Das Internet und das Fernsehen haben aus der Welt wieder eine Scheibe gemacht.
ANH
Aber wo, im Internet, fällt man von der Scheibe runter?
KJC
Du brauchst immer den Screen.
ANH
Bald nicht mehr, sei sicher. Bald wird der Screen direkt das Gehirn sein.
KJC
Das ist es schon.
ANH
Ja, fast. Das steht technologisch als allernächstes an, das steht schon auf der Schwelle und hat geklopft. Deshalb habe ich gar keine Sorge mehr, wenn ein Text von mir nicht mehr als Buch erscheint.
Strom Man braucht Strom für das Internet, wie für das Fernsehen.
Der gezogene Stecker, die Disfunktion einer Festplatte und alles ist weg.
Für das Buch benötigt man Feuer. Und das schafft es nicht immer alles zu zerstören.
Man kann mit der Hand in den Wüstensand schreiben, auf gegerbtes Leder wieder, auf Schiefertafeln, in den Fels meißeln.
Ohne Tastatur oder anderes Digitalisiergerät geht nichts, ohne Kupferkabel geht nichts, ohne eine Zivilisation, die das Netz am laufen hält geht nichts. Es ist zerbrechlich in seiner Struktur und in seiner Archivierung. Disketten gibt es kaum noch, in zwanzig Jahren wird es keine Lesegeräte für CD’s mehr geben.
Schriftkultur hängt am Medium? Feder, Griffel, Bleistift, Füllhalter, Kugelschreiber, Filzschreiber, Tastatur?
Hängt Literatur per se am Ausgabe- Medium? Ist ein Buch heute nichts anderes als ein Ausdruck einer pdf-Datei!
Die Schriftkultur fing mit Keilschrift an und wird notfalls mit der Keilschrift wiedergeboren. Sie war manchmal nie blühend, gestorben ist sie nie und war auch nie am Ende. Sie wird es nie sein.
@mikel. „Hängt Literatur per se am Ausgabe- Medium?“
Nein, aber das Medium verändert sie. So, wie wir heute nicht mehr hören können, wie man zur Zeit des Barocks hörte (einfach, weil wir Hörerfahrungen haben, die niemand damals haben konnte; umgekehrt hatte man damals Hörerfahrungen, die wir nicht mehr haben), so wirkt die erfahrene Wirklichkeit auch auf die Struktur eines Kunstwerkes ein. Und dieser Prozeß ist, wie die Zeit selbst, irreversibel.