Aus der Heide (2). Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 15. Juni 2013. Und zur Nacht: Das „Hotel“ Rote Rosen in Lüneburg.

8.20 Uhr:
[Bispinger Heidekate.]
Stelle grad die Kritik zur Mittwochs->>>> Fanciulla fertig. Sowie sie eingestellt ist, geb ich Ihnen bescheid.
Danach wird noch einmal durch diese herrliche Landschaft gelaufen, dann geht’s unter die Dusche und nach Lüneburg weiter.
Guten Morgen.

Aus der Heide 1 <<<<

(Ein Lieblingsschlager meiner Kindheit, Text von Hermann Heidelöns:

„Rose Marie, Rose Marie,
sie-hi-ben Jahre mein Herz nach Dir schrie.
Rose Marie, Rose Marie,
aber Du hörtest es nie.

Jedwede Nacht, jedwede Nacht,
Hat mir im Traume dein Bild zugelacht,
Kam dann der Tag, kam dann der Tag,
Wieder alleine ich lag.

Jetzt bin ich alt, jetzt bin ich alt,
Aber mein Herz ist noch immer nicht kalt,
Schläft wohl schon bald, schläft wohl schon bald,
Doch bis zuletzt es noch hallt:

(Und wieder:) Rose Marie….“

Erst einige Jahre später kam ich auf die spöttische Verdrehung „Im Wald und auf der Hei-ei-di/da habe ich mein Gau-hau-di…“.)

9.34 Uhr:
So, die Kritik >>>> steht drin. Jetzt hinaus ins Land.

23.35 Uhr:
[Lüneburg, Hotel Rote Rosen.]
Soeben von Essen und Vorbereitungsgespräch mit >>>> Stang http://www.stang-pr.de zurück; Salat, Hähnchenbruststreifen darüber; auf der Gasse gesessen. Die Stadt ist außer Rand und, soweit bei Norddeutschen möglich, auch Band: das alljährliche Stadtfest mit Rummelplatz, sogar einem Riesenrad, Massen durchlaufender Leute, grölendem Rock vom Bühnenwagen; ansonsten alles geputzt. Man sitzt da ganz gern mittendrin, aber nach einer Woche würde man rammdösig werden von all dem selbst von den Gebäuden internalisierten UnserDorfSollSchönerWerden; ich selbst würde nicht nur rammdösig, sondern binnen eines halben Jahres in der Geschlossenen Abteilung der nächsten Klapse landen.
Das „Hotel“ Rote Rosen ist ein Asia-halb-Imbiß-halb-Sushia; die Gastzimmer befinden sich in einem Nachbarhäuschen, das außen noch nach Fachwerk aussieht, innen aber komplett totrenoviert worden ist. Als ich ankam, war alles verschlossen, aufs Klingeln reagierte niemand. Ich mußte, Göttinseidank war draußen eine Telefonnummer angeschlagen, erst durchrufen, bis mir eine junge, nicht aus Gründen der Intelligenz völlig überforderte Frau öffnete, sondern weil sie schlichtweg keine Lust hatte. Mein Zimmer dann ist eng, hat ein Bett, einen Nachttisch, Ende. Es gibt keine Seife, und der Einbauschrank weiß nicht, daß irgendwann einmal Kleiderbügel erfunden wurden. Immerhin, ein Handtuch lag am Fußende des Bettes. Ich empfand das als eine deutlich zivilisierte Geste, die sich aber nicht ausbauen läßt, weil das Zimmer kein Telefon kennt – wahrscheinlich, um auf keinen Fall irgend einen Gedanken an Service Raum gewinnen zu lassen. Wiewohl der Voucher etwas anderes sagt, gebe es auch kein Frühstück. Dieses ganze Nichts für 65 Euro, was eine ziemliche Unverschämtheit ist. Wenn Sie also einmal nach Lüneburg kommen, dann meiden Sie dieses Haus. Da hinwiederum ich es gewöhnt bin, in Zelten zu schlafen oder auch schon mal unter Freiem Himmel, arrangier ich mich; ’s ist eh nur eine Nacht. (Über WLan sprech ich nicht, weil ich ja meinen Stick hab, der vorzüglich funktioniert).
Immerhin, mit Anstrengung brachte die junge asienstämmige Frau es heraus, daß sie „dann eben runterkomme“ morgen früh um halb acht, wenn ich denn unbedingt einen Kaffee haben müsse – nein, direkt so hat sie das nicht gesagt, aber mir doch zu verstehen gegeben. Hätte ich auf sieben Uhr bestanden oder solch hühnerfrühe Zeit auch nur auszusprechen gewagt, hätt ich heut nacht rächende Ninjas gewärtigen müssen. Also werde ich jetzt noch eine Stunde lesen, oder zwei, um zu verhindern, daß ich allzu früh wach bin. Um acht, nach diesem Kaffee, den ich hier allein noch aus Trotzbewußtsein trinken werde, werd ich gleich in Stangs Hotel losziehen und dort dann frühstücken – immerhin bis zum Bloomsday-Abend die einzige Mahlzeit des Tages; hoffentlich hat man Haferflocken. Knapp fünfzehn Kilometer gelaufen heute.
Genießen Sie die Nacht.

2 thoughts on “Aus der Heide (2). Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 15. Juni 2013. Und zur Nacht: Das „Hotel“ Rote Rosen in Lüneburg.

  1. Gastro oder Gastritis In Gottes Namen (die Göttinen bemühen wir so früh noch nicht…) – was suchen Sie in der Pampa mit so lausiger Hotellerie?

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