Es kam zu einer Wiederentdeckung komplexer Harmonien und Rhythmen und der ihnen innewohnenden Fähigkeit zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in einem Reich. Die „Quartalsfestivals“ der Gegenwart, bei welchen, von Trommeln begleitet, auf Hunderten in Serie montierten Bronzeglocken gespielt wird, zeigen in aller Deutlichkeit, über welche Macht die Musik verfügt, eine Macht, die mit nichts anderem zu vergleichen ist. Nichts – weder Worte noch Bilder – vermögen unsere Sinne in solchen Tiefen zu erreichen. Schon Bård Berger muß dies zur Genüge demonstriert haben. Nicht so sicher allerdings sind wir uns hinsichtlich der Frage, in welchem Grad seine Harmoniefähigkeit, fast wie ein Zwilling, mit einer anderen Eigenschaft in Verbindung stand: der Fähigkeit, sich Hals über Kopf zu verlieben. Wenn das der Fall gewesen sein sollte, fehlen uns vorläufig Belege, die zeigen könnten, ob diese Eigenschaft auch bei späteren Generationen noch mitgeschwungen ist.
(…)
Bård erkannte, daß die blaue Gemütsverfassung ihm Zugang zu einer Schaffenskraft gewährte, wie er sie nie zuvor erlebt hatte. (…) Es war ein Zustand voller Schmerz, aber auch voll jammernden Wohlbefindens, und irgendwann begann er, den Tag zu fürchten, an dem der Liebeskummer überwunden wäre, er fürchtete, diese innere Flamme zu verlieren, die fast wie eine Droge auf ihn wirkte. „Troubles, troubles, troubles“, sang er und war glücklich.
Jan Kjærstad, FEMINA ERECTA, 322/330
Dtsch. v. Bernhard Strobel