PP23, 23. Oktober 2013: Der Mittwoch nach Stuttgart. Und Blicke weit voraus.


Einerseits. Es gibt Lesungen, vor denen wir Dichter und Dichterinnen uns nicht ihrer selbst halber fürchten, sondern weil so wenige Menschen dabei sind, für die wir sie doch halten. Man kann sagen, daß gestern abend jede Hörerin und jeder Hörer mit rund 100 Euro mäzeniert worden sind, da ja nun gleich z w e i Schwerkaräter auf dem Podium saßen. Aber es saßen solche, andererseits, auch im Publikum, was das Gewicht des Vergeblichen durchaus umdefiniert – vor allem indes (Florian Höllerer später bei Tisch: „So etwas gibt es hier ausgesprochen selten“), daß ein sorgsam verpacktes Geschenkkistchen, dessen Behältnis neben der Widmung ein Herkunftssiegel trägt, aus dem Saal heraufgereicht wurde, das ich erst später öffnete, und ich fand ein kleines Cello darin, mitsamt seinem Bögchen, eine so liebevolle Miniatur, daß einem sich das Herz weiten muß, mitsamt einer zusätzlichen Gabe, über die ich schweige. – Und wer überreichte sie mir? Der >>>> Cellofreund, mit dem ich hier in Der Dschungel einige Male gesprochen habe, und Sie haben uns beide gelesen, unter anderem >>>> über Vagn Holmboe, den dänischen Komponisten, mit dem er verwandtschaftlich verbunden ist, bzw. war. Und nun stand er, der Cellofreund, persönlich vor mir. Ich bedauere nur, daß er nicht mit uns hinunterkam nach der Lesung und wir noch etwas Zeit zu sprechen hatten. Aber ich werde ja bereits im Mai abermals in Stuttgart sein; vielleicht ergibt es sich dann. Das Cellochen jedenfalls wird zu Füßen Aldas auf meinen Schreibtisch kommen, dann aber, zur Wintersonnenwende, in den Weihnachtsbaum, den zu schmücken mir bekanntlich ein Herzensritual ist. Längst ist es an meinen Sohn tiefgewurzelt weitergegeben.
Ein bißchen schade mit der lauen Resonanz war es in Stuttgart deshalb, weil eines der großen Finale in >>>> Argo eben in Stuttgart s p i e l t, in dem realen und dem parallelen; doch weder ich selbst noch der Verlag, noch auch Florian Höllerer, haben bei der Vorbereitung des Abends daran gedacht. Wir sahen uns nachher etwas bedröppelt an, weil es so nahe gelegen hätte, eben damit ein bißchen Stadtwerbung zu treiben, aber wir waren nicht drauf gekommen. Selbstverständlich suchte ich für die Lesung eine der Stuttgarter Hauptstellen aus, immer noch nicht begreifend, daß ich das im Vorfeld hätte ankündigen müssen. Und wie die Hermesdinge spielen, hatte Höllerer nicht einmal das Buch bekommen, sondern, was für den Leiter eines Literaturhauses außergewöhnlich ist, kaufte es vor der Veranstaltung aus eigener Tasche. Wiederum >>>> der Verlag, den ich selbstverständlich sofort anrief, habe es, sagte der Verleger, schon längst auf den Weg geschickt. Ebenfalls hoch ungünstig: daß außer in >>>> Volltext, der zwar viel, aber eigentlich nur im Betrieb gelesen wird, noch gar keine Kritik zum dritten Andersweltband erschienen ist; woher also sollen die Menschen überhaupt wissen, daß es ihn gibt? Können Sie nicht. So daß sich nicht einmal von mangelndem Interesse oder Ablehnung sprechen läßt, sondern in einer Stadt gibt es eine grandiose Bäckerei mit den köstlichsten Stückchen der Welt, aber die Jalousien sind heruntergelassen und die Fenster so fest geschlossen, das auch kein Duft hindurchweht, so gehen die Leute daran vorbei, ohne drum zu wissen. Ein bißchen so war die Lage. Denn zwar hing im Literaturhaus-Café eine geradezu künstlerische Annonce in der Gestalt einer Tafel-Kreidemalereii:

Aber die Menschen, die sie sahen, waren des Essens wegen gekommen und, wie später nachts dann auch ich, wegen einiger, enorm einiger Grappe. So daß, wer in den sehr schönen Veranstaltungssaal hinauffand, es Der Dschungel halber tat, oder weil man mich persönlich kannte. Dennoch war der Abend ein Erfolg, zum einen wegen der Gespräche nachher, zum anderen wegen weiterer Ideen, die uns in den Sinn kamen oder zu denen etwa Höllerer hinzustoßen möchte und auch sollte. Ich meine besonders das Europaprojekt, das, zusammen mit dem >>>> LCB, dessen Leiter er ab dem kommenden Januar sein wird, eine ganz wunderbare Zusatzkehre nehmen kann. Außerdem hat das >>>> Litradio den Abend mitgeschnitten. Sowie die Aufnahme im Netz zu hören sein wird, gebe ich Ihnen bescheid.
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Also zurück nach Berlin. Am Freitag und Samstag bereits die nächsten Veranstaltungen; ich werde >>>> das kleine Symposion morgen eigens annoncieren wie auch die Vierte öffentliche Argo-Präsentation am kommenden Dienstag >>>> in Oldenburg. Mit „Traumschiff“ fange ich nun eine Woche später als geplant an. Aber das ist völlig in Ordnung.

(17 Uhr.)

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