Die Fenster von Sainte Chapelle. Aus der Überarbeitung fürs Buch (1). Les secrets de Paris (12).

[>>>> „Original”text im zweiten Absatz von 6.06 Uhr.]


Zwischen der Métrostation und der Gare fand ich ein Internetcafé, worin ich meine Post erledigte. Vor allem mußte Prunier kontaktet werden, da der Zeitpunkt unseres Treffens zwar stand, noch aber nicht – nicht mehr – der Ort. Ich schrieb ihm also, ich riefe ihn an, sowie ich ihn wisse. Dann fiel mir auf, welch ein Unfug das war, daß ich hier schrieb. Ich hatte doch noch immer die SIM-Card des Gräfin. Wieso hatte ich sie nicht zu den Schlüsseln auf den Küchentisch gelegt? Mir war nicht einmal der Gedanke gekommen. Weshalb ich, für mich ganz unpassend schuldhaft, die schon nächste Mail formulierte, worin ich mich bei dem Gräfin entschuldigte: er bekomme die Card übermorgen, am Montag, zurück; es sei denn, schrieb ich, daß er mir die Auszeit für meine Geliebte nicht verüble und mich, wenn ich wieder allein sei, in seine Dienste zurücknehme. Mit war nicht wohl, als ich das schrieb. Aber ich wollte nicht unhöflich wirken. Von der Nacht mit Jenny schwieg ich. Sie geht ihn auch nichts an, dachte ich. Aber ich spürte, daß ich mich irrte. Freilich hätte er mir, um einen zweiten solchen Vorfall zu verhindern, einen anderen Chauffeur zuteilen können. Doch selbst das war nicht wahr, spürte ich. Jedenfalls hätte ich mich für dieses Wochenende umentschieden. Daß ich es vorausgeplant hatte, darüber schrieb ich ebenfalls nicht. Falls er nun aber zu ärgerlich sei, möge er mir eine Adresse schicken: dort schickte ich die SIM-Card dann hin. Mit dem Ausdruck meiner tiefsten Ergebenheit usw.: Ihr ANH
Der Brief war eine einzige Eierei. Imgrunde versuchte ich, auch vor mir selbst, zu verschleiern, welch eine Panik mich bei dem Abendessen im Tour d’argent erfaßt hatte und daß ich eigentlich versuchte, mich aus der ganzen Sache wieder herauszuziehen. Es ging hier um etwas nicht Geheures, der „Roman” war nichts als ein Vorwand. Ich sollte in etwas eingesponnen werden, in das sogar die Nacht mit Jenny plötzlich paßte: als wäre sie ein Kalkül der gräflichen Planung gewesen. Erstreckte sich Jennys Aufgabenkreis auf eine solche „Dienstleistung” auch? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Dennoch, als ich auf Senden klickte, war mir schon weniger unwohl. Nur der Löwin war noch Rede zu stehen.
Ich zahlte und begab mich zur Gare.



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