III, 401 – Der Plumpsack geht um

Einen Römer gesehen im Bioladen vor einer Stunde: Shorts in Knielänge, leichtes Hemd. Ich schon mit Gestricktem zu Drittweltpreisen überm T-Shirt. Da wunderten wir uns gegenseitig. Je nun, die dicken Mauern. Es sei sonst in der Wohnung nicht wirklich komfortabel. Indes aber nicht wirklich ein Argument Pro-Roma.
Schon seit Tagen suchte ich den Mietvertrag für diese Wohnung, um herauszufinden, wann er jetzt genau abläuft. Im Urin gärte ein “Ende Oktober”. Gestern ward ich fündig, natürlich an einer unverdächtigen Stelle, dort nämlich, wo ich vor reichlich mehr als einem Jahr die Unterlagen abgelegt, die ich brauchte, um den Vertrag für die Stromlieferung umschreiben zu lassen. “Sono lenti gli umbri”, sagte der Immobilienheini verheißungsvoll, als ich noch im Wir eine Immobilie hier in der Gegend suchte.
Und so stellte sich heraus, daß ich ab Montag hier eigentlich gar nicht mehr wohnen darf aufgrund der mangelnden vertraglichen Grundlage. War klar, daß der Vermieter anzurufen war. Erwischte ihn auch am Nachmittag, allerdings saß er in einer Besprechung. Er würde in ein paar Stunden zurückrufen. Nun sitze ich hier und halte nach wie vor an dem günstigsten Szenarium fest: er hatte sich nicht gemeldet, ich hatte mich nicht gemeldet, also ist auf beiden Seiten so etwas Stillschweigendes geschehen in dem Sinne: “chi tace, acconsente”.
Also warte ich jetzt auf seinen Anruf. Wie ich auch warte auf ausstehende Mails. Besonders auf eine. Denn eine skandalös zahlungssäumige Übersetzungsagentur wollte mir wieder einen Auftrag zuschustern. Ich sagte aber nicht zu, sondern wollte, um weiterzumachen mit denen, einfach nur wissen, wie sie’s anzustellen gedenken, das, was nicht bezahlt ist, zu bezahlen: für die Arbeiten, die für 2017 und dieses Jahr in Rechnung gestellt wurden, kamen bisher nur knapp 600 Euro, wohingegen das Arbeitsvolumen seit Anfang 2017 ins Fünfstellige geht.
Die mit den Aufträgen Beschäftigte entschuldigte sich und verhieß, mein Schreiben an die Direktion weiterzuleiten. Die aber schweigt sich aus. Und für die Arbeiten seit Anfang Februar habe ich noch nicht mal eine Rechnung ausgestellt. Traue mich auch nicht, es zu tun. Denn das führte automatisch zu der Verpflichtung, Ende November 983 Euro Mehrwertsteuer an den Staat zu überweisen. Wäre also vorerst einfach nur rausgeschmissenes Geld. Ekle Situation. Aber der Streik ist nunmehr angekündigt.
Auch bei den anderen beiden Mails, auf deren Beantwortung ich warte, geht’s um Geld. Aber da bin ich weniger beunruhigt. Nicht Umbrer sind’s, aber Römer dennoch, die sich auch nicht unbedingt beeilen. Wahrscheinlich sitzen sie alle im öffentlichen Nahverkehr fest oder verlieren gerade ihre Contenance auf der Ringautobahn oder schaffen es nur zentimeterweise, sich der Brücke über den Aniene zu nähern, weil sie wie einst auch ich jenseits dieses sonderbaren Tiberzuflusses wohnen, den Schrebergärten säumen, die wahrscheinlich niemand nie jemandem genehmigt hat.
E l’Italia? Una banda di politici che non sanno cos’è la politica, ma stanno a tutti i costi cercando di realizzare quello che hanno promesso in campagna elettorale a scapito del buon senso: Trump insegna. Un sacco di confusione nei giudizi che leggo. Militanti, aber auch viele Sargträger. Keine Ahnung, was wird.
I am not amused.
Die Besprechung scheint sich hinzuziehen, der Vermieter hat immer noch nicht zurückgerufen.
Doch, jetzt habe ich mit ihm gesprochen. Hatte gerade meine Suppe ausgelöffelt. Es scheinen keine Hindernisse vorzuliegen für mein Bleiben hier. Nun wird er wohl hier auftauchen in der nächsten Woche. Und dann halt das bißchen Bürokratie.
Weil ich vorhin sehr daran dachte: Raccordo anulare, also die Ringautobahn um Rom herum, einfach auch GRA (Grande Raccordo Anulare) genannt: Wenn ich gelegentlich auf ihr unterwegs war, fiel auf, daß oft auf der inneren Fahrbahn Männer mit heruntergekommenen Kisten relativ langsam unterwegs waren, die den Eindruck erweckten, sie machten das den ganzen Tag, ganz einfach, um nicht nach Hause fahren zu müssen, oder weil sie dort zu Hause waren. Auf dem Sacro GRA (diesen Film scheint man sich anschauen zu können, aber man muß sich anmelden und pi pa po: too much action for me (lieber doch mal die DVD besorgen)).

III, 400 – Richard Ohnegrund

7 thoughts on “III, 401 – Der Plumpsack geht um

      1. Oh, dann habe ich da wohl ein paar Dinge durcheinander gebracht. Ein Bekannter hatte mal einen kleinen Hof in der Lombardei gemietet bzw. einen Vertrag übernommen und bei dem stand irgendwann auch diese Verlängerung an, aber er meinte, da ihm der Vermieter nicht 6 Monate vorher gekündigt habe, laufe der Vertrag einfach weiter. (Womöglich gilt da auch etwas anderes als bei Wohnungen?)

        Was ist denn, wenn Sie und ihr Vermieter einvernehmlich nichts machen, geht sich das dann irgendwann aus oder machen Sie sich gar strafbar oder etwas ähnliches?

        1. Ich denke mal, es wäre auf jeden Fall “abusivo”, also nicht unbedingt gesetzmäßig, könnte also gegen einen eingewendet werden. In welcher Form, ist mir nicht bekannt. Also dann besser schon wieder ein neuer Vertrag. Denn Pflicht ist, den Vertrag beim Finanzamt (Agenzia delle Entrate) registrieren zu lassen, und dann muß man pro Jahr die Registriergebühr bezahlen, andernfalls kommt ein Zahlungsbescheid. Also so leicht läßt sich das nicht umgehen. Und da ich hier meinen Wohn- und Arbeitssitz habe, will ich natürlich auch keine Risiken eingehen.

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