SAMHAIN. (Fünfter Versuch vom 5. November 2006).

nachts:

Besäße ich Glauben, eine Kerze
stellte ich in die Terrassentür.
Sie leuchtete euch durch die Schwärze
und durch die Scheibe mir.


frühmorgens:

Nun habt ihr eine leere Nacht
in meinem Horchen zugebracht.

[Geschrieben in der Villa Concordia Bamberg.
Erster Versuch <<<<.
Die letzte Fassung erschien 2008 >>>> d a rin.]


18 thoughts on “SAMHAIN. (Fünfter Versuch vom 5. November 2006).

    1. leuchte ich durch deine tür dir durch dann
      dann ich bin immer bdeine törn lady
      die dir den törn ausgibt du kleine lady

  1. Nacht ohne Engel, ihr Gedicht mir gefallen Wäre ich eine Schwinge im Glauben
    den niemand zu besitzen vermag
    ein Innen und Außen
    die Terrassentür nur ein Glas

    Schwärze sie leuchtet
    durch alle Scheiben
    fremd funkelt ein Stern

    die Leere der Nacht
    hohlt die Tiefe

    im Warten zu sein
    im Horchen

    welch eine Nähe

    1. Danke für Hinweis und Tip Dionysius der Areopagite, Dante, Hugo Ball…in der Ordnung der Engel zu sein welch himmliche Kybernetik widerspiegelnd rotierend Ordnung der Höllen auch

      Ein Haar in den
      Klauen einer Löwin
      die sich rächt
      und wen spreizt
      spannt sich ein
      Unsagbares
      in feinste Häute
      in Worte hinein
      tanzen aufgeschreckt Silben
      schreien Vokale
      aus einem Gully heraus
      quiekt es
      skandiert Hölderlin
      zwischen den Gittern
      arkadische Helle
      fällt der Mond
      aus der Nacht
      in ein ortloses Netz
      nichts fügt sich
      unverschattet
      Gras, Seele und Fleisch
      der schwarze Strahl einer Sonne
      aus Hirn, Trieb und Haar
      bündelt frühes Erschrecken
      zur flammenden Kehre
      da schwimmt er neben dem Boot
      im Naß der Worte
      ohne unterzugehen
      er ist die Stirn
      gegen die Flut
      wenn die Schatten getilgt
      ankert die Sonne
      nackt unter Haut
      blinkt ein Messer
      Präzision ist die Schärfe
      der Schnitt tief
      in die Kehle geätzt

      Gruß Friedrich G. P aff

  2. lyrik Sie regen mich hier zum Schreiben an Herr Herbst, und da ich jenseits von Befürworter und Gegner bin, weiß ich gar nicht, ob das hier in ihr Textgefilde paßt und erwünscht ?

    Lyrik ist Atem
    sonst nichts
    durch tausend Masken hindurch
    nicht zu ersticken
    drosselt sich alles
    auszumerzen
    den Stachel der zückt
    gegen die Glätte
    die alles verschlingt
    Lyrik ist Atem
    wo weder aus noch ein
    anzuhalten verharren
    selbst noch im Schweigen
    bricht aus der Enge
    flammend die Spitze
    kalt glühend
    Dorn der du bist

    1. @Friedrich G.Pfaff. Sie reagieren; das tut eine/r jede/r auf ihre/seine Weise. Längere Texte als Kommentare sind allenfalls dann problematisch, wenn Diskussionen geführt werden, etwa >>>> dort. Da muß ein wenig auf Stringenz geachtet werden. Löschen aber tu ich eigentlich nur dann, wenn gegen Personen Häme und dergleichen ins Spiel kommt. Wenn Sie sich hier weiter umtun sollten, werden Sie viele solche Auseinandersetzungen finden, bei denen sich ein Durchgreifen leider nicht verhindern läßt. Früher habe ich alles stehen lassen, prinzipiell, habe auch darüber geschrieben, aber mir mit meiner Haltung einige mir wichtige Leser:innen verscherzt. Außerdem setzen auch mir solche Attacken durchaus zu. Ansonsten aber lasse ich den Spiel- und Gedankenraum so weit offen, für alle, wie nur möglich.

    2. o weia nein „Mal normal.“ Was heißt normal ? Bezog sich das auf meine Antwort von eben ? Ich kenn mich nicht aus. Ich bin ein alter Mann.

      Herr Herbst kann das hier löschen, weil ich jetzt viel antworten will. Zuviel. Und das Löschen wäre ok. Es ist sein Block. Er der Wächter und Weber. Und die Fäden hat sowieso keiner in der Hand. Und sie auszurupfen lohnt sich auch nicht. O doch das ist ein schönes Spiel. Stundenlang in der Nähstube als Kind das gemacht im sogenannten Waisenhaus. Und die Läppchen und Fetzen bügeln, aber das ist ja schon Theorie.

      Ja die Nähmaschine verfolgt mich. Pfaff. Ich heiße aber Paff. Großes P kleines aff.

      Ein alter Mann stellt sich dem was Herbst schreibt. Ja Herbst paßt zu einem alten Mann. Die Jahreszeit, in der man sich fragt, war denn alles umsonst was du gelebt und erahnt ?

      Es war es nicht. Oder war es doch.

      Es war es. Ja, so ist es. So ist das es.

      Aber muß man es sagen, daß es so ist. Oder nicht ist.

      Ich mache Deutsch für Ausländer und liebe die Fehler mehr als die Korrektheiten. „Weil ein berumpter deutscher Staatsanwalt gemordet worden hatte “ Er istete…statt er war, und doch wie logisch.

      Altbacken ist Herbst nicht. Er beißt statt zu jammern. Aber auch das ist anstrengend.

      Er riecht schon den Moloch, aber verfällt er ihm ?

      durch die ichs zu gehen
      wie eine fremde Haut die Sprache
      in der nackt du doch bist
      zu gelangen an das
      was Schmerz nicht mehr kennt

      Seine Heidelberger Vorlesungen enden…tatsächlich….mit dem Wort „Seele “Punkt Schluß. u u e e e e . Und unsere Seele.

      Daß die Milch im All vereist ist und nicht fließt. Das ist Präsens der Perversion. Herrlich !

      Er hat viel gelesen. ich auch. Aber ich bin ein alter Mann. Ich habe viel vergessen. Nein. Noch nicht. Aber ein Schriftsteller muß viel lesen und viel vergessen können.

      Ich habe Angst vor den Zitatmaschinen. Strömungen statt Gegenströmung so auch der Name eines Mitveranstalters der Marburger virtuellen Orte. Man will immer am Ball sein, modern, am Puls der Zeit. Ja nun, Sog ist das in tausenderlei Strudeln. Die Worte gehen dann nicht unter, nicht auf den Grund.

      Ich komme vom Rhein. Eine alte Schiffersfamilie. Das Untergehen kenn ich gut.

      Das Auftauchen aber auch.

      Mein stummer Begleiter ist Charon. Der geizig um jeden Pfennig feilscht. Seine Ruderblätter im leeren Kahn sind mir Gedicht.

      Ich schreibe Zyklen über Steinzeit. Obwohl das Wort mich erschreckt, weil es den Zyklop in mir erwacht, dein einäugigen.
      Mond einsames Auge meines Vaters, blind weiß, Granatsplitter welcher Kriege …

      Steinzeit daraus :

      Steppentiere wir
      gebückt in der Jagd
      in Fellen fremder Tiere

      werde ganz was du jagst

      durch Verstellungen hindurch
      fängst du dich selbst

      dein Du das da ist
      nur der Blick des Moments
      ungetrennt

      Bogen und Pfeil
      Sehne und Tier
      alles du selbst

      im Felsloch
      ein Kratzer

      spricht Gott
      durch uns durch

      *

      Über die Schädel
      leckt die Zunge des Wilds

      wie Federn der Vögel
      Leben so leicht und dahin

      über Felsen schweben Geier
      Schreie der Elstern

      tief verborgen im Stein
      pocht uns der Atem

      des Unfaßbaren

      *

      Menschen der Spätzeit
      die sich verloren
      in Netzen aus Draht

      in Labyrinthen aus Maschen
      in sich steigernder Flut
      die alles einebnet

      in unserer Frühzeit
      spüren sie

      das Erwachen

      *

      In der Spitze des Grashalms
      tanzen die Wolken

      im Schädel des Esels
      bleicht die Dürre

      Seele was ist das

      das legt sich auf Nacht
      wie ein Mond

      *

      Der Mensch der Spätzeit
      ist nur die Wand
      die ihn umgibt

      die er sich gebaut
      tausendfach in seinem Hirn

      wir gehen durch die
      Wände hindurch

      traumtief durch Fels und Nacht
      die Sonne auf den Lippen

      sind wir der Strahl
      der sich uns schenkt

      *

      Wir waren nie
      der Tropfen
      der das Meer sein will

      und waren
      Ankunft doch
      und Welle

      *

      Die Menschen
      die sich
      der Dämonen entledigt

      blinder tanzen sie
      in ihren Fesseln

      *

      Das Wagnis
      ist

      das Heilige
      nicht zu verorten

      nicht zu verworten

      unfaßbar bleibt

      was da war Anfang

      Atem, Fleisch und Wort zugleich

      *

      In den künstlichen Paradiesen
      die sie sich geschaffen
      im Atom

      Sklaven der Dingwelt

      haucht das
      Feuer des Geistes

      nicht mehr das Leben
      zum Funken

      der in Freiheit geheiligt
      nur glüht

      *

      Nun ich bin ein alter Mann. Ein Dichter der Steinzeit. Und warte auf die nächste Steinzeit, daß ich gelesen werde. Die Postmoderne mir so fern.

      Wer kennt schon die Sexualität eines Steinzeitmenschen oder einer Löwin ? Herbst beschreibt sie in einer Bamberger Reiterelegie.

      Oder meint sie zu kennen. Doch ist das unsere Zeit. Pornographie unverklemmt stört nicht.

      Aber faßt sie, was Liebe ist, Geburt, wo du Vater und Mutter zugleich warst.

      Herbst ein Autor, viril Pan, Mai . . ., nein ist, wie schön sagt er, gelebt.

      Ich neige dem Winter zu. Weiß und grau. Habe Angst, auszurutschen in der Glätte auf dem Eis. Das ist real und meine Angst gegenüber der Postmodernen.

      Wie soll ein Gedicht aussehen ? Nackt. Schutzlos ist es eh.

      Mein Gedicht, das jeder ästhetischen Kritik stand hält, früh hab ich es gefunden :

      Bacharach
      wo sind deine Juden
      wo

      Mehr war nicht zu sagen 1983. Das war das Phantasma. Das Verdrängte.

      Mein Schreiben ist und bleibt für immer das Trauma Hadamar

      Hadamar
      der andern Nacht
      andernach abtransportierter Bruder
      vergast Verrückter
      normal Vergaster
      Nachtmaar
      Totenmaar

      oh ihr Normalen wißt
      Verrückte und Kinder
      vergessen nicht
      ohnmächtig schwach
      speien sie euch aus
      verschmähen eure Sprache

      Nestbeschmutzer war ich, Brunnenvergifter, doch jetzt nicht mehr, Zeiten wandeln sich, gegen die Leugner und Verdränger, doch die Bewältiger grauen mir auch. Unbewältigt bleibt es. Wie sollte es auch ?

      Literat. Nein. Nie wieder Hadamar. Das hat nichts mit Moral, oder gar Mitleid, das hat mit Wahrnehmung zu tun. Wahrnehmungen.

      Nur solch eine Kultur. Die nicht Opfer gegen Opfer ausspielt. Die in einer Katharsis sich transformiert. Ich habe sie nicht gefunden.

      Das Humane ist unverzichtbar, ein Wandlungsprozeß, keine Käseglocke.

      Tausende konnten sie vergasen, aber nicht die richtige Unterhose des dürftigen Nachlasses zurückschicken.

      Die Familie hätte ihn retten können. Auch das. Später erfahren.

      Ich wollte eine autonome Position am Rand. Aber das funktioniert nicht, man wird weggetreten oder ja…man tat auch das seine dazu.

      Soziale Arbeit schützt einen, menschlich und real zu bleiben. Für Romane keine Zeit. Gedicht im Zug ja.

      Ohne Verlag die besten Schriftsteller Osteuropas kennengelernt.

      Litauen. Poetischer Frühling. Dann der Westen, Goetheinstitut, Großverlage usw.

      Herbst hier könnte mich verleiten, mein Leben in Masken zu schreiben. In dieser Mißbrauchsgesellschaft scheue ich die Schlammschlacht. Und doch hat das Konkrete mehr Sprengkraft, ist gemeiner als alle Phantasie.

      Aber es geht nicht um Eitelkeiten und Namen. Die Popanze sind es nicht wert.

      Diese Marburger Veranstaltung. Drei Generationen Germanisten. Wie die Studenten, so auch jetzt die Autoren. Man zitiert sich gegenseitig. Faßt mit feinen Handschuhen sich an. Jeder kennt jeden. Ruf- und Marktwert. Ist unter sich. Avantgarde.

      Und die Freiheit des Worts ? Was erleben Bachelorstudentinnen ?

      Wo Räume propagiert werden, sind die erstickten und ausgegrenzten mir nah.

      Der Abgrund der Automaten, wie Celan es sah, keiner kann dem entfliehen. Aber das Unheimliche im Phantastischen ist nicht der Flipperautomat, die Beliebigkeit, die weder Tradition noch Moderne ist und die dem Zufall nichts ins Auge blickt, wenn die Kugel einen überrollt.

      Daß Herbst den Sterbeprozeß der Dichtung und Literatur wahrnimmt, ehrt ihn und reiht ihn ein in die Totengräber und Mumienwächter, die wir alle sind.

      Die Aufklärung droht zu scheitern. Das sind soziale Prozesse auch. Was ist noch glaubwürdig ? Und doch will jeder das Beste und leben doch viele gut gerade von, aus und in diesem Zustand. Das Nichtbeste bietet durchaus Bequemlichkeit, Sattheit und Vorteile.

      Konsum ist das Paradies der Mumien.

      Was sollen die Dichter streiten ? Sind nicht alle Marionetten des Marktes ? Sich das einzugestehen, wahrzunehmen

      und doch jedes gelungene Gedicht
      ist ein Durchschneiden des Fadens

      jedenfalls der Versuch…..und das ist schon viel

      Nicht in Reflexionen untergehen. Kristalle finden.

      Herbst ist eine Welt so fremd mir wie der eine Tag in Berlin.

      Das Gedicht…aus ganz anderen Gründen….lektoriert schon…erschien nie.

      Mit dem möcht ich schließen die erfundene Person hier, die sich auch noch Andreas Thorn nennt, um ja nicht gehänselt den Namen zu hören, im Ohr noch, langezogen…nicht korrekt sprechen zu können…..spricht es sich später wie ?…ach ach ach…..Sprache ist Rache….tief in die Kehle hinein…brich sie aus, kotze, kotze…sprich sie aus…spauze…

      Berlin
      23.6.2001

      In dieser umsandeten Stadt
      die Grasmücke
      auf dem diamantenen Zepter
      der Flügelhaut des Adlers
      Thronreste aus Bernstein geschnitzt

      Bilder des verlorenen Schloßes

      das Kurfürstenkäppi
      schwimmt auf der Spree

      Pflastersteine markieren
      den Mauerverlauf

      und der Tiergarten saugt auf
      all die Heinecken- und Caipirinhapisse

      des morgens schon
      spielen sie Schach oder noch

      diskutieren über die Texte von Qumran

      in dieser Stadt
      wo die Freiheitsglocke hängt
      im KDW
      aus lauter Schokolade
      Toleranz

      in Hugendubel fließt die Ohm
      über den Büchertisch

      im dark-Raum
      feiert multikulti sich

      am Ku-Damm die alten Berliner Damen
      sie sehen die Paraden
      trinken Sekt bei Kempinski
      und stoßen an auf jeden Nacktarsch
      nein, nein, nein

      zwei reiche Italienerinnen, Mutter und Tochter
      sammeln die Kondome von der Straße
      ihr vorpubertärer Junge ist behängt davon

      Christopher Street Day
      CDS marschiert mit offenem Schritt
      die Transvestiten schmücken sich
      mit den bunten Federbüschen des Schwarzadlerordens

      der Wagen der Kirche bescheiden dagegen
      hier hätte Thierse noch Platz

      diese Stadt ist ein Sockel
      steinern, bronzen, gläsern
      auf dem die Standbilder wechseln

      die PDS verteilt Kondome
      aus Gummi die Mauer der Lust

      Eisbein gibt es im Nikolaiviertel

      die Marburger Straße ist nuttig verrufen

      in der Landsberger Allee
      ein Chinese
      zwei Löwen am Fenster
      beäugen das Bestattungsinstitut

      am Bahnhof Zoo schneiden sie Handtaschen auf

      im Hotel Astron spukt das Gepäck
      verschwindet, kommt wieder
      je nach Polizeianruf

      die Politiker beschwören noch
      die neuen Freiheiten auf den
      Ketten von vorgestern

      Wahlkampf wird alles
      Goebels erscheint im
      Nudistenlook

      zwei Türken-gays
      bewundern die Pferdeärsche
      der berittenen Polizei
      und das ist gut so

      die langen Kerls voller Stolz
      mulattische Transvestiten
      küssen sich sans soussi

      die Paraden werden sexistischer
      Fleisch nur zählt, Jugend, Masse
      bestimmte cm Länge auch
      im betäubenden Techno-Gehacke Extasy
      fallen sie um wie die Fliegen
      die nur sich selber getanzt
      Schwanz, Eier, body und string
      sie sind weder hetero noch schwul
      Glassplitter nur des Konsums
      Gefangene im Spiegel des Ichs

      Narziß war schon immer ein Berliner Fatzke

      wie Schiffe zogen sie dahin
      mit der Regenbogenfahne als Segel
      über das graue Meer der Städte
      umrifft von den Fassaden des Potsdamer Platzes
      5 DM das Bier 15 DM der Sekt
      um Ufer zu finden in sich
      und Anker zu werfen in einem
      aus der Masse noch wachsendem Du

      Tagesabschnittspartner ach er hat den
      Sonnenuntergang schon in der Hand

      ach wie die Männer so affig
      in den Gesichtern der Lesben mehr Sorge,
      Reife und Blick

      doch auch hier jene Lesbe
      lederriemendurchstreift ihr nacktes Geschlecht
      rasiert zog durch die Stadt
      so zeigten sie früher die Beute
      die Sklavinnen gesättigten Friedens
      letzen nach Demütigung
      der Freiheit erniedrigt zu werden

      aber abseits
      Träne und Scham
      den Opfern der Nazis gedacht
      am Nollendorfplatz
      eine Inschrift
      ein Blumenstrauß davor

      ja man sieht Paare sich küssen,
      zärtlich umarmen, liebende Blicke
      Lesben wie Schwule
      die nie auf der Straße
      sonst sich geküßt

      im Karneval der Kulturen
      nur dürfen sie wagen
      einmal normal sich zu sein

      ach wie schön und vertraut ist
      die Zärtlichkeit langweiliger Paare

      in den Büschen da huschen die Hasen
      kanickeln einander que(e)r vorbei

      die kleine Kamikazekämpferin
      mit dem Kampftuch um den Schädel
      sie gefiel mir auch uniformiert
      sie war vorsexuell Energie nur

      eingehüllt wie bunte Frühlingsrollen
      die Thaimännermädchen ihr steifes Lächeln

      Tarzan mit bespanntem Netz
      flügelweit aus Tigerfellköpfen

      King Kong als Sado-Mascho an der Kette

      der Berliner Bär nackt
      nur die Bullletten verhüllt

      nach weißen Engelsflügeln gieren die Teufel

      den Teer der Straße zu ficken
      in dieser Stadt
      was gibt es mehr

      why don’t we do it in the road

      plötzlich tanzen sie Samba und Tango
      ja Hölle wie Engel kann sein
      kämpfen eng an den Himmel gepreßt

      alle Sexualität ist zugelassen, aber
      es gibt nur ein Bier zu trinken : Heinecken

      die Kultur schreitet total
      auf die Sponsoren zu

      die Hintermänner der Macht
      finanzieren die neuen Lüste
      kondomisieren sie auch

      Verantwortung zu tragen
      ist ein Kondom das uns schützt

      Extasen, Orgien und Rausch
      Luft durchschwängert von Nebelbomben
      es ist die Erde die uns braucht

      es ist dasselbe Gras
      das die Toten bedeckt
      und die Kinder spielen läßt

      es ist die Parade der Kinder
      die noch kämpfen mit Väter und Mütter

      doch manche haben abgeschabt sich
      Tanten, Onkel und Normen

      eintätowiert sich
      die Brandzeichen der Freiheit

      auf ihrer Haut eingeritzt
      die neuen Kultbilde und Götter

      doch inmitten Masken und Schleier
      gehen alle

      freieren Schritts
      in den Tiergarten hinein
      in das Paradies offener Nähe

      die Schwanzparade
      umzingelt die Siegessäule
      zwei Laubfrösche küssen sich

      bei Moltke wird gepißt

      schwul ist eine Sache des Körpers
      schwul gegen Rechts
      und der Gesinnung nicht oder doch
      in diesem Widerspruch marschiert
      rosa SA

      Keine Toleranz
      der Intoleranz

      und der Intolerante
      bist immer du
      der andere

      ausgestoßen aus dem goldenen Käfig des Füllhorns
      die Schatten, abseitig bleichen, unzeitigen

      Geld durchfließt die Stadt, streaming die Köpfe
      hochgepolt wird jeder zur neuen Mitte

      Zirkus ist alles, Tiergarten und Multiplexshow
      Berlin rollt der Globalisierung zu

      durchs Brandenburger-Tor schießen die Athleten der Zukunft
      die gläsernen Glückskugeln anabolischer Stärke

      farbenfroh der Konsum
      beliefert die Zungen mit Konfetti und Eis
      wirft Nebel und Technogehämmer

      eine Museumsinsel ist alles geworden
      die rockt und tanzt

      verschleiert Kreuzberg

      Sony die neue Mitte

      der Prenzlauer Berg brütet aus
      von Amerika beäugt
      im Treibhauslicht
      die neue Avantgarde

      ein Literaturfestival findet statt
      international versteht sich

      Gedichte sind eigentlich
      akademisiert mehr noch
      ohne Fleisch und Blut
      ausgespuckte Kirschkerne nur

      am Roten Rathaus hängen
      die Käfige der Wiedertäufer
      Gysi hüllt sich nackt
      in Regenbogenhaut

      am Roten Rathaus stehen
      die Wahlkampfzeiten bevor
      von der Regenbogenfahne
      die dort weht
      schleckt der Berliner Bär
      den Honig der Lust

      Checkpoint-Charlie Nostalgie oder noch immer
      ein Stich im Nadelkissen der Stadt

      unter gläserner Kuppel
      reichstagt sich alles

      der Bundespräsident residiert hier wieder
      Hauptstadt die schluckt Millionen von Toten

      und mahnt sie wieder ein
      Weltkriege, Kze

      die Lobbyisten des Erinnerns haben Konjunktur

      doch unwert, verstoßen, erniedrigt
      unscheinbar bei Seite getreten
      noch immer atmet und schlägt solch ein Puls

      und das Regierungsviertel dutzend hohe Kräne
      baggern sich zur Glashauptstadt

      die Berliner sie hüllen den Reichstag ein
      und lassen die Folien fallen

      der Berliner Bär steht schwanzüber Kopf
      Goldelse reitet auf ihm

      am Ende vom Christopher Street Day
      betrachtet der junge Koreaner
      sein Geschlecht
      wie eine Siegessäule im Tiergarten
      die daniederhängt

      Berlin aus dieser grauen Masse
      wächst nun ein Gesicht
      mit Führernase, Regenbogenohren
      Hakenzähnen

      Delius spanischer Christus
      friert in den Bombennächten
      zuckt bei den Hinrichtungen

      über Pickelhauben, Garde du Corps,
      Akademien wälzt sich die Stadt
      aus braunem und aus rotem Schutt
      zur farbgesättigten Mitte Europas

      die Weltzeituhr am Alexanderplatz
      rostet ein
      morgens der Funkturm im Nebel

      und in der Gedächtniskirche
      puzzelt Wilhelm eins oder zwei
      aus lauter Mosaiksteinchen sich
      seinen goldenen Paradehimmel

      während die frühen Kurfürsten
      tief bronzen schlafen
      im Kellergewölbe des Doms

      einer nur hat hier kein Grab gefunden
      der hier die Stadt zum Grab gemacht

      im Mausoleum schlägt nachts
      Königin Auguste die Bibel auf

      und Königin Louise betrachtet
      ihre eigene marmorne Schönheit

      jeder soll nach seiner
      eigenen Facon glücklich werden

      aber wer hat da noch
      eine eigene Facon

      stolziert jener Alte
      einsam zwischen seinen Windhunden
      deren Winseln noch religiös
      mehr als sein französischer Esprit

      doch in seinem Garten fängt Apollon nackt
      des abends mit bloßen Händen die Sonne noch auf

      in den U-Bahnschächten schleust die Mafia Ost und West
      das Tor zu Asien ist wieder weit und zur sibirischen Steppe

      Marlene Dietrich ist heimgekehrt, ein Platz
      nach ihr benamt, Kennedy erschossen
      flüstert noch immer, ich bin ein Berliner

      im netmeeting bekommt Zille seine Motive geliefert

      Milieu, ja was ist das, wo es
      doch keine Orginale mehr gibt

      nivelliert ist alles, reibungslos
      die Stadt ist mauerlos offen

      in Stalingrad gemalt die Madonna

      über dem Trümmermeer
      erhebt sich das Vergessen

      durch das Charlottenburger Tor fliegen die Raben

      die schwarzen Adler flogen lang schon weg

      nur im Zoo noch brüllen die Affen

      der Orang-Utan hält die Stadt
      in seiner Klaue
      wie eine Blutorangenapfelsine

    3. Lieber Herr Pfaff, das ist ein ganz toller Beitrag, vor allem dort, wo Sie “einfach” erzählend reflektieren. Auch mit den Gedichten, aber Sie tun zu viele auf einmal in Ihren Beitrag, S et z e n Sie sie, nach und nach, je eines allein für einen Tag, sonst fallen wir Leser Ihnen weg. Da ist so viel poetischer Druck, ich möchte das nicht löschen, weiß aber, daß viele aussteigen werden. Ich lasse sie hier stehen, selbstverständlich, ich lösche so etwas nicht, aber möchte Sie bitten… nein, bitte Sie, jedes davon noch einmal getrennt einzustellen, alleine für sich, damit nicht ihre Massierung sie erschlägt. Seien Sie, wenn ich das so sagen darf, fair zu Ihren Gedichten. Sie möchten atmen, jedes einzeln, unabhängig davon, ob ein jedes gelang.
      Wenn Sie das möchten, gebe ich Ihnen einen Contributor-Status, was bedeutet, daß Sie selbst Beiträge schreiben können, die nicht nur als Kommentar, sondern eigenständig erscheinen. Mailen Sie mir, ich erkläre dann das Procedere: fiktionaere at gmx de. Das soll Sie nicht nötigen, sondern nur ein Vorschlag sein.

    4. antwort ja interessiert…mailen Sie mir das procedere….ich orientier mich dann wie das ist mit eigenen Beiträgen…..morgen erst…jetzt noch vorbereiten….schön, daß Sie es nicht löschen…

      Nachtgruß F.G.P.

    5. ……… …………., Pfaff.
      ……………… …… …………. …………. …………. …… ……. ………… .
      …… …… ……… ………… ……………. ……………. ………….. ………..
      …………. …………. …………. …………… …………..

      Respekt!

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