Das tut die Schönheit: Umhüllend erschafft sie Träume – entfernte,
das ist wahr. Denn nähern wir uns und wolln Dich berühren,
rufst Du abermals: Nimm mich! Nimm mir die Haltung, den Willen!
Rufst nach Beschmutzung, ja! nach Speichel, nach Kraft und nach Schlägen,
Dir die Besinnung a bzunehmen, die schwere, formale
Leuchtkraft, das Götzige Dir, endlich. Denn Schönheit ist einsam,
allem andren Vollendeten gleich. Sie braucht nicht ein andres.
Und braucht es d o c h. Darum ist Kampf Dein tiefster Geliebter.
Was Du nicht willst, was Dich verzweifelt, weil Du ankommen möchtest.
E r nur aber zerschlägt, was Dich derart erstarrt hat zu Marmor,
bis Du verlassenes Bild nur noch warst und nichts als Ikone,
innen die wütende ungerichtet tobende Schöpfung,
außen der Leib, der sie ruhend hält, elegant und harmonisch.
D a s ist’s, was wir bewundern, weshalb uns Berührung tabu ist.
Deshalb entweihen wir’s nicht, sondern lassen Dich stehen
in Deiner einsamen Blüte, bewundert zwar, doch so bitter.
Wir verschmähen den Austausch mit Dir, um selbst nicht, was D u trägst,
tragen zu müssen. Du sollst es tragen f ü r u n s. Versteh uns!
Wir sind zu häßlich, des bleibenden Tieres Chaos zu zähmen.
D i r drum genüg’! rufen wir, genüge doch, Schönheit, dir selber!
Niemanden brauchst Du als Dich! Was wollten wir Dich betrachten,
w ä r dem nicht so? Du wärest bedingt, wie es wir sind. Und hilflos.
U nbedingt sollst Du sein! (Wie kannst du wagen zu hoffen?
wie es uns zeigen? – Gibt Schönheit sich hin, halten wir uns schadlos:
machen uns lustig, verhöhnen sie, bis sie kleingekriegt jammert.
Bleibst drum besser Madonna.) Wir beten dich an in
Schauspielerinnen, Sängerinnen, je entfernter, je besser.
Die erreichen wir nicht, sie nicht uns, so genügen wir jedem:
Alltag, Moral und Begehren. Eine alte Bewegung ist es,
uns überkommen. Ins Maul des Begehrens steckst du die Kandare.
Ungezähmt ist das bleibende Tier, nur s o darf’s uns bleiben:
angeschirrt oder von Deiner Gestalt, Anahit, ganz erblindet.
Nicht springt es los, dich zu jagen, nicht wirft es dich nieder erbarmend,
Nicht zerstückt es dich zwischen den Klauen, stößt zeugend z u nicht,
Nicht zum Teil macht es Dich, das in anderen Stücken sich findet,
sterblich und fruchtbar, geschunden zwar, doch heimgekommen.
Nein. Er bleibt unerbarmt, fern uns und allem, Dein Schmerz auf der Lippe.
Stehst auf dem Sockel, Museum, Saal fünf. Läßt Dich betrachten.
Ich rieche Weihrauch, das Licht ist gedimmt. So schauen wir flüsternd.
Argwöhnisch sind die Wächter dem, der nicht betet, wie Küster.
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Das Mittelstück der Elegie wird zurückgehalten.
Nur dies vielleicht noch:
(/–/-/-) Schönheit ist darum Einspruch.
Weiblich, immer, ist sie darum. (-/-/-)