Nach Schloß Gurre ins Konzerthaus: Arbeitsjournal. Mittwoch, der 19. Mai 2010. Und abends wieder Lesung. Hoxchdruck.

6.58 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Towday is down. Ich merke es sofort, als ich mich einloggen wollte, seit kurz nach sechs Uhr bin ich wach. Latte macchiato & Pfeife. Ich lege Jacobsens Verse der >>>> Gurre-Erzählung mit ihren historischen, bzw. überlieferten Hintergründen zusammen; sowie Die Dschungel wieder zugänglich ist, werde ich den Text einstellen und in den kommenden zwei Wochen, die bis zum Beginn der eigentlichen Proben noch vergehen werden, nach und nach um mythische Interpretationen und vielleicht auch Spekulationen erweitern, die Sie erst einmal auf der Grundlage der Dichtung dem Schönbergs früher Komposition nahbringen sollen. Eigentlich möchte ich mir auch die Partitur daraufhin ansehen, welche bewußten und unbewußten Entsprechungen zu Geschehen und Characteren sich finden, bzw. deuten lassen.
Um halb neun muß ich zum Konzerthaus aufbrechen, um neun beginnt die nächste Vorprobe, heute für die tiefen Streicher tutti, ab 12.30 Uhr dann getrennt in Bratschen, Celli, Bässe, sowie parallel, dort wieder tutti, Harfe und Holz und Taste. Fuori pianga come dio lo manda; ich werde klitschnaß sein, wenn ich ankomme.

Abends um 20 Uhr trage ich abermals aus SELZERS SINGEN vor, nämlich >>>> dort im Literatursalon.

7.41 Uhr:
Ah gut! Twoday ist wieder am Netz…

Aber zum Abschluß von gestern: Ich las Hentschels >>>> „Mexikanische Roßkur” nachts noch zuende. Die 12,80 Euro lohnen sich, das Buch ist wie ein gut langer Kinobesuch. Allerdings hätte ihm ein sanftes Lektorat gutgetan, vor allem, weil Sexualbeschreibungen manchmal danebengehen und dann in ihrer kalauernden Macho-Coolness selbst ganz versteift sind: „Sie zog auch die Bluse aus und ließ Carl zwei im Gefängnis des Büstenhalters eingesperrte Brüste von hoher Qualität sehen.” Sowas geht wirklich g a r nicht, zumal wenn auf eine numerische Genauigkeit geachtet wird – daß es also, man staunt, z w e i Brüste seien -, deren Banalität Kobolz schlägt. Zudem steht ein ganzer Absatz. S. 57 und S. 87 in nahezu gleichem Wortlaut doppelt da. Das ist einfach nur Schlamperei. Andererseits gibt es Szenen in dem Buch, von denen ich überzeugt bin, daß sie mir bleiben: etwa die mit zugenähten Mäulern auf ihren Tod wartenden Leguane oder die kurze Beschreibung einer Schildkröten-, das läßt sich nicht anders sagen: Ernte.

Ich muß meine Sachen zusammenpacken. Und scheine Glück zu haben: Es hat zu gießen aufgehört (8.09 Uhr).

9.04 Uhr:
[Konzerthaus Berlin, Großer Saal.]
Bin viel zu früh hier, dachte: neun Uhr, es geht aber erst um halb zehn los. So habe ich Zeit, meine kleine Zusammenfassung zuendezuformulieren und kann sogar noch eine Zigarette rauchen. Einer aber übt schon vor sich hin.

14.52 Uhr:
Noch im Konzerthaus.]
>>>> „Ich selbst, und sei es nur für mich, setze nachher noch etwas zur Wilden Jagd hier hinzu.” Doch vorher will ich, wenn ich wieder in der Arbeitswohnung bin, eine Stunde schlafen – schon, um >>>> heute abend frisch zu sein. Mir ist auch noch etwas zur letzten Azred-Erzählung eingefallen, das ich den >>>> Kulturmaschinen dringend übermitteln muß.
Zusammenpacken.

17.07 Uhr:
[Arbeitswohnung. Schönberg, Erstes Streichquartett d-moll (Vinyl:LaSalle).]
Extrem schwer geschlafen, ich fand, als ich aufwachte, erst überhaupt nicht wieder her, war völlig verwirrt: welchen Tag haben wir? habe ich einen Termin gleich? vergaß ich etwas? dließ mich mich für noch weitere zehn Minuten zurücksinken; immerhin vermochte ich, den Wecker weiterzustellen. Diese andere frühe Schönbergmusik jetzt tut nicht wenig hinzu, den Zustand noch anhalten zu lassen, vielmehr, so denke ich, daß sie mich aber von drüben nach hier langsam hergleiten läßt. Cigarillo, Espresso, in Die Dschungel schauen. Email ist zu beantworten, dann gehöre ich unter die Dusche. Da ich indes vor >>>> der Lesung nachher (Bücher sind noch zusammenzustellen) auch noch bei meiner Familie vorbeischauen möchte, weiß ich nicht, ob bereits alles umzusetzen ist, was ich >>>> in meiner nunmehr dritten Gurre-Erzählung angekündigt habe; einiges davon werde ich auf die kommenden zwei Wochen, also auf n a c h der morgen zu schreibenden vierten Gurre-Erzählung schieben müssen: in die zwei Wochen, die bis zur Wiederaufnahme der Gurre-Proben vergehen werden. Wobei mir einfällt, daß ich für das Konzerthaus auch noch zweidrei Sätze über das Projekt schreiben und ein Foto hinüberschicken soll… ah! das ist alles e n g! Habe ich schon mal geschrieben, daß ich Hochleistungsberufe l i e b e? Allein deshalb schon fühle ich zu den Musikern solch eine Nähe…

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