Arbeitsjournal. Sonntag, der 23. September 2012. Hastend.

10.44 Uhr:
[Arbeitswohnung. Bacewicz, Klavierwerk.]
Schwer verschlafen, auch erst um fast drei ins Bett, weil mich der Trieb durchs Netz trieb, zweidreimal zuschlug, und meine Disziplin zerspritzte. Kam einfach nicht los, dann erst um neun hoch. Langen Brief eben, dringlichkeitshalber, geschrieben, mußte ich – weil nachts ein langer Vorbrief dazu kam – tun, noch bevor ich jetzt den nächsten >>>> Giacomo Joyce übersetze und einstelle. Und dann – ob ich heute an Argo komme, ist zweifelhaft – muß ich den Artikel für den Palmbaum schreiben, der morgen vormittag abzugeben ist. Das wird mich über den ganzen Tag beschäftigen. Dabei hatte ich gestern nacht eine Art Angstanfall Argos wegen: weil die Korrekturarbeit sogar der Übertragungen viel langsamer vorangeht, als ich wollte. In sechs Wochen soll das Lektorat beginnen… und ich wollte dafür unbedingt vorher, sowie alle Korrekturen zur Dritten Fassung verarbeitet, zu ihr verknetet worden sind, noch einmal Thetis ganz und ganz Buenos Aires lesen, bevor ich an die letzte Überarbeitung gehe. Wie das alles in der kurzen Zeit zu schaffen ist, ist mir ein Rätsel. Die Buchmesse liegt noch dazwischen, und es soll auch noch das nächste Hörstück kommen, im November zu produzieren, das doch das nötige Geld bringt; aber ich werde es verschieben müssen auf den Januar, fürchte ich; ansonsten wird Argos Erscheinen im Herbst nächsten Jahres deutlich gefährdet. An die Neue Fröhliche Wissenschaft denk ich schon gar nicht mehr, in diesen Tagen.

Wenn ich Diszplin verliere, dusche ich nicht mal und krieg einen Bart. Gleichzeitig schaumbest mir das Testosteron. Und das Bettzeug meines nun wieder gesunden Jungen liegt noch auf dem Lager, das wie jenes wegzuräumen wäre; iund jenes müßte dringend in den Waschsalon, wozu aber eben keine Zeit ist.
Ich trag jetzt schon seit vier Tagen dieselben Klamotten: Zeichen dafür, daß ich mich – und das heißt immer: meine Arbeit – nicht im Griff habe. Erfülle ich meine eigenen Arbeitsvorgaben nicht, hab ich Verwahrlosungstendenzen. Ist mir schon ein paarmal aufgefallen.

Kopf runter jetzt und den Artikel durchgeschrieben.

12.10 Uhr:
Der zweite Latte macchiato, jetzt erst. Mittagsschlaf muß ausfallen.
Ich könnte freilich dem >>>> Palmbaum auch absagen, aber ich erlebe sowas immer als eine Kapitulation, was mir alles andere als guttut. Besser, ich „überarbeite“ mich; Energie schafft Energie. Parallel das gemeinsam mit der Frankfurter Buchmesse und AUDI getragene StoryDrive-Projekt von >>>> Newthinking.de, von dem ich Ihnen später erzählen, das ich dann auch annoncieren werde. Meine Vorbereitung dafür muß ich aber bis heute nacht, bzw. morgen früh erst einmal zurückstellen.
Gerade überlegt sich ganz vieles simultan in mir. Herr >>>> Peter Hauff, der irgend ein Problem mit mir hat, das aber ganz das seine ist, rät mir >>>> auf meiner Facebook-Site zum Berufswechsel, ohne aber mit angemessenen Vorschlägen aufzuwarten, woh i n ich denn wechseln solle. Wahrscheinlich hat er selbst keine Idee, wahrscheinlich sowieso Ideen nicht.

14.35 Uhr:
[Überlaut: Bellini, Il Pirata.]
So, hab mal durchgegriffen und geduscht, mich zu rasieren allerdings, arbeitshalber, auf das nächste erotische Rendezvous verschoben; Frauen nähere ich mich ungern bärtig, weil Bärte immer distanzieren: sie halten sich andere Haut vom Leib, w o l l n also nicht verschmelzen. So empfinde ich das. Ich will momentan nur arbeiten, also ist das in Ordnung.
Mit leichtem Seufzen den hellen Leinenanzug für die Reinigung im Wissen beiseitegelegt, daß ich ihn in diesem Jahr wohl zum letzten Mal getragen habe. Die zwei anderen hellen Anzüge hängen aber noch draußen; hab ich sie getragen, werden sie dem ersten nachfolgen. Auf den nächsten Sommer, Freunde! Doch hell bin ich geblieben: weiße Hose, elfenbeinfarbner Kaschmir-Pullover mit Rollkragen, darüber die Schafsfellweste, die mich nun erst recht wie D.H.Lawrence aussehen läßt.

Ich konnte die kurze Duschpause einschieben, weil ich den >>>> Ansatz für den Palmbaum-Text jetzt habe und eigentlich nur noch bis zum Abend weiterschreiben muß, dann ein Ende finden, noch einmal ganz drüber, strukturieren, liegen lassen bis morgen zur Früharbeit, dann die Endfassung. Derweilen ist mein Giacomo noch nur in Skizzen übersetzt. Sowie ich ein erstes Ende des Palmbaum-Artikels habe, mach ich mich d aran. Parallalies Übersetzung, eine schöne, find ich, >>>> steht schon drin. Ich aber, anders als er, will Telefon mit „f“ schreiben, um meine modernisierende Bewegung auch in einzelnen Wörtern anzuzeigen.

Als mir eben auffiel, daß ich heute überhaupt noch nichts gegessen habe, hab ich mir ein Riesenglas Banenenmilch zubereitet, ohne zusätzlichen Zucker selbstverständlich, aber mit dem Saft einer halben Zitrone. Ich summgröle hier, merke ich, laut den Bellini mit. Solch ein Melodienfinder! Als Bühnenwerk, freilich, sind seine Opern eher mäßig; jedenfalls habe ich noch nie eine Inszenierung gesehen, die mich nicht hätte zwischendurch mal einschlafen lassen. Wär mal was für – oh ja! – >>>> Bieito.
Weitermachen. Ich will auch noch an Argo, wenigstens für eine Seite.

18.03 Uhr:
[Hindemith, Sinfonie „Die Harmonie der Welt“.]
Göttinseidank, die erste Fassung der Palmbaum-Polemik ist fertig. Jetzt laß ich den Text bis morgen zur Früharbeit liegen oder lese heute spät noch mal drüber, direkt vorm Schlafengehen. Jedenfalls muß das Ding etwas abhängen.

Parallalie schrieb soeben, er werde den morgigen >>>> Giacomo Joyce nicht rechzeitig schaffen und schlage deshalb vor, daß ich meine Übersetzung >>>> des heutigen Textes erst morgen einstellte und wie dann „normal“ wieder am Dienstag weitermachten. Das kommt mir üeraus entgegen, weil ich dann jetzt wieder an Argo gehen kann. Und mein Junge sollte gleich fürs Cello hiersein. In jedem Fall wird es auch ein Arbeitsabend sein. Vielleicht bis 22 Uhr, dann werde ich wohl schließen für den Tag.

Ah, da kommt mein Junge ja…

Und >>>> dort hat sich tatsächlich bereits eine kleine Diskussion meiner Polemik entwickelt.

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