Pina Carmirellis Die Kunst der Fuge von Bach. Arbeitsjournal. Freitag, der 4. März 2011. Sowie Cato Censurius zum Freiherrn Guttenberg. Nachmittags Roland Graeter und Vagn Holmboe.

5 Uhr:
[Arbeitswohnung. Bach, Die Kunst der Fuge (für Streichquartett).]
Dies ist die innigste und intensivste Aufnahme dieses Kompositionswunders, die ich besitze und aber auch jemals gehört habe. Wer immer sie für Streichquartett gesetzt hat, ob Pina Carmirelli, Maria Fülöp, Philiipp Naegele oder Philippe Muller, sie/er hat mich für mein Leben geprägt. Ich erstand diese tschechische Doppel-LP (Sastruphon) mit, schätze ich, fünfzehn/sechzehn; das Vinyl, von dem man damals noch nicht sprach, wenn man eine Schallplatte meinte, ist mithin vierzig Jahre alt und dennoch nahezu knacks- und sogar immer noch staubfrei, obwohl die Scheiben nur von einfachen Papierumschlägen geschützt werden. Ich hab eben mal im Netz geschaut, ob es sie noch am Markt gibt; gibt es nicht, bzw. für den, der Glück hat, schon: sie wird >>>> soeben bei ebay angeboten. Ich kann jeder, die dafür noch ein Abspielgerät besitzt, nur raten, sich die Doppel-LP zu besorgen; meinerseits will ich sie heute über den Tag auf den Laptop überspielen, um sie als Datei gesichert zu haben – wobei die Platte selbstverständlich einen ganz anderen Klang zu entwickeln vermag; aber vielleicht stößt ihr ja doch einmal etwas zu.
Gegen eins bin ich ins Bett und um zehn nach halb fünf Uhr aufgestanden. Latte macchiato, Morgenpfeife. Da mein Junge heute bei seiner Mama essen möchte, kann ich den Tag frei einteilen und werde deshalb gegen zwölf zum Training radeln, um danach dann gleich, ohne zu essen, meine Stunde Mittagsschlaf zu begehen, damit ich >>>> für meine Lesung heute abend ausgeruht bin. Vor dem Training beantworte ich Ralf Diesels Fragekatalog weiter; das ist wirklich viel Arbeit und bedarf einiges Nachdenkens. Wenn ich damit fertig bin, will ich an die Überarbeitung der >>>> Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens für das Buch im Herbst. Nur zwischendurch will ich früh genug, nämlich um sowas kurz nach halb acht, im Bürgeramt sein, um meine neuen Ausweise abzuholen, ohne dort wie gestern Menschenhaufen vor mir zu haben; dennoch werde ich Ilse Braatz’ Roman mitnehmen, dann kann mich eine etwa doch auf mich zukommende Wartezeit nicht schrecken.
Wir wollen (die >>>> Kulturmaschinen und ich) die Lesung mitschneiden; danach werde ich die Aufnahme ein wenig bearbeiten; schließlich soll sie auf der Website der Kulturmaschinen kostenpflichtig zur Verfügung stehen. Wir denken an einen Betrag von fünf Euro. Es ist jetzt so oft danach gefragt worden, ob ich auch Hörbücher hätte, daß mal versucht werden sollte, ob’s übers Netz Zugriffe gibt; für die werde ich einen zusätzlichen Teaser herstellen, der auch hier in Der Dschungel kostenfrei angehört werden kann und mit einem Link auf den Verlag versehen ist.
Mal schauen, wie viele oder wenig Leute heute abend kommen; je voller es wird, desto intensiver komme ich, meine Erfahrung nach, beim Vortrag in Fahrt; die seelische Dynamik ist in gefüllten Räumen eine andere als in leeren (weshalb Studioaufnahmen, genau wie in der Musik, immer ein wenig seelenloser als live-Aufnahmen sind, auch wenn die technische Perfektion das wettmacht).

6.17 Uhr:
>>>> Ceterum censeo Peterhaeberlem esse delendam.

16.52 Uhr:
[Roland Graeter, >>>> Improvisationen für Violoncello und Stimme.]
Immer noch nicht mit Diesels Fragekatalog fertig geworden; allerdings zwischendurch beim Training gewesen, heute Kraft plus zweieinhalb Saunagänge, hinter denen ich meinen Mittagsschlaf
quasi im Studio „absolvierte”. Jetzt eine schöne Korrespondenz mit einem >>>> Cellofreund in Der Dschungel. So daß ich wieder einmal >>>> Vagn Holmboe gehört habe, den ich ganz aus den Augen (also den Ohren) verlor.
Gegessen hab ich heute noch gar nichts; so schrumpft nun der Ansatz von Bauch, der in den vergangenen zweieinhalb Jahren versucht hat, bei mir anzuklopfen. In einer halben Stunde gibt’s selbstgeschnippelten Fruchtsalat mit Joghurt; das reicht dann für heute. Erstaunlich, welch klaren Kopf diese Art Nahrung in Kombination mit Sport macht; auch das Schlafbedürfnis geht zurück, weil wahrscheinlich der Sauerstoffgehalt im Blut ansteigt. Auch, daß ich derzeit nicht heize, stört kaum noch; aus dreien ist jetzt ein einziger Pullover geworden, den ich mir noch überziehen muß, wenn ich lange Zeit am Schreibtisch sitze.
Bevor ich mit den Fragen weitermache, stelle ich erst einmal die Bücher usw. für heute abend zusammen.
Den >>>> Graeter höre ich wirklich als Entdeckung; über den schriebe ich gerne; hab bei Büning/FAZ angefragt; sie will aber selbst erst mal hineinhören, was meine Achtung vor dieser Frau abermals erhöht. Hören auch Sie hinein, bitte. Er ist mit seinen Improvisationen sehr freigebig auf seiner Site; das verschafft einen vorzüglichen Eindruck. (Was erzählte mir vor ein paar Tagen >>>> Dr. No? – daß es in absehbarer Zeit gar keine Tonträger mehr geben werde, sondern Musik werde allein noch über das Internet distribuiert. Das hätten Leute von der GEMA gesagt. Ich glaube das auch, und für Literatur gilt sehr Ähnliches.)
Parallel Korrespondenzen.

8 thoughts on “Pina Carmirellis Die Kunst der Fuge von Bach. Arbeitsjournal. Freitag, der 4. März 2011. Sowie Cato Censurius zum Freiherrn Guttenberg. Nachmittags Roland Graeter und Vagn Holmboe.

  1. Plattenspieler Ich hab vor einiger Zeit bei Amazon einen Plattenspieler mit USB Ausgang gekauft. So kann ich nun alle Vinylplatten auf Festplatte speichern oder direkt auf DVD brennen. Reden wir von demselben Verfahren ?

    1. @Zazie. Nein. Meines ist komplizierter, erhält aber weitgehend den Klang – was am Schallplattenspieler liegt, über den ich >>>> soeben dem Cellofreund schrieb. Bei mir läuft der Klang aus der Schallplatte über den Verstärker analog in den Computer.
      Man muß sich aber klarsein darüber, daß man auch auf diese Weise einiges an Klangschönheit, die ein guter Schallplattenspieler vermitteln kann (vorausgesetzt, der Verstärker arbeitet High end, und die Boxen später ebenfalls – die nach wie vor das schwächste Glied einer solchen Kette sind; für Liebhaberei werden sie sehr schnell unangemessen teuer, aber Profis, die mit Musiken arbeiten, kommen auf keinen Fall herum; eine – aber nur vergleichsweise – preiswerte Alternative sind die Kopfhörer von Stax).

  2. Cato Censursius Erzählen Sie uns doch noch einmal die Geschichte von und mit Ihrem Cello. Und Ihrer Lobrede für den Herrn v. Guttenberg. Sehen wir Sie morgen auf der facebook-Demo? Bringen Sie Ihr Cello doch einfach mit!

    1. @Nadine zu Gutenbergs Cello. Ihre Bemerkung mit dem Cello ist unangemessen verletzend. Aber bitte. Ich habe zwei Jahre lang versucht, das Instrument zu erlernen; als ich anfing, war ich 52 oder 53 Jahre alt. Um ihm ein angemessener Partner zu werden, hätte ich mehr Zeit, nämlich alle meine Zeit, aufwenden müssen; dann wäre es auch geworden. Aber das konnte und kann ich nicht, weil ich zum einen einen Sohn zu versorgen habe und versorgen möchte und weil ich zum anderen die Zeit für meine Dichtungen brauche; ich habe ja sehr viel mehr projektives und auch ausführendes Vermögen als die meisten anderen Menschen: auch das >>>> verpflichtet. Aber Sie haben wiederum auch recht: Es wird immer meine innere Tragödie bleiben, daß ich kein Musiker werden durfte. Daß mir das nicht vergönnt war.

      Zu Guttenberg von “meine Lobrede” zu sprechen, ist ein wenig übertrieben; ich fand und finde nach wie vor seinen Anfgriff auf die Bundeswehr ein wichtiges politisches, nämlich europäisches Zeichen. Inwwieweit er es bewußt gesetzt hat, spielt für mich dabei eine nur untergeordnete Rolle. Der Sachkomplex aus Tatsachen und differierenden Einschätzungen wurde >>>> dort drunter diskutiert.

      Nein, auf der Facebook-Demonstration werden Sie mich ganz sicher n i c h t sehen, da sie sich meines Wissens nicht gegen >>>> Peter Häberle und seinen Mitkorrektor und auch nicht gegen die Beisitzer der Verteidigung richtet. Haben im übrigen S i e zu der Aufdeckung etwas beigetragen, ein wenig nur, wie >>>> die vielen wirklich Arbeitenden, die Guttenbergs Arbeit ausführlich untersucht und diese ohne jeden Zweifel politische Leistung der Schwarmintelligenz des Netzes erst möglich gemacht haben? Ich denke, nein. Sondern Sie möchten sich in der jubelnden Masse selbst feiern, weil es dem Volk halt gefällt, wenn es Blut sieht. Von dergleichen halte ich mich aus Gründen der deutschen Erfahrung achtsam distanziert.

  3. internet distribution Ja, das war ich. Aber das hat mir nicht die GEMA erzählt, sondern war die Quintessenz eines intensiven mittäglichen Gedankenaustausches mit dem Musikverleger Martin Propp von Scoop Music über die Zukunft von Musikvermarktung.
    Bela B. hat in der FAZ vom Samstag (u.a. zum Thema „Die Musikindustrie ist dem Untergang geweiht“) Ähnliches gesagt: „Wenn Musiker von Ihrer Musik nicht mehr leben können, dann wird es vielleicht viel mehr ehrlichere Musik geben, aber auch sehr viel weniger davon.“
    Und jedenfalls Letzteres befürchte ich ebenso für die Literatur. Aber das eröffnet eben auch Chancen für „DieKulturmaschinen“, für „Osburg Verlag“ und andere.
    Und für die Dichter bei Lesungen übrigens. Die Musikleute glauben ja, dass Geld praktisch nur noch bei Livekonzerten verdient werden wird. Wenn diese Parallele in der Literatur auch gelten wird, na dann sieht es vielleicht beim nächsten Cafe Burger-Event ganz anders aus.
    Beste Grüße
    NO

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