anschauen und nach kurzem Erinnern einen Bogen schlagen zwischen meinem Wegzug damals und meinem nunmehr neunjährigen Single-Jetzt. Dazwischen liegen Zusammenleben und Ehe. Eine merkwürdig leer bleiben wollende Zeit, in der sich nichts wirklich Wichtiges (mich Voranbringendes) in die Erinnerung hieven will, ausgenommen das, was man nur selbst auf die Beine gebracht hat und bringen konnte (mit dem Einsetzen einer “eigenen Schreibe” in der “eigenen Sprache” (der Rest war der Versuch, etwas anderes zu werden, als ich bin)). Eine Visitenkarte kam mir heute unter, da mußte ich etwas nachdenken: Ingenieur C. Aus den 90er Jahren, als ich Deutschunterricht gab bei der damals noch staatlichen Elektrizitätsgesellschaft in Rom. Mit dem las ich im ‘Spiegel’, und er erzählte mir oft von seiner Frau, die sich in einem fortgeschrittenen Stadium von Osteoporose befand, wie die mal zusammenknickte neben ihm. Einem anderen Ing., Anglomane und Thatcher-Terrorist, “verdanke” ich, daß ich Thatchers Autobiographie auf italienisch in meiner Bibliothek zu stehen habe. Also dieses kurze Aufblitzen der Visitenkarte, ein kurzes Zögern, dann das Zerreißen.




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