Die Gurke macht sich Sorgen, scheint’s, die dünnere obere Hälfte beginnt zu schrumpeln, die drei Kirschtomaten davor aber sehen noch proper aus. So wie ich mich im Spiegel anschaute mit zusammengekniffenen Augen, als führte ich etwas im Schilde, auch wenn ich keinem Hause abstamme, das ein solches hatte, bevor ich mich entschloß, den Reis zu dem gestern mir eingebrockten Süppchen, das aus dem Gemüse bestand, das ich am Samstag im Chiostro Boccarini gekauft, bevor ich mit dem Fahrstuhl sprach, zu kochen und den Knoblauch dazu zu “mondieren” und zu zerschnippeln wie überhaupt die aufgestaute Drangsal wieder, was durchaus gelang, nur daß ich mir dann nach dem Knoblauch doch die Hände wusch, um dann noch im Egger zu lesen, er sei ja eigentlich die “Kuh Europa”*), wobei er vermutete, es habe dies noch niemand gemerkt, aber mir kam’s nach dem ganzen Grenz- und Terminus-Kram nicht wirklich überraschend, ohne ihn aber zu verknoblauchen, und so ritt ich denn meine Essenskuh und schaufelte sie mir rein, wie gestern schon. Der vorherrschende Gedanke, auch dies jetzt hinter mir zu haben.
Aber etwas wollten die zusammengekniffenen Augen schon sagen bzw. sehen. Wahrscheinlich nicht mich, denn ich kam auch ganz anders vor als sonst vorm Spiegel. Es hatte etwas von Fuchs und Traube. Sonst schaut eh’ nur der Dämlack aus mir heraus und tut sich was mit dem “Evil” an der Wand im Rücken. Führt mich jetzt aber auf den Holzweg des Schlauseins und ihr recht italienisches “Non sei furbo!”. Worauf ich mir was einbildete. Ein anderer Ausdruck hierzulande wäre “Scemo di guerra senza pensione”, also wörtlich Kriegsidiot ohne Rente… einer mithin, der’s nicht geschafft hat bzw. zu blöde war, sich eine Kriegsversehrtenrente zusichern zu lassen. No, non sono furbo, ma tatsächlich abbastanza scemo.
Was die Augen wieder ins Enge führt.
schneiden tagliare schnitt geschnitten
schnieben sbuffare schnob geschnoben
schrauben avvitare schraubte geschraubt oder schrob geschroben
Fand ich jetzt getippt auf Durchschlagpapier mit weiteren Verben in einem Büchlein (Arturo Schnitzler: Der blinde Geronimo und sein Bruder, im deutschen Original und eingeschlagen in ein Papier mit Motta-Werbung, dem Abbild des Mailänder Doms und des Castello Sforzesco (Bleistiftanmerkungen zu den Vokabeln im Text: “umzubringen” – “uccidere”)). Sir Giulio kam nämlich vorbei. Brachte dies und ein Büchlein über Alpenblumen, wahrscheinlich aus dem Bestand seiner Erbschaft am Lago Maggiore (eine Tante? jedenfalls mit deutschsprachigem Fundus in der Bibliothek (unweit der Isola Bella, wo mich Stendhal heute schon hingeführt)). Die Werther-Ausgabe bat ich, jemand anderem zu schenken.
Drei Tomaten. Welche davon sind die Kulleraugen, welche gegen die grüne Schlitzgurke was im Schilde führen? Und welche die Tomate?
*) Dass ich das Gedicht, das ich wirklich schildern will, wo ich mich als “Kuh Europa” erlebe, unter die Leute gebracht habe – in diesem Augenblick – weiß ja noch immer keiner.
Isola bella, Jean Paul, Titan.
(1802, Erstdruck)
In der Tat, es war dies meine erste Begegnung mit den Borromeischen Inseln. Und ich denke, es mag kein Zufall sein, daß dort Albano blickt, der Jüngling einst wie ich.