Dafür sind, die nicht mehr Mütter werden, geliftet,
und sie sehen, geshaped, als wären sie fünfzehn, den Tod an;
flirten, ohne daß sie es merkten, mit dem Kristall, dem
lebenslänglichen Schnee konservierter Jugend und ebenso
kalt, verklärten Moorleichen gleichend, den Mumien Ägyptens,
aber nicht, hoffen sie, denen selbst, den D e c k e l n vielmehr auf
Sarkophagen. Zum S t e r b e n sind sie schön geblieben.
Anders nicht in Palermo Schneewittchen: Rosalia Lombardo,
immer noch schläft sie, nach einhundert Jahren, in ihrer Kindheit,
und sie spürt nichts und kennt kein Vergessen darum, nicht Nähe,
Gegenwart nicht: kein Erbarmen läßt ihr Brüste wachsen,
Milch schießt nie darin ein und tropft nicht, nie wird eine
Eichel ihre Lippen berühren und, sie durchstoßend, entfalten;
nie wird Frucht in ihr werden, nie wird das Kind sie anschaun
und die Mutter in ihr, und wird nie hegen, nie schelten,
niemals Angst verspüren, nicht Wollust, nicht Hunger,
Krankheit nicht, noch Genesung, nicht die Spuren davon
in einem Spiegel sehen und sehn: ich lebe, leb weiter,
und ich will auch, daß man das sieht und daß aus dem Hörer
meine Tochter mich fragt: ähm, Mama, kannst du heute
abend den Jungen mal nehmen? wir möchten so gern ins Konzert gehn…
Ach, Rosalia, bambina! Wie kann einer vor deinem Sarg stehn,
und er weint nicht? weint nicht der Vergänglichkeit halber,
um die du betrogen bist und darfst nicht mehr aufstehn
in einem andren, in a n d e r e r Leben? Unerfrischt bleibst du,
unumgegraben, bildhübsche Devotionalie der Starrheit,
fremden Zuschauern puppige Rührung bereitend; süßlich
denken sie, sehn sie dich an, gefälscht und flach ihrer Kindheit,
gleich der replikanten Schönheit, der, daß ihr Milch fließt,
unangenehm ist, zu wenig aseptisch und nicht hygienisch
ihrer Karriere, und sowieso: Schadstoffbelastung; besser
Milchpulver nehmen, da stehen die Brüste jungfräulich weiter,
prall vor Erwartung, und werden nicht ausgesogene Titten.
klinisch gereinigtes Milchpulver nehmen, dann stehen
jungfräulich auch die Brüste, prall vor Erwartung, weiter,
hintergangen zwar, doch werden nicht ausgesogene
Titten, denen kein chirurgischer Schnitt noch aufhilft.
Ich fand dort im Santuario di Santa Rosalia, Palermo, sinnigerweise eine Puppe in einer Schachtel liegen. Vielleicht hat sie eine Frau abgelegt, die sich nach einem Kind sehnte und flehte mit diesem “Geschenk” Rosalia um Hilfe an.
Nur daß die Heilige Rosalia eine andere ist. Sie lebt(e) in einem natürlichen Gewölbe des Monte Pelegrinos, dem Santuario; indes >>>> die kleine Lombardo in ihrem Glassarg bei >>>> den Cappuccini aufgebahrt ist, via Infermeria Cappuccini 3, Palermo.
Oh, da bin ich zu schnell auf den Berg gewandert und die Capuccini hatte ich nicht mehr im Gedächtnis.
Nicht sie, übrigens, wurde zu einer meiner Inspirationsquellen. Für die >>>> Sizilische Reise, sondern >>>> er, Antonino Prestigiacomo. Er wird dem Erzähler zum Vergil.
Das Buch habe ich 2x gekauft. Ein Exemplar wurde verschenkt, das andere habe ich schon ein halbes Jahr verliehen. Gut, dass sie mich erinnern.