Da, unversehens, brach es aus ihr heraus. Erst stimmlos, nur aus den Augen lief ihr das Wasser, er wußte gar nicht, wohin mit so viel Erbarmen, sah sich nach einem seelischen Fluchtweg um, nahm die Frau doch schon in die Arme. So daß sie nun auch stimmlich schluchzte, wie Beben ging das durch ihren Leib und, weil Körper an Körper, auch durch den seinen. Der trainiert genug war, sie mit hochgestreckten Armen zu heben. Nun drückten die Muskelpakete sie an sich. Die Situation war für ihn nicht ohne eine Pein, die das Zeug zur Peinlichkeit hatte: stünde Broglier jetzt in der Tür, wie wollte ihm der Freund das erklären? Solch ein von neuen und immer neuen Wellen Unglücks geschütteltes Loyalitätsproblem bebte dem Mann an der Brust.
Aber Broglier kam nicht, bis zum nächsten Morgen nicht. Was für ihn nicht unüblich war. Er schritt einfach in die Straßen hinaus, solch einen Abscheu vor daheim. Er hatte nie im Griff, wann der hochkam. Dies waren die Stunden, die ihn abstürzen machten, wenn er morgens nur für drei Brötchen die Wohnung verließ, aber selten wiederkehrte vor spätnachts, betrunken immer, grölend nie – wäre er simpler gewesen, er hätte Dorata geschlagen. Ob das nicht sogar die Gefühle, denen sie beide ausgesetzt waren, und dem Verfall, geklärt hätte, ist nicht ganz heraus. Vielleicht hätte Dorata dann Abstand nehmen können, und er selbst wäre sich des Leidens bewußt geworden, das er ihr antat. Ein Akt, in dem die Verzweiflung endlich Haltung verliert, hätte das sein können, so daß Dorata zu sich findet, endlich, angesichts dieses massiven Symbols, das grob genug im Raum steht, um alles, was man verzweifelt versteckt hat, nackt und so roh zu offenbaren, wie es ist. Das man nun nicht mehr schönschleifen, schon gar nicht wieder schlucken kann. Doch war er, Broglier, für diese, schreibt Benn, Zusammenhangsdurchstoßung viel zu fein, zu kultiviert, zu weich auch. Anders Kalle. Der hätte wohl schon zugeschlagen, aus Herzensgüte sozusagen, hätte dann verdattert die eigene Hand angesehen und den Tropfen Bluts unter der Nase der Freundin, die nun allen Grund gehabt hätte, und Gelegenheit, den Geliebten zu verlassen. Beides vorenthielt Broglier der in sich und ihr Programm derart verlorenen Klonin, ja firmte es noch, was hätte so dringend umgeschrieben werden müssen. Liebe, wenn sie tief ist, erduldet, so lang der Geliebte sie anschweigt; da ist sie bereit, sich bis ins Vergessen, nach dem sie sich dann sehnt, quälen zu lassen.
Aber Broglier kam nicht, bis zum nächsten Morgen nicht. Was für ihn nicht unüblich war. Er schritt einfach in die Straßen hinaus, solch einen Abscheu vor daheim. Er hatte nie im Griff, wann der hochkam. Dies waren die Stunden, die ihn abstürzen machten, wenn er morgens nur für drei Brötchen die Wohnung verließ, aber selten wiederkehrte vor spätnachts, betrunken immer, grölend nie – wäre er simpler gewesen, er hätte Dorata geschlagen. Ob das nicht sogar die Gefühle, denen sie beide ausgesetzt waren, und dem Verfall, geklärt hätte, ist nicht ganz heraus. Vielleicht hätte Dorata dann Abstand nehmen können, und er selbst wäre sich des Leidens bewußt geworden, das er ihr antat. Ein Akt, in dem die Verzweiflung endlich Haltung verliert, hätte das sein können, so daß Dorata zu sich findet, endlich, angesichts dieses massiven Symbols, das grob genug im Raum steht, um alles, was man verzweifelt versteckt hat, nackt und so roh zu offenbaren, wie es ist. Das man nun nicht mehr schönschleifen, schon gar nicht wieder schlucken kann. Doch war er, Broglier, für diese, schreibt Benn, Zusammenhangsdurchstoßung viel zu fein, zu kultiviert, zu weich auch. Anders Kalle. Der hätte wohl schon zugeschlagen, aus Herzensgüte sozusagen, hätte dann verdattert die eigene Hand angesehen und den Tropfen Bluts unter der Nase der Freundin, die nun allen Grund gehabt hätte, und Gelegenheit, den Geliebten zu verlassen. Beides vorenthielt Broglier der in sich und ihr Programm derart verlorenen Klonin, ja firmte es noch, was hätte so dringend umgeschrieben werden müssen. Liebe, wenn sie tief ist, erduldet, so lang der Geliebte sie anschweigt; da ist sie bereit, sich bis ins Vergessen, nach dem sie sich dann sehnt, quälen zu lassen.
Quelle und Qual – Böhme zumal. Der Schlag entflammte auf immer die Erinnerung – stellte ins Gedächtnis die Hybris endlosen Scheiterns.
Ins Vergessen gequält findet endlich die Seele den Pfad – nach der Sehnsucht Quell.
Das Wort “Stellen” mag ich – (so) im Gegensatz zu Ihnen – nicht. Ich war keine Einzelgängerin – und tatsächlich suchten wir welche, die Freundin und ich (zuerst im Otto-Katalog: Dessous) und später einschlägige (Kinski im Regal ihrer Eltern.)
D a s (aus “Argo”) ist anders. Ich möchte mich auch manchmal schlagen, wenn ich erkenne, wie ich das Opfer spiele, das ich bin. Nein! BIN ICH NICHT!
(Gute “Stelle”!)
@MelusineB zu den “Stellen”. Ich mag “Stellen” an sich auch nicht; es ist aber im Rahmen eines Weblogs, wenn man aus solch einer riesigen Arbeit zitiert, wichtig, daß man nicht “irgendwas” nimmt, sondern etwas, an dem man sehr lange herumgefriemelt hat, und zwar auch dann, wenn es des Friemelns damit wahrscheinlich noch gar kein Ende hat.
Zu den Stellen an sich, Sie werden das wissen, daß es von Adorno einen Aufsatz zu “Schönen Stellen” gibt, da zur Musik – und er kannte das KlassikRadio noch gar nicht, das seine Haltung posthum nicht nur rechtfertigt, sondern fast zur Notwendigkeit macht.
Warum heißt es bei Ihnen denn “Beides VORENTHIELT Broglier…”? Das Verb vorenthalten wird präterital in Hauptsätzen eigentlich anders konjugiert, nämlich: “X enthielt Y Z vor”.
@Rolf Sternberger. Das ist mir bewußt. Mir kommt es aber auf genau diese Verfremdung an, weil sie das Vorenthalten seelisch auflädt, es wird stärker, auch verzweifelter hier. Wörter beginnen zu leuchten, wenn man sie ein wenig verschiebt, sie verlieren das gewohnt Gewöhnliche, das sich rein aus permanentem Gebrauch ergibt. Hinzu kommt die Rhythmik des Satzes.
Ich bin heute morgen, und werde es noch ausgebiger tun, nicht grundlos >>>> auf Döblin eingegangen, der für eine Traditionslinie steht, in der ich mich sehe; ebenfalls Niebelschütz. Nicht ganz anders, übrigens, geht Lezama Lima mit Metaphern um, so auch Lobo Antunes. Döblin wiederum kommt ziemlich eindeutig von >>>> Fischart.