Das Arbeits- und Trainerjournal des Dienstags, dem 13. Dezember 2011. Frankfurtmain.

10.18 Uhr:
[Am Dom.]
Was einem so einfällt, wenn man im Trainertraining vor sich hinkritzelt: >>>> daraus könnte eine hübsche Reihe werden, Artmanns sozusagen schwarze Tinte im Blütchen. Das heißt aber nicht, daß es hier nicht rasend interessant wäre. Aber ich bin übermüpfig, soeben. Pause is‘, doch nur eine kurze.
Heute früh fand ich in der Mail die Fahnen des Jungenromans I. Da muß ich später unbedingt ran. Erst erschrak ich zwar, aber dann dachte ich: Vielleicht ganz gut, nämlich, um in den Jungenroman II endlich hineinzukommen.

Spannend, mir vorzustellen, wie die Themen und Genres der verschiedenen Seminare ineinangreifern könnten und das oft auch tun. Wir saßen dann gestern alle noch lange zusammen, die Stiftung lud zu Garibaldi ein.
Ein kleines Selbst- und Fremdbildseminar, vorher, war gewesen. Spannend, wie sich deren, die ich anrief, Aussagen deckten. Schwäche, von allen ob nun Reizbarkeit oder „daß du so schnell immer sauer wirst“ genannt: Cholerik. Stärke, ebenfalls von allen genannt: Verläßlichkeit. लक्ष्मी nannte als weitere meiner drei Schwächen: Frauen. Da habe ich kurz schlucken müssen. Die Löwin, ebenfalls am Telefon, nannte als Stärke: Leidenschaft. Ich aber selbst, im Selbstbild-Durchgang, hatte als Leidenschaften aufgeschrieben: Frauen, Musik, Literatur. Schon erstaunlich. Alle anderen Trainer nannten irgend eine pädagogische Lust. Nur ich nicht. Genußsucht hat लक्ष्मी noch unter meine Schwächen gereiht – und mein Junge: „daß du rauchst“.

Weitermachen. (Unter „Stärken“ kam ebenfalls von allen dreien: Ausdauer/Zähigkeit. Sowohl „Humor“ aber, womit ich g a r nicht gerechnet hatte, und „Neugier“ wurden nur einmal genannt).

11.15 Uhr
(P.S.:) Es wird wirklich Zeit, daß ich den Aufsatz endlich schreibe zur Polyamorie – und zwar über sie eben nicht als Libertinage, sondern als Schicksal, als – Verfallenheit… und nämlich als eine solche, weil ständig im Konflikt nicht nur mit der Moral der nachbürgerlichen Gesellschaft, sondern vor allem mit der eigenen inneren Kindersehnsucht nach Ganzheit, die ganz gleichzeitig tief und unbedingt lieben kann. Polyamorie als Konzept ist ohne besonderen Schmerz nur zu leben, wenn alle Beteiligten es tun, vor allem aber die/der Eine genau so, ohne daß doch das Eine durchgestrichen würde. Es geht gerade nicht um Lockerheit, sondern um Ernst. Für polyamore Menschen ist sie zugleich aber nicht n i c h t zu leben. So wird derzeit irgend jemandem immer ein Bein abgeschnitten oder eine Hand oder ein Ohr. Auch das gehört in den Nexus, den ich „die tragische Verfaßtheit von Welt“ nenne. Sie ist, unbedingt, an Erinnerung, also an das Bewußtsein von Zeit, geknüpft. Genau deshalb verdrängen wir ja oft.

[Polyamorie.]

– Scheiße: konzentrier dich, Herbst!

10 thoughts on “Das Arbeits- und Trainerjournal des Dienstags, dem 13. Dezember 2011. Frankfurtmain.

  1. starke schwächen, schwache stärken und wie ist es mit EITELKEIT? starke schwäche oder schwache stärke eines dichters?
    fragt fröhlich selbsterkennend kollegial zu ANH herüber: ögyr

    1. @oegyr. Eitelkeit wurde nicht genannt, wiewohl sie absolut sicher vorhanden. Allerdings ist mein Verhältnis zu ihr ein ironisches. Ich habe sie ganz ohne Zweifel, aber finde sie oft komisch. Das desinfiziert.

      (Sorry. Die gucken schon. Ich soll mich konzentrieren.)

  2. Schwäche: nicht für sich spielen können;-), immer alles herzeigen müssen. Stärke: immer ansprechbar und das vielleicht von zu vielen. Nun ja, eine Stärke, die viele gern leicht abtun, weil sie wenig sexy klingt, ist tatsächlich: Verläßlichkeit. Als Vater und Partner unverzichtbar, würde ich meinen. Aber stark und schwach sind Werte immer in Bezug auf. Schätze ich an einem Künstler seine Kompromisslosigkeit in der Kunst, geht mir diese vermutlich bei ihm, habe ich ihn zum Freund, schwer auf den Wecker. Kann man sich aber vermutlich nicht immer aussuchen. Hinter der Verlässlichkeit verbirgt sich etwas sehr wichtiges für ein menschliches Miteinander: Wertschätzung. Und zwar solche, die kein Lippenbekenntnis bleibt und bereit ist, etwas zu tun, einen Aufwand zu betreiben. Sich um jemanden bemühen, sich für jemanden einsetzen, wenn man meine bescheidene Meinung hören will dazu, das ist der Grund, warum viele Beziehungen scheitern, dann schiebt man es darauf, dass man sich denkt, na ja, wenn ich den oder die genug geliebt hätte, hätte ich mich ja schon bemüht, stimmt aber nicht.

  3. Polyamorie, was für ein kompliziertes Wort für “offene Beziehung”. Ich musste es erst nachschlagen. Ist das eine Schwäche oder eine Stärke, oder einfach nur eine Entscheidung wie man leben will, wertfrei?
    Zu Diadorim: Beziehungen scheitern, weil man vom anderen verlangt, was man sich selbst nicht geben kann. Das ist unfair und kann außerdem von vornherein nicht funktionieren.

    1. Ja logisch verlangt man von anderen, was man sich selbst nicht geben kann, was denn sonst, häh?
      Ich kann mich wohl schecht selber auf den Mund küssen.

    2. Ich weiß nie so recht, ob man auf derart dumme Antworten, in denen auch noch ein häh vorkommt antworten soll. Ich glaube, man sollte besser nicht. Vermutlich möchte jemand, der derartige Fragen, die eher Beleidigungen als Fragen sein sollen, gar keine Antworten.
      Gemeint habe ich etwas anderes, auch wenn Sie das nicht interessieren sollte, habe ich gerade Lust es niederzuschreiben. Man verlangt z.B. Freiheit, wo man selbst eifersüchtig und besitzergreifend ist, man verlangt nach Nähe, wo man selbst nichts und niemanden an sich heranlassen kann. Also ein wenig komplexer, als auf rein anatomische Unmöglichkeiten begrenzt.
      mfG

    3. Ja, und was ist daran schlecht, dass man etwas verlangt, was man sich selbst nicht geben kann, darum macht mans ja wohl. Beziehungen basieren auf Balancen, oder, besser, stellen sie gemeinsam her, und die meisten steigen eben einfach zu früh aus, und kommen dann bei der nächsten an ein ähnliches Dilemma und steigen wieder aus usw usf.
      Die Idee, man könne nur wen lieben, der mit sich im reinen sei (furchtbare Redewendung) und sich selbst letztlich genug, die halte ich für derart kurios und wenig lebendig, dass ich drüber eigentlich auch nicht reden mag, aber gut, es mal versucht zu haben.

    4. Vermutlich handelt es sich bei unserer Auseinandersetzung in erster Linie um ein Missverständnis. Was mir fehlt, ist die von Ihnen genannte “Wertschätzung”.
      Lassen Sie mich also nur noch klarstellen, dass es mir nicht um die Voraussetzungen ging, die man mitbringt, sondern eher um die Erwartungen und darum, wie man damit umgeht, wenn sie enttäuscht werden.
      Und damit möchte ich diese “kuriose” Aneinandervorbeirederei auch gerne beenden.

    5. Ich glaube, das habe ich wohl verstanden, es ist nur so, dass mich das irgendwie furchtbar allergisch macht, dieses angenommene Gegenseitigkeitsprinzip: “Man verlangt z.B. Freiheit, wo man selbst eifersüchtig und besitzergreifend ist, man verlangt nach Nähe, wo man selbst nichts und niemanden an sich heranlassen kann.” Weil ich immer denke, so kanns ja irgendwie auch nicht gehen, das dünkt mir immer nach einer erweiterten und psychologischen Form der Retourkutsche, und funktioniert ein bisschen wie Henne und Ei, man weiß dann ja auch gar nicht, wo das Ding anfassen, wie es angehen. Es gibt ja auch eine Art arbeitsteiliges Prinzip, worauf viele Beziehungen beruhen, beide müssen nicht immer alles können und vor allem auch nicht alles gleich machen und angehen, erst recht nicht emotional. Das, was auf Gegenseitigkeit beruhen muss, ist die Zustimmung füreinander, wie die sich zeigt, darf jeder durchaus auf seine Weise angehen, es sollte nur halt was davon ankommen, und wenn es heisst, ich hab dein Rad repariert, statt einer tief ausgeloteten psychologischen Analyse und empathisches Einblick nehmen, manchmal reicht auch einfach eine Höflichkeitsform, nur nichts ist eindeutig zu wenig, Nichts ist die einzige Form, die eben auch nichts weiter bedeutet als eben dieses.

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