Eine akustische Kreuzfahrt. Ein Schriftsteller-Tagebuch mit Tönen. Aus dem Entwurf (1).

(…)

Nur Wogen.
Pause. Stille.

Sprecher 1     Und da aber lag sie, die Astor, gegenüber einem Frachtschiff voller Container, das seine roten Kräne reckte. Nicht jugendlich mehr, doch Dame von Jahren, die auf sich hält. In eleganter Weiße, die Gangway schon wie ein Finger ausgestreckt, der auf den Passagier-Terminal leichtgeschrägt hinunterwies, und von Bug bis Heck über die gesamten 176 Meter und über den Zwillingsschornstein und den Mast das Radars unter diesem Himmel schon buntest bewimpelt, der seine tiefen Wolken ballte – eine Schönheit, fürwahr, mit dem Charme des Vergangnen, das immer noch ist, still, dachte ich, und lächelnd: So für die weite Fahrt bereit, die mich quer durch den Indischen Ozean nach Südafrika brächte und unten um das Kap herum durch die tropischen Tiefen des Atlantiks nach Europa wieder zurück. Aber ich wußte da noch nicht, daß ich Heimkehr fühlen würde, und Herkunft, die sich schließt. In dem Moment, aber auch das wußt’ ich noch nicht, würde Gregor Lanmeister sterben. Ich wußte aber, wie: in einem Ausatmen, das sich verläßt: das losläßt, zwar willentlich, doch ohne daß sich das weiß.
Sprecher 2     So standen Sie da, junger Mann, ganz vorne auf der Mole, und schauten eine lange Zeit zu mir herüber.
Sprecher 1     (spöttisch:) ‘Junger Mann’…
Sprecher 2     Ich darf das sagen. Ich war bereit. Sie aber sind es noch lange nicht. Das hat diese Reise gezeigt.
Sprecher 1     Niemand war bereit von uns allen. Kein Passagier, kein Crewmitglied. Und nach Ihnen hab ich vergeblich geschaut.

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