Der Septemberanfang brachte einen Regen- und Gewittertag und einen Temperatursturz, so daß es nachts wieder notwendig ist, sich zuzudecken. Zumindest für solche Eventualitäten etwas dafür in Reichweite zu haben. Was indes nicht gegen paranoische Wahnvorstellungen hilft.
Ob sie schon im Traum begannen, kann ich jetzt naturgemäß nicht mehr beurteilen. Als ich irgendwann in der Nacht die Augen öffnete, wußte ich ziemlich genau, warum dies geschah: gleich würde der blendende Lichtfleck des Mondes in der offenen Spalte der Fensterläden erscheinen. Ich brauchte mich nur ein wenig nach rechts verlagern, da hatte ich ihn schon im Blick. Ein merkwürdiges Taubsein im rechten Bein.
Der Versuch, mich auf die andere Seite zu drehen, fruchtete nichts gegen die Bilderflut, die ich da inszenierte. Es ging um ‘Neger’ (heute bzw. gestern zweimal dieser Ausdruck: bei Eigner und bei Schmidt), um junge Männer aus Afrika. Ich begegne ihnen ständig vor allem vor den Supermärkten. Besonders neulich der eine, der da fast schon provozierend vor dem Eingang stand und dich fixierte, dir bis zum Auto folgte, dort stehen blieb während des Einladens und dich weiter fixierte.
Hinzu kam das vielleicht schon einmal beschriebene Bild im Chiostro Boccarini während des Samstagsmarktes. Der nunmehr in ein von einem Onkel direkt am Lago Maggiore geerbtes Haus umgezogene Gay unterhielt sich auf Englisch mit einem Almosen heischenden jungen Afrikaner und erklärte, daß ich, der Dazugekommene, immer arbeite und somit Geld habe. So er, der nicht arbeitete und nicht arbeitet und es wahrscheinlich auch nicht muß. Aber solche Gemeinheiten war ich von seinem Gay-Gehabe ja schon gewohnt. Das Herausprokeln einer metapersönlichen ‘Eigenschaft’, um coram publico (dies ist allemal Voraussetzung, unter vier Augen passierte das nie) diese zur Zielscheibe zu machen (sei’s ‘Deutscher’, sei’s ‘Arbeiten’) und die Lacher auf seine Seite zu bringen.
Was letztlich auch mein Verhältnis zu ihm abkühlen ließ.
So entwickelte ich mitten in der Nacht auch diese Szenarien, während der Mond beim abermaligen Seitenwechsel tatsächlich die Pupillen blendete mit seinem “Negertief”.
Um mich dagegen zu wehren, stand ich auf. Zunächst ohne Brille. Die Uhrzeit indes so nicht entzifferbar. Zurück. Halb drei. Ein Glas rotes Blubberwasser. Eine Zigarette. Zurück.
Langsam bevölkerten sie dann den Hof, klopften an meine Tür. Einer setzte sich frech an meinen Küchen-PC, weil die Tür offen stand. Er müsse doch ins Internet. Aber mein höllisches Passwort ließ ich mir nicht entlocken. Ich überlegte auch, die Carabinieri anzurufen, aber kam wohl doch zu der Einsicht, es sei besser, wieder einzuschlafen.
Denn ich wachte dann ziemlich ausgeschlafen zwei Minuten vorm Weckerklingeln auf. Mit einem Blinzeln in die Blaupause des sich schon hellenden Morgens. Da es aber nur den südwestlichen Teil hereinläßt, sind vorerst Auroren nicht mit inbegriffen. Zuletzt sah ich die zumindest zweibeinige Morgenröte vor genau einer Woche wieder.
Vollmond. Noch nicht ganz, der soll erst übermorgen kommen, aber einmal im Monat erscheint er kurz davor mitten in der Nacht im Fenster.
Ruhiges Arbeiten, dennoch immer wieder die Szenen der Nacht.