Ein Tag der Clips. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 29. Januar 2013. Und was Sie teilen dürfen und was nicht.

4.43 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Latte macchiato, erste Morgenpfeife.
Um zehn Minuten nach Mitternacht ins Bett, um zehn Minuten nach halb fünf auf; bleibt man nicht nachts stundenlang hinterm Bildschirm hängen, kommt man morgens auch pünktlich heraus. So einfach kann das Leben sein. Viereinhalb Stunden Schlages reichen, doch von drei Uhr aus gerechnet, ist es dann halb acht.
Bis halb elf gestern noch Töne geschnitten, die desselben Abends, weil ich noch zur letzten Sprechen geradelt war, die mir direkt vor der Aufnahme wegerkrankt war. Dazu trage ich >>>> dort gleich noch nach, bevor ich mich an die nun nächste Arbeit machen werde, unterbrochen mittags von einem Gespräch mit der Klassenlehrerin meines Jungen, zu dem auch seine Mama kommen wird. Das Ende der Probezeit an der Waldorfschule; mal sehen, wie die Voten ausgefallen sind. Mit einigen Fachlehrern sprachen wir ja am vergangenen Sonnabend, aber eben nicht mit allen; von den Fachkräften der harten Fächer war Beruhigendes gekommen, in den weichen aber wird schon mal mit Lehm geworfen, und hinter sieht das Zimmer wie Sau aus; sowas freut die weichen nicht.
Abends schließlich Oper, Werkstatt, >>>> Ullmanns Kaiser von Atlantis, und nachts noch ans Terrarium hinüber, weil mein Junior Geburtstag morgen hat. Wie ich mich der Nacht erinnere, der von heute abend, von vor dreizehn Jahren, bis morgen früh um 6.55 Uhr; da, in diesem Moment, hatte ich die Nabelschnur durchschnitten, die fleischig dick und neonblau gewesen ist.

Zum nunmehr dritten Produktionstag schreibe ich später. Es geht heute, nehme ich an, allein um die Herstellung der zu montierenden Clips. Da es enorm viele sind, so das Typoskript, kommt es mehr als sonst auf ihre exakte Auszeichnung an. Ich bin froh, daß >>>> die Stax wieder da sind, vor allem jetzt zur Früharbeit; ich mag die Nachbarn nicht stören.

Post vom Finanzamt kam; Frist zur Abgabe der Steuererklärung: 13. Februar. Das ist definitiv nicht zu schaffen, weil ich unmittelbar nach der Fertigstellung des Gerichtsvollzieher-Hörstücks nach Neapel fliegen werde, wegen, auch, Tonaufnahmen für das schon wieder nächste Hörstück. Also habe ich zurückgeschrieben und um Fristverlängerung auf den 13.3. gebeten. Ein w i e d er anderes Hörstück, nämlich zu Stromboli, das ich seit nunmehr sechs Jahren im Kopf (und tief im Herzen) habe, das mir bislang aber niemand abnehmen wollte, werde ich wohl auf ganz eigenes Risiko produzieren müssen und, entschied ich mich schon, produzieren. Dafür hätte ich gerne Gerald Schaale als Sprecher; ich hab’s ihm schon erzählt, und er will. Ich brauche aber ein Sprecherstudio dafür und würde am liebsten auch hier im ARD Hauptstadtstudio arbeiten. Das muß ich irgendwie hindeichseln. Ich bin mir sicher, daß man mir das Stück, wenn die Leute es erst einmal hören, geradezu unmittelbar abkaufen wird.

Guten Morgen.

Ah ja, eine riesige Erleichterung überkam mich gestern nacht kurz vorm Schlafengehen. Ich hatte nämlich den ganzen Tag über bereits im Dienstag gelebt, das heißt, von jetzt aus betrachtet, im Heute. Das war aber erst, begriff ich da, ein morgen. Vielleicht, daß der innen gefühlte Zeitversatz dadurch zustandegekommen, daß ich an einem Sonntag im Studio gewesen war. Jedenfalls geriet ich abends leicht in Panik wegen des Abgabetermins, was um so absurder ist, als ich einen wirklichen Termin gar nicht habe, sondern „nur“ vor Neapel fertigsein will, damit ich unbelastet, mit dem Gefühl von Arbeitsfreiheit, dort hinfliegen kann, wobei auch dieses Gefühl Scheinbarkeit hat, weil die Erzählung für den >>>> Literaturquickie drängt und auch die Verse von Argo noch revidiert werden müssen, bevor Delf Schmidt und ich uns übers Lektorat setzen; er dürfte mit der Lektüre schon einiges voran sein. Dennoch: Mir fehle ein Tag, dachte ich, und plötzlich, ich legte mich gerade hin, das Oberlicht weit offen, die Decke hoch bis unters Kinn über meiner dem Träumen zugeblößten Nacktheit (bekleidet schlafen konnte ich nie, oder nur ungut, oder wenn ich krank war), und da begriff ich. Oh, gar kein Druck. Ich schlief quasi stehenden Fußes ein.
6.55 Uhr:
So, >>>> dort schon mal zu „Dritter Produktionstag“. Dort werde ich heute wohl das meiste schreiben. (Hab heute mal wieder Lagerfelds Klassisches auf dem Puls; bisweilen ist mir danach. Nach dem Duschen kehr ich zu meinem Patou pour homme zurück; das „meinen“ will ich unterstrichen wissen. Für dieses gibt es alleine mich; den Lagerfeld dürfen Sie teilen.)

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