III, 196 – Es-Supermarkt

Ob denn das Auto noch stehe vorm Rathaus? Ob ich’s näher ranfahren solle, um den Schleppweg morgen früh zu verkürzen? Ob denn meine grüne Berechtigung vorn auf der Ablage liege, mit der ich gratis parken kann (ein großes A darauf: Alpha-Ameriner)? Sollte sie eigentlich, denn sie lag in Orte neben dem Dings mit dem Rädchen für das Anzeigen der Uhrzeit vorn auf der Ablage. Na, du weißt schon, die Parkuhr… Das mit dem P darauf, meinte er. Als er schon wieder in sein Musikzimmer zurückgegangen war: “Parkscheibe!”, rief ich laut aus. Wahrscheinlich aber sorgte er sich eher um ein eventuelles Abgeschlepptsein des Autos. Und es so futsch wie das Wort, oder auch dieses:
Gestern, als ich den eingekauften Käse auspackte, gelang es mir ganz gut, den Schafskäse aus Pienza zu preisen, zu dem anderen indes fiel mir nur ein, es handele sich um einen norditalienischen Kuhkäse. Mit einem fürchterlich bekannten Namen. Erst heute, in einem Moment des Alleinseins und nach einer fast 24stündigen Gedächtnisbefragung (so eine Art gelegentlicher Schluckauf) fiel’s mir wieder ein: Fontina. Wahrscheinlich hatte der daneben liegende Taleggio sein Pfötchen dazwischen, denn als ich ihn sah, konnte ich mir fast seinen Geruch vorstellen. Hatte es aber vorgezogen, den leichter zu schneidenden Fontina zu nehmen.
Überhaupt das Essen. Wahrscheinlich das Fett vom Kochfleisch, das er verschmäht, ich aber gierig in mich hineingeschlungen. Nachts lange wach gelegen mit einer Art Kugel im Bauch. Nicht im Sinne eines Geschosses. Mein saures Gesicht, meine zerzausten Haare am Morgen. Mißgeburt.
Wer ist er? Nunja, der blaue Kammerherr. Griechische Inseln und lichte Räume wie aus dem Nichts. Or capable of any form at all. (Marlowe, Hero and Leander).
Also morgen in aller Herrgottsfrüh über den Lethe, pardon Tiber. Entlassen ins Helle. Aus den amerinischen Grotten.
Tagsüber hocken wir in unseren jeweiligen Räumen. Aus seinem klingt den ganzen Tag… kann man das noch Musik nennen? Es wäre ein hübscher Trick, es mir dann selbst vorzugaukeln, sobald der andere Raum tagsüber nur noch dem Gedächtnis meiner Schlafhülle lebt, also mit nichts, es lebe noch etwas anderes darin, eine Art Es-Supermarkt-Beschallung.
Es-Supermarkt ist ein schönes Wort, finde ich.

ich lebe aufgewacht
den spuren nach, die meine nicht sind
mit den stummtauben worten
denen, die ungerufen …
es schmerzt mich mein’ lieb’
vom leben fast nichts
es, das dunkel, ist hier.
adieu bis zum nächsten licht

Aus diesem >>>>Marcello Sambati: ich lebe aufgewacht … / Vivo svegliato ….
In ihm werden auch andere als Es-Artikel geführt. Dürfen aber nicht so heißen. Ihnen voranzustellen ist immer ein: “es gibt”. À la: es gibt jetzt in diesem Moment in meinem Zimmer beim Schreiben das klandestine Hören von Kraftwerk, während drüben sich Konzertsäle auftun. Wie der plötzlich erinnerte Knabe, der irgendwo bei irgendeinem Fest versteckt hinter irgendwelchen Aufbauten Coca Cola trank… Kieselsteinchen, das grad den Bach herabkam.

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