Der zweite Fahnensatz ist da. Das Arbeitsjournal des Donnerstags, den 3. Februar 2022. Die Brüste der Béart, 64. Sowie Neues von Traumschiff und – ja! – Арго . Другой мир.

Kam gestern abend an:

Und der Verleger schreibt uns dazu, Elvira M. Gross und mir:

Die wichtigste und gute Nachricht: Die Druckerei im Westen Frankreichs konnte nun tatsächlich noch eine notwendige Tranche des nicht mehr hergestellten Papiers ergattern. Damit ist die Produktion gesichert. Allerdings werden wir, wenn wir die Daten innert der nächsten 10 Tage liefern können, erst gegen Ende März Exemplare in Händen halten können. Die Papierkrise hat in den letzten Wochen und Monaten sehr viel ausgebremst. Wie mir unser Hauptdrucker berichtete, sind diesem Mangel nicht wenige Druckereien komplett zum Opfer gefallen…Eine nicht so gute Nachricht ist, dass wir die Prägung mit diesem Partner leider nicht machen können. Daher müssen wir uns hinsichtlich der fremdsprachigen Ausdrücke etwas einfallen lassen. Eine Möglichkeit haben wir nun ansatzweise durchgeführt: die Ausdrücke in der Originalschreibweise belassen und in einer knappen Anmerkungskommentar zur phonetischen Unterstützung in einer Transliteration mitgeben. Gut wäre vermutlich auch, ebenso knappe deutsche Bedeutungen mitzugeben, allerdings, so wäre unser Wunsch, ohne längeres erklärendes Beiwerk wie in Euren ursprünglichen Anmerkungen, die zu streichen wir ja gemeinsam übereingekommen waren. Falls Ihr diesen Weg auch gut findet, müsstet ihr nur die entsprechenden Stellen noch mal kontrollieren und uns etwaige Korrekturen mitteilen.

Wir hatten Eure Korrekturen, inkl. der gewünschten Zeilenumbrüche, komplett eingearbeitet, mussten aber nach Integration des fehlenden Textes gewärtigen, dass wir den Satzspiegel neu anlegen mussten, weil wir auf das alte Layout absolut nicht mehr die neue Textmenge auf die unbedingt notwendigen 128 Seiten (= 8 Druckbögen) bringen konnten. Der neue Satzspiegel erforderte sodann einen komplett neuen Umbruch. Auch wenn wir uns Bestes gegeben haben, so kann die Teilung von Strophen nicht immer gemäß des gewünschten Umbruchs erfolgen. Zwar können wir in Einzelfällen sicher noch mal sehen, was sich machen lässt, doch müssen einen pragmatischen Weg gehen.

So bleibt für den letzten Korrekturdurchgang etwa eine Woche, damit das Buch ziemlich genau ein Jahr nach dem eigentlich vorgesehen gewesenen Termin (März 2021) endlich wird erscheinen können, coronahalber so verspätet, weil vor allem das Papier, wie in Heitz‘ Brief nun auch für Sie zu lesen, nicht zu bekommen war — ein Problem, daß gegenwärtig → fast alle Verlage und sonstigen Druckhäuser haben, auch mit nicht so speziellen Papieren, abgesehen davon, daß es enorme Preissteigerungen gibt, was wiederum damit zusammenhängt, daß der Papierbedarf-allgemein größer geworden ist, nämlich des geboomten Onlinehandels wegen, der die Nachfrage nach Verpackungsmaterialien hat exponentiell hochschießen lassen.

 

Béart 63 ←

Also an die Arbeit. Doch erst ab Sonntag, weil ich zuvor einige Texte aus dem Bamberger Lehrauftrag zu lektorieren habe, was ich auch sehr gern tue. Die jungen Leute sind, → ich schrieb es bereits, zu gut, um nicht intensiv bei ihren Arbeiten zu sein. So oder so muß die Verwirrung also wieder etwas warten. Auch hier also Verzögerung, weitere, coronahalber ebenfalls, ich kann auch „stauhalber“ schreiben. Es ist wie bei der Bahn. Bleibt irgendwo ein Intercity hängen, setzt sich die Unterbrechung nach hinten flächendeckend fort, mit allerdings zunehmend – anfangs allerdings kaum spürbar – geringeren Zeitlücken. Immerhin, am Ende kommt man immer an.

Reibungslos, sozusagen, geht es hingegen in Moskau, also auch St. Petersburg weiter, und das in der gegenwärtigen Hochkrisensituation, die mich, um es mal so zu sagen, subkutan in eine derart permanente Nervosität versetzt, daß es an Angst schon nur so eben noch nicht rührt. Ich sauge das auf, es wird irgendwann, bin ich sicher, eine Erzählung werden. (Kürzlich schrieb ich einer Freundin, sähe ich mir meinen Sohn so an, leuchtend vor Testosteron, kräftig, gesund, wisse ich, wer im Fall des Falles sofort in die Schlacht geschickt würde, und daß ich dann ebenfalls einrücken würde, freiwillig, weil es nicht angehen kann, daß ein Kind für seine Eltern in einem Kampf den Kopf hinhalten muß, der nicht einmal der seine ist.)

Wie auch immer, → Baskakova also:

(…)
jetzt bin ich mit der Traumschiff-Übersetzung wirklich praktisch fertig. Ich habe noch ein Paar Fragen an Sie, aber die werde ich später in der Nacht oder vielleicht morgen formulieren. Jetzt möchte ich etwas anderes mit Ihnen besprechen.
Ich schrieb naemlich ein Nachwort, ich musste es erst schreiben, wusste ja nicht im voraus, ob alles gelingt, wie ich es mir vorstelle. (…) Das Nachwort schicke ich Ihnen (hier mit). Es heisst

[54°8′ N / 13°37′ O]

und beginnt mit dem Epigraph aus Doeblins “Die drei Spruenge des Wang-lun” mit der allerletzten Phrase des Romans: “Stille sein, nicht widerstreben, kann ich es denn?” (Denn) Ich spreche zuerst über die letzte Seite Ihres Romans (…)

Da sie das komplette Nachwort als Datei mitschickte, aber auf russisch, mußte ich es von Deepl erst einmal, doch je passagenweise, übersetzen lassen, da die freie Programmversion Übertragungen auf 5000 Zeichen limitiert. Man muß also stets neu ansetzen.
Doch irgendwann war es geschafft. Und ich kann nur sagen, sprachlos gewesen zu sein. Mußte ja auch nicht sprechen, nur immer weiterlesen.  Jedenfalls ist dieses Nachwort hinreißend — schon weil Baskakova aus ihren akribischen Recherchen für das Traumschiff literarästhetische wie kreative Zusammenhänge aufzeigt, die selbst mir, dem Autor, nicht rundweg bewußt gewesen sind, schon gar wurden sie hierzulande auch nur irgendwie erwähnt und wahrscheinlich überhaupt noch nie gesehen.
Aber grad mal einen Tag später kam die Sensation; sozusagen fiel ich beinahe vom Stuhl (doch hielten mich die Seitenlehnen):

Gleichzeitig (…) habe ich noch einen (Brief), von meiner Verlegerin, bekommen.
Sie hat endlich die Fragmente von «Argo» gelesen. Sie findet sie sehr interessant und bittet mich, ihr (Näheres zum) Verlag (und) den Umfang des Buches usw. zu schicken. Sie möchte das Buch publizieren! Und fragt in diesem Zusammenhang, wann ich mit dem «Traumschiff» fertig sein werde. Morgen, denke ich, werde ich (meine Übersetzung) abschicken. Lassen Sie uns hoffen, dass alles gut geht. Ueberhaupt, mit der äusseren Situation, und auch mit «Argo», n o c h einem Traumschiff.

 

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