Sie hörten den Wagen, wie er knirschend heranfuhr, wie er neben dem Haus parkte. Wie der Motor ausging. „Das sind sie“, sagte Aurel. „Wenn Sie bitte sitzenbleiben möchten…“ Michaela Ungefugger regte sich nicht. Sie vernahm einen zivilisierten Wortwechsel draußen, dann: „Kommen Sie herein“. Momentlang war sie schockiert, als sie Markus Goltz erkannte. Sie waren sich zweimal auf Festakten in der Villa Hammerschmidt begegnet und waren einander unangenehm. Den Fahrer aber, Kalle Willis, kannte die Präsidententochter nicht; der indessen war ihr sympathisch. Ihr Instinkt funktionierte, der Mann war zu wickeln. Dem Polizeichef hingegen ein schlechtes Gewissen machen zu wollen, wäre absurd gewesen.
Michaela Ungefugger setzte den Ausdruck größter Verstörung auf. Dieser Blick hatte Kalle seither nicht mehr verlassen. Er ermaß nicht, wie raffiniert die junge Dame auch in ihrer Not war, wie gleichsam von Natur aus strategisch gestimmt: das Kind ihres Vaters ebenso d a r i n wie in Belangen der emotionalen Leidenschaft das Kind ihrer Mutter. Letzteres gegen ihren eigenen Willen, weil für den der innere Vater stand. Das wiederum erfühlte Dolly II aus der Erzählung ihres Gefährten. Sie konnte es nur nicht ausdrücken. Aber da war so wenig Mitleid für die kleine Ungefugger in ihr, nur Mißbehagen, Skepsis. Ihr Herz wurde davon und von sich ganz verwirrt. Anders Deidameia; die erkannte Michaela Ungefuggers Kaliber sofort.
Der Eindruck war wechselseitig, so hielt sich die kleine Ungefugger mit Gefühligkeiten gar nicht erst auf: „Sie werden damit nicht durchkommen.“ „Das werden wir sehen, mein Kind.“ „Sie sind nicht die Frau, eine Unschuldige zu töten.“ „Das mag sein, aber ich werde rechnen müssen. Auf der anderen Seite stehen eine knappe dreiviertel Million Menschen auf dem, verzeihen Sie, Spiel. Es kann durchaus sein, daß ich das Opfer einer Unschuldigen für angemessen halte, wenn damit derart viele Leben zu retten sind. Wie, Frau Ungefugger, entschieden an meiner Stelle S i e?“
Dazu nun schwieg die junge Frau; es wurde auch nichts weiteres mehr zwischen den beiden besprochen. Dolly II mußte ihr Zimmer räumen, so erfuhr sie überhaupt, und auch jetzt nur indirekt, von der ganzen Sache; ihr Gefährte hatte weiter nur rumgedruckst. Zwei Wächterinnen bezogen vor Rosemaries Zimmer Posten. „Nur vorübergehend, bitte“, sagte die Wölfin zu Dolly II. „Wenn du magst, kannst du so lange bei mir wohnen, m i t mir“, sagte Thisea, die dabeistand.
vielleicht… ..sollten Sie einfach mal Urlaub machern. Liest sich ziemlich krank an das Ganze.
Sorry, ist ein gutgemeinter Rat.
Also d i e s hier finde ich glasklar. Allerdings kenne ich, klar, die erzählerischen Zusammenhänge besser als Sie. Den Urlaubsvorschlag aufs Tagebuch bezogen, da allerdings, finde ich, haben Sie recht. Nur besteht derzeit keine Möglichkeit (die Tropen täten mir gut).