Eine Vorahnung hatte ich schon, bevor ich dann am Samstag gegen 9 abends zum Rio Grande hinunterfuhr, obwohl ich am Nachmittag noch mit dem sportlichen Gedanken des Gehens geliebäugelt hatte, nur daß ein Hinunter immer auch wieder ein Hinauf impliziert. Also lieber nicht. Daß nämlich trotz der Ankündigung, die Groove-Therapy-Leute, von denen ich immerhin drei kenne, darunter meinen Holzlieferanten, würden von sieben bis elf musizieren, alle noch wegen der Zusatzankündigung, das Restaurant von Montenero werde dort unten am Fluß Fleisch in vier Varianten auf glühender Kohle braten, an ihren Tischen sitzen vor ihren Fleischtellern, ohne Musik. So war es tatsächlich. Denn auch die Musiker hielten es nicht anders oder wandelten zwischen den Tischen hin und her, um Verdauungsgespräche zu führen.
Ich entschloß mich, mich mit einem Bier an einen Tisch mit Nachbarsleuten zu setzen. Vor mir die Plastikteller mit den abgeknabberten Knochen: Aschenbecher dann. Gespräch über die geplante Reise der Nachbarsleut’ nach Kolumbien zu den einstigen Eigentümern meiner Wohnung. In die Waldungen Richtung Karibik voller Schlangen und Affen. Und das ließ sich natürlich gut ausmalen.
Bis die Musiker sich begaben, nur wohin, das wußte man zunächst nicht. Und dann standen sie ganz vorn unter den Bäumen (und das braune Wasser des Rio Grande, das sah man nicht), bevor noch die mit allen möglichen Cliquen besetzten Tische anfingen. Ich stellte mich mit meinem Bier neben flüchtige Bekannte an einen Zaun. Ein bißchen Belangloses, nur halb Interessiertes. Einfach nur zuhören. Später auf einem Hocker vor der Bar gleich gegenüber. Gar mit einer Cola. Ein zweites Bier hätte mich nach dem Wein am Nachmittag doch geschafft. Immerhin, es gelang trotz der asymmetrischen, wenngleich verhaltenen Poprhythmen aus dem Barraum hinter mir, mich in gewisse melodische Läufe oder Synkopen hineinzuhören. Aber das war’s dann auch schon. No good idea! Es waren einfach nicht die richtigen Leute da.
Man hätte auch in die Gartenanlage gehen können, dort wo eine Bar sich an die andere reiht gleich vor dem Tor. Alle Ortsteile von Amelia hatten dort einen “kulinarischen” Freßstand. Es wird sicher entsprechend gerochen haben.Hinzu kommt meine Abneigung gegen solche Exhibitionen.
Der Rest: beaucoup de travail. Eine neue Arbeitsmethode ausprobiert. Nämlich einen automatischen Übersetzer zu Hilfe zu nehmen, nämlich diesen. Beim Nacharbeiten ist aber doch nicht alles so astrein, wie es dennoch zuweilen ist. Besser als Google auf jeden Fall. Zumindest läßt sich damit schneller ein Rohtext anfertigen. Denn es kam einiges ins Haus. Auch eine Anfrage für ein technisches Handbuch: eine Yacht. Nur hatten sie sich mit der Textmenge vertan, und es wurde viel mehr für die veranschlagten zwei Wochen, als machbar war. Noch ein bißchen Hin und Her am Vormittag, seitdem Schweigen.
Da bleibt im Moment wenig Zeit für meinethalben dieses Prunier-Gedicht von den zornigen Verlobten (mit weiblicher Endung -ées), das beim Entwerfen gestern für die Ausarbeitung durchaus Expressivität versprach. Auch die Schach-Erzählung von Boito liegt brach: morgen wird ein harter Tag. Komischerweise nebenbei immer der Live-Ticker zur WM, um mich zu wundern, wie Nullen sich in Einsen usw. verwandeln, um dann auch noch zu warten, welcher Pechvogel beim Elfmeterschießen ausscheidet. Jetzt geschah es zum Vorteil der Japaner. Womit natürlich niemand gerechnet hatte. (Und nun hat sich die 1 auch noch eine 2 verwandelt. Arme Belgier.)
Auch nicht damit, dass S tatsächlich zu einem Stein wird wie all die liegenden Etrusker-Statuen, die da zuhauf in Tuscania und Tarquinia, aber das ist ja nicht apatit, sondern nur Verewigungswunsch, den dort in apatit niemand jemals vermuten würde, denn am Ende umspielen diesen Stein Dornröschen-Phantasien, wie im Märchen. Vielleicht braucht S ja einen Japaner, oder zwei. Aber jetzt drängt sich ein Belgier dazwischen. The figures are trembling.
steine der erinnerung
bluten aus der stirn
als erinnerung an die
wunden der erinnerung
liegen die steine blutig
neben dir auf dem bild
an der wand das vorgibt
daß blut rot sei
der stein weiß
der himmel blau
die wolken weißnur ein grünes blatt
weiß davon nichts
es beschreibt den regen
der draußen in die
dunkelheit fällt
(from ici).
Und doch schon wieder Elfmeterschießen? Oh figures, let me alone! – Dornröschen ist nicht wachgeworden. Es regnet aber nicht. Und auch kein Elfmeterschießen. Seulement la Belgique de Magritte.
(>>>>Quelle (“#antifa”: may it serve you well!))