Manfred Roth Heiderlin ODER Wanderer bei literaturkritik.de

Nah ist
Und schwer zu fassen der Gott.
Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.

Es gäbe >>>> dazu manches zu sagen, doch mögen dies andre tun als ich. So sie wollen. (Sie wollen freilich, fürcht‘ ich, nicht). — Nur aber, daß er Patmos ausgerechnet Heidegger zuschreibt, is‘ scho‘ a bisserl peinlich. Da hat die Redaktion wohl tief und ganz entseeligt geschlafen. Oder haben Rezensent und sie | sich dābei etwas ged a c h t? Ah, honi soit qui mal y pense!

18 thoughts on “Manfred Roth Heiderlin ODER Wanderer bei literaturkritik.de

  1. Ist ja der Knaller. Vielleicht meinte er Heiderlin? Oder Höldegger? (mußt du UNBEDINGT als Figuren einführen!) Und dabei gibt er sich doch so zitatmächtig und hat ganz dolle abgeschrieben…

    1. Dankbar diese Anregung aufnehmend, habe ich leicht den Titel geändert.

      Und nur, falls die Redaktion es doch noch merken und stillschweigend ändern sollte, so daß später niemand mehr weiß, auf was sich die gerügte Peinlichkeit bezog, hier Roths originale Formulierung per 27. Juni 2019:

      So lässt er beispielsweise eine seiner Figuren das Zitat Martin Heideggers aussprechen, dass da wo Gefahr ist, auch das Rettende wächst (…)

      1. Gut, daß du die Passage sichergestellt hast, inzwischen haben die Marburger Internetgermanisten wohl gemerkt, was für Bockmist sie ihrem Rezensenten haben durchgehen lassen…

  2. @Keuschnig: Denkt man die Aussage logisch präzise, wird es noch amüsanter. Dann sind nämlich schon Hölderlins Verse entweder ein Heidegger-Zitat, bzw. Heidegger hat sie zitiert – was, auch wenn wir nicht wissen, wo, nur eben mit – juristisch gesprochen – Nichtwissen bestritten werden kann.

  3. Seht’s mal so: Die Site wird vom Institut für Neuere deutsche Literatur und Medien der Uni Marburg betrieben. Da fallen solche Untoten wie Heidegger oder Hölderlin nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich…

  4. „Martin Heidegger, der ab den dreißiger Jahren Hölderlins Gedichte umfangreich erarbeitete und daraus wesentliche Grundlagen seiner Philosophie entwickelte, ging bemerkenswerterweise einer tieferen Auseinandersetzung mit Patmos aus dem Wege. Er äußerte sich ausführlicher lediglich zu den Versen „Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch“, die er zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen zum Verhältnis zur Technik macht.[26] Der Grund kann darin zu sehen sein, dass sich gerade hier die wesentlichen Differenzen in ihren Zugängen zur Welt erkennen lassen. Illustrieren lässt sich das etwa an der sehr unterschiedlichen Konzeption des Abgrundes, in dem Heidegger das „Sein“ selbst vermutet, Hölderlin hingegen den „Zorn Gottes“ lokalisiert, das die Wende bringende Moment.[27]“
    (bei Wikipedia gefunden).
    Also, ich meine, hier geht es in Wahrheit schon um einen Verriss, der geschickt sogar teilweise mit Lob verrührt verpackt wird, und dazu gehört natürlich mit Bildung zu prahlen. Das sind dann die besonders giftigen…Entsprechend dann auch die Ablehnung hier.
    Ich glaube niemand, der diese „Kritik“ liest, wird das Buch kaufen. Es sei denn, er ist ein Feind des Kritikers.

  5. @Franz Summer:
    Vollkommen richtig. Wobei Roths taktierendes, sagen wir, Ungeschick, Hölderlins Verse ein Heidegger-Zitat zu nennen, seine Kritik doch ziemlich relativiert. Andererseits muß der Herr Roth keine Folgen spüren, weil Namen wie der seine nicht nur Legion, sondern ganze (sic!) Wehrmächte sind; geschähe hingegen m i r dergleichen, es haftete noch Jahrzehnte öffentlich auf meiner Stirn – wenn nicht sogar lebenslang.
    Für Herrn Roth ist es also ein gefahrloser, ich sage mal milde, Fauxpas, was die Kritik, so gesehen, außerdem noch feige macht.
    Tatsächlich habe ich unter den Stichwörtern „Übersetzer“, „Englisch“, „Manfred Roth“ nur >>>> diesen dort gefunden und täte dem biblischen Mann wahrscheinlich finsteres Unrecht an, hielte ich ihn für den oben genannten. Allerdings habe ich auch nicht genug Geduld, geschweige Interesse, dieser, verzeihen Sie, dummen Kritik noch weiter auf den Grund zu gehen. Ärgerlich ist allein, daß sie in Deutschland die zu diesem Buch quasi einzige und nicht mehr zu vermuten ist, es würden noch weitere folgen. Nur dieser Umstand macht sie für mich gefährlich. (Die Rückmeldungen, die ich von tatsächlichen Leserinnen und Lesern erhalte, erzählen etwas komplett anderes, als der Herr Roth es haben möchte.)

  6. Ja, Wer einmal Unhold ist, soll es in diesen Augen für immer bleiben. Von Altersmilde keine Spur.
    Was, der Mann ist ein Pastor?
    Der Kern seiner Kritik besteht ja darin, dass die Sprache Ihrer Geschichten eine „Zumutung“ ist.
    Dann sollte er ehrlich sagen: inzwischen ist auch die Sprache Hölderlins oder Heideggers eine Zumutung geworden. Wir haben uns dahin entwickelt, selbst die meinige (Herrn Roths) ist für ungebildete Leser eine Zumutung.

  7. @Summer etc. omn.:
    Ich denke, es geht um etwas ganz anderes. Auffällig ist, wie sehr Herr Roth die Schilderung von Grausamkeiten betont. Hingegen läßt er die sehr zarten Erzählungen, etwa „Sabinenliebe“, und die schließlich trauernden wie „Die Orgelpfeifen von Flandern“ komplett unerwähnt. Was hier mit dem in Menschen wie Herrn Roth verinnerlichten Diktat der Correctness in einen Konflikt gerät, der zur Wegleugnung führt, ist die S p a n n e der Zustände und Hinblicke, die in diesem Band zusammenkommen. Wie fast um den Preis ihrer eigenen Identität müssen Geschöpfe wie der Herr Roth widerstreitende Phänomene absichtsvoll ausschließen. Kurz, Menschen wie er halten Ambivalenzen nicht aus – etwas, das den hoch regressiven Tendenzen unserer Gegenwart entspricht. Um es anders auszudrücken: Herr Roth hat sie inhaltiert und atmet sie als – unter andrem – diese Kritik wieder aus.

      1. @Franz Summel:
        Danke für den Text auf Ihrer Site, den ich sehr nachvollziehbar finde, gerade auch, was Ihre eigenen Lesererwartungen, – bzw. wohl eher -bedürfnisse anbelangt, die selbstverständlich ihr Recht haben. Daß ich nicht der bin, sie zu erfüllen, ist ganz genauso in Ordnung. Wobei mich in der Tat de Erfüllung von Lesebedürfnissen nie interessiert hat. Ich bin von – durchaus emphatisch – Erkenntnisinteressen und nicht zuletzt von Schönheitssuche geleitet, sprachlicher Schönheit, die aber genau deshalb nicht von den Unheilen absehen darf, sondern diese Schönheit selbst in ihnen sucht. Verleugnung schließt sich da aus, weil ansonsten Kitsch entstünde. Insofern sind, je älter ich wurde, Ambivalenzen und die Fähigkeit, sie auszuhalten, für ich entscheidend geworden – und ein tatsächlicher, nicht nur behaupteter Realismus, dem diese Schönheiten abgerungen, in die er transformiert wird. Daß solch ein Unternehmen oft auch als amoralisch angesehen wird, ist fat eine notwendige Folge.

  8. „Dass der Autor seine in Joachim Ziltsʼ Verirrungen entworfene Erzählwelt aber nicht für sich stehen lässt, sondern gegen Ende dem Geschehen eine weitere, parallele Deutungsebene einzieht, trübt das Ganze ein wenig.“ – „Doch anders als bei gewöhnlicher Trivialliteratur, die neben ihren Schauwerten auch davon lebt, dass sie die Illusion einer in sich abgeschlossenen Welt erzeugt, in die der Leser sich versenken kann, bricht Herbst die fiktionale Illusion fortlaufend auf.“ Und überhaupt: „keine Zugeständnisse an LeseERWARTUNGEN“… dennoch das Gefühl, er hat sich seine Leseerwartungen durchaus herausgepickt, um das Wort „Zumutungen“ zu untermauern. Eine Voreingenommenheit schlechthin, Worte wie „vermeintlich“, „ständiges Störfeuer“. Wenn man nicht lesen kann, soll man nicht rezensieren. Die Umgangssprache, die ihn stört… man muß sich darauf einlassen, anders geht lesen nicht. Heute die Fahrt nach Buxtehude… natürlich auch ein Generationenproblem: wer weiß noch, wie in den 60er-70er Jahren geredet wurde; das „Asbach Hilf!“ in der Familie. Tolle Dokumentation! Die Nicht-Vertuschung, anders als bei Heinz Erhardt, über den man dennoch gelacht hat, obwohl er in einem gewissen Sinne dieselben Themen ansprach (vielleicht lassen sich sogar einige der Erzählungen als Negativ zu ihm lesen (tatsächlich jetzt ganz ernsthaft (also das aussprechen, was die Komik im Lachen versenkt))). Festzustellen, daß in der Fiktion auch noch Realität vorkommt, die dann aber verfremdet wird, ist schlicht banal. Ob er mit dem erwähnten Pastor gleichzusetzen, bezweifle ich indes.

  9. @Bruno Lampe:
    Nein, es wird tatsächlich nicht dieser Theologe sein; ich selbst hatte es oben schon bezweifelt, nachdem ich auf Link und Name gestoßen war.

    Zu „Fahrtgespräch“ und den anderen Stücken aus „Marlboro“:
    Es ist nicht bedeutungslos, daß der Rezensent allein von „Zumutung“ spricht, aber den Namen nicht nennt, der hier für mich damals entscheidend war: Arno Schmidt. Sein Einfluß auf mich war enorm, nicht in der intellektuellen Überhöhung seiner über Joyce nach Freud entwickelten Ethymtheorie, sondern sehr konkreter („einfacher“) in seiner Befähigung, quasi eine Schrift-Notation für die gesprochene Umgangsprache zu finden. Dies übernahm ich, also den Klang des gesprochenen Wortes, der, ähnlich Dialekten, Zwischentöne aufzuzeichnen vermag, die dem elaborierten Code des Hochdeutschen entgehen. Nach Arno Schmidt wäre es mir, damals um die fünfundzwanzig, geradezu bizarr vorgekommen, wenn jemand eine solche Form der Verschriftlichung noch immer als eine „Zumutung“ empfunden hätte. Gerade das kleine dialogische Kabinettstück des Fahrtgespräches, bei dem sich der Erzähler aber, anders als oft Schmidt, nicht ü b e r die Erzählten stellt, sondern ihnen ganz gleich agiert, ist für meine Intention ein vortreffliches Beispiel. Wenn Sie, lieber Herr Lampe, dann auch noch Heinz Erhardt nennen, haben Sie sie völlig erfaßt.
    In anderer Weise gilt, was ich eben dazustellen versuchte, auch für meine „elaborierten“ Texte, die immer sehr schnell den Vorwurf abbekommen, manieriert zu sein (nicht etwa, aber dies nur beiseite, „maniriert“; sie sind ja kein Hering): Auch hier geht es um Klanglichkeit, besonders um den Rhythmus. Spricht man die Texte, wie sie geschrieben sind, werden sie ausgesprochen leicht und transportieren aber – genau durch die eingeschobenen Quasi-Synkopen – etwas, das ich die Aura eines Satzes nenne: also nichtsprachliche Bedeutungs- und Empfindungshöfe. Um das zu erfassen, muß man die Sätze allerdings hören; ein pures Lesen, bei dem das Zeichen exakt bedeutendes Zeichen bleibt, hilft hier nicht – sondern führt dann zu der Irritation, die der Rezensent beklagt. – Sie schreiben sehr richtig, daß man sich einlassen müsse. Genau damit tun sich viele Leserinnen und Leser schwer, aber allein, weil ich nicht den Ruhm habe, der dazu bereit macht. Indem ich im Gegenteil bisweilen sogar noch für einen literarisch Unbegabten, stilistisch Unbeholfenen gelte (bzw. dazu geltend gemacht wurde), ist der Unwille sich einzulassen schon vor der Lektüre erzeugt – und es kommt zu solchen nun wirklich unterirdischen Besprechungen.

  10. Ich hatte jetzt die Redaktion angeschrieben und darauf hat man den Fehler sofort korrigiert. Mit der Leserbrief-Weitergabe gibt es offenbar technische Schwierigkeiten.

    Ich schreibe gelegentlich selber für literaturkritik.de. Im Gegensatz zu anderen Foren werden die Texte dort durchaus redigiert, aber alles geschieht auf sozusagen „ehrenamtlicher“, studentischer Basis. Da rutschen schon mal solche Sachen durch.

  11. @Keuschnig: Aber durch die (stillschweigende) Korrektur des „Fehlers“, ohne daß der zugehörige Leserbrief veröffentlicht wird, wird der Autor dieser mißgünstigen und das Buch auch – durch bewußte Auslassungen – grob verfälschenden „Kritik“ im Niveau gehoben. Insofern war es gut, daß ich >>>> das Original zitiert habe.

    „Technische Schwierigkeiten“, bei Leserbriefen … – ich bitte Sie, Herr Keuschnig! Im übrigen habe ich von anderer Seite gehört, daß solche Schludereien seit des höchst bedauerlichen Todes Jürgen Joachimsthaler o f t verkommen; einige ehemalige Mitarbeit von literaturkritik.de haben ihre Mitarbeit deshalb eingestellt.

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