Darin Vergil auftritt: Arbeitsjournal. Sonntag, der 11. April 2010: „Mich gibt es nicht!”

9.03 Uhr:
[Arbeitswohnung. Ligeti, Kammerkonzert.]
Ob ich wollte oder nicht, ich mußte heute früh wegen eines aberneuen, gegen mich gerichteten Weblogs, von dem mir der Profi erzählte, handeln; er schickte mir einen Cache-Link, von dem aus es leicht war, ein Übriges zu erfahren. In diesem unterdessen deaktivierten Weblog werde ich in sexuellem Zusammenhang, sagen wir einmal milde, dargestellt. Zwar gibt das meinen Gegner Futter, aber das stört mich, der ja bekanntermaßen Unhold ist, gar nicht so sehr; w a s mich stört, ist, wenn Dritte, die mit den Geschehen weder etwas zu tun haben noch sie beurteilen können, mit hineingezogen werden, z.B. namentlich >>>> Aléa Torik. Jede Eifersucht hat die Grenze der öffentlichen Hinterrede. Frau Torik hat zu mir einen auch persönlichen Kontakt, das ist wahr, aber alles, was über dieses Fakt hinaus suggeriert wird, ist insbesondere dann ungut, wenn eine junge Dichterin, die ihren Weg gerade zu gehen beginnt, in Zusammenhänge gestellt wird, die die ihren gar nicht sind; Frau Torik hat nicht die geringste Neigung in meine Amoral; wir haben vorgestern nacht bis halb drei Uhr hiergesessen und zweieinhalb meiner Hörstücke angehört; das hatte einen beruflichen Grund. Alles darüber Hinausgehende ist pure Projektion.
Ich mußte handeln. Und habe das vermittels eines deutlichen, nach aller Möglichkeit kurzen Briefes soeben getan – bevor ich mich jetzt dem Stilett meiner >>>> FREITAGspolemik wieder zuwenden werde. Sie soll heute abend fertigsein, damit ich mich auf dem Landsitz um die Geparden kümmern kann, ohne daß mir was im Nacken sitzt, das mit den Katzen nichts zu tun hat. Ich habe auch mit Vergil gesprochen, der mich, ich faßte es erst nicht, vorgestern abend völlig unerwartet ansprach, als ich auf dem Weg vom Terrarium zur Arbeitswohnung auf ein schnelles Bier ins Soupanova eingekehrt war. Aléa Toriks wegen hatte ich nicht viel Zeit, obwohl mir der erste Satz, den er zu mir sagte, momentan den Boden unter den Füßen versumpfte: „Ich habe auf Sie gewartet.” Die Begegnung zu schildern, habe ich wegen des FREITAGs jetzt keine Zeit, ich scheue es allerdings sowieso. Sie hatte etwas von einer mythischen Begegnung, ja Erscheinung. So etwas widerfährt mir mit Männern sonst nicht. Wahrscheinlich geht es nicht anders, als darüber eine Geschichte zu schreiben. Ich weiß auch gar nicht, weshalb ich ihn jetzt Αναδυομένηs wegen angerufen habe. Ja. Er hat mir seine Mobilnummer gegeben. Ich habe ihn früher schon einmal gesehen, weiß aber nicht mehr, wann und wo; dennoch spüre ich, daß es sehr lange zurückliegt. Was mich so irritiert daran, ist, daß er nicht älter geworden zu sein scheint. Genau das ist mein durchaus furchtbarer Eindruck.

Hoffentlich geht es meinem Zwillingsbüblein besser. Notfalls werde ich meine Reise um einen Tag verschieben. Mit Dir, mein Sohn, gab es gestern noch ein weiteres Erziehungsproblem; ich bin ausgesprochen autoritär, dagegen ist es wohltuend, wie klug लक die Dinge einschätzt: geradezu weise. Das hat mich gemäßigt. Ja schließlich lächelte ich und lag mit Dir umschlungen auf dem Bett.

10.09 Uhr:
[Edgar Varèse, Octandre.]
Ich darf nicht vergessen, >>>> auf sumuze zu antworten. (Das schreibe ich mir selbst zur Erinnerung hier hinein.) Auch >>>> Melusine möchte ich sehr gerne antworten. Doch der FREITAG-Text geht vor.

12.13 Uhr:
Der FREITAG-Text steht jetzt und läßt vor Deutlichkeit keines Auge blind. Hab ihn mit Ralf Schnell durchgesprochen, der kurz anrief, weil er mich als Mitglied in die Akademie wählen lassen will. Na, mal sehn.
Soeben ist mein Bub fürs Celloüben hergekommen. Ich laß den FREITAG-Text jetzt bis heute abend abhängen. Erst dann schicke ich ihn an die Redaktion.

15.05 Uhr:
[Nach dem Mittagsschlaf. Isang Yun, Piri.]
Schon toll, >>>> die abgefeimte Dummheit meiner immer wi(e)derkehrenden Gegner, deren masochistische Zähigkeit nur noch von ihrer Unkenntnis übertroffen wird. Ihre Ignoranz hat Zähne, damit sie damit knirschen.

17.50 Uhr:
Auf jeden meiner betriebskonformen >>>> Häme-Kommentatoren kommen fünfzig Leser, die gerne hier lesen. Pragmatischerweise teilen wie die Zahlen durch fünf. Dann bleibt ein Hämer übrig und macht sich pur aus Verzweiflung laut. Die andern aber – lesen. Wiederum, weshalb sich so viel Arbeit machen für etwas, das man für talentlos hält? Ganz offenbar erweist die Abwehr die Kraft des Abgewehrten.

6 thoughts on “Darin Vergil auftritt: Arbeitsjournal. Sonntag, der 11. April 2010: „Mich gibt es nicht!”

  1. Trolle in den Schlaf wiegen. Was Sie krönt, kreuzigt Sie eben auch. Eidesstattliche Versicherung, Spendenaufruf, Banater Emmanuelle… das rockt. Posten Sie hier einfach drei Monate lang konsequent Ihre Bamberger Elegien und nur Ihre Bamberger Elegien, dann ist Ihr Blog in den Weiten des World Wide Web verschwunden. Jene stille Arbeitsatmosphäre, die Ihre Kollegen von den Litblogs längst genießen.

  2. Lieber Alban, ich weiß nicht, was mich mehr schockiert, dass du erneut in der Situation bist, wo du dich deiner Haut erwehren musst oder dass du es öffentlich tust um dich, nehme ich mal an, schützend vor mich zu stellen. Ich habe den halben Tag darüber nachgedacht, wie ich darauf reagieren könnte. Soeben habe ich mich entschieden, mich nicht schockieren zu lassen. Ich freue mich vielmehr darüber, dass du ebenfalls ein Anhänger von Antonio Lobo Antunes bist. Ich habe den vor ein paar Jahren mit großer Begeisterung gelesen.

    Obwohl das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, da ist ja gerade einmal das erste gesprochen, hat der gemeinsame Arbeitsplan bereits eine starke Wirkung auf mich und mein Kopf arbeitet.

    Es bleibt mir nur, dir und der Löwin eine gute Jagd (http://www.engeler.de/jagd.html) zu wünschen.
    Herzlich
    Aléa

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