Argo. Anderswelt. (125).

Ich ließ den Motor an und steuerte den Wagen zum Schlagbaum, ich führte die Karte ein, nahm sie wieder heraus, der Schlagbaum öffnete sich, und durch das nächtliche Brandenburg fuhr ich zurück nach Berlin.

Tatsächlich hatte ich mich an meinem Fenster zur Schönhauser Allee, dem Küchenfenster, nur verdacht, tatsächlich m e i n t e ich Hans Deters. Das fiel mir bloß zu spät a u f. Ich korrigierte mich dann sofort, obwohl ich den Mann in diesem maschinisierten Gang gar nicht mehr sah, sondern bloß noch die konkrete Straße vor der Nr. 101 so sehr spätabends, das Rauschen vor dem Fenster schwoll an und ab. Immer wieder mal lauschte ich auf meinen Jungen, einmal ging ich sogar hinüber, weil mich die elterliche Unruhe faßte, von der ich, bevor der Kleine auf der Welt war, gar nichts gewußt habe. Dieses eigenartige, plötzliche „Lebt er noch?“, wenn es so still im Kinderzimmer ist. Dann klettert man die Hochleiter hinauf, sieht das Kerlchen liegen, robbt an es heran, das Bett ist mal wieder zu einer Art Sandkasten mutiert, und legt ein Ohr an den Mund des Kleinen, um seinen Atem zu hören. Jedenfalls öffnete Deters, wie vor ihm – mit ihm simultan – Herbst, die Tür, und auch er blickte in das Foyer, nun aber tatsächlich das der SIEMENS/ESA. Es gab dort ebenfalls einen Nachtportier, und auch der schlief. Aber er hatte seine Blätter über die Blüte gedeckt, sich nicht nur sozusagen, sondern ganz konkret, ganz b i l d l i c h zusammengezogen. Was er eigentlich nicht durfte. Ein Nachtportier hat aufmerksam zu sein, auch und gerade dann, wenn er ein Pflänzler ist. Ich weiß, sie haben es nicht leicht, diese Geschöpfe. Es war vielleicht keine gute Idee, sie zu synkretisieren. Andererseits sind sie für den Beruf eines Pförtners wie geschaffen: Sie leben ohnedies immer an einer einzigen Stelle, es sei denn, man topft sie um und trägt sie hinaus. Oder anderswohin. Manchmal werden sie verkauft, aber das bedarf ihrer Zustimmung.; immerhin handelt es sich um sich ihrer selbst bewußte, emanzipierte Wesen mit einer, übrigens, ziemlich schlagkräftigen Gewerkschaft.

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