Wäre meinen Büchern ein ähnlicher Erfolg wie Der Dschungel beschieden gewesen, der sich dann auch ökonomisch niedergeschlüge, wäre es ausgesprochen zweifelhaft gewesen, ob es überhaupt zu diesem Literarischen Weblog gekommen wäre und ob ich mich insgesamt dem Netz in der Weise geöffnet hätte, wie es unterdessen der Fall ist. Eher wäre meine Ästhetik im herkömmlich Publizitären verblieben, und ich hätte mich möglicherweise wohlig darin eingerichtet.
Nun entstehen neue Entwicklungen nahezu prinzipiell aus einer N o t; alle Technik – und Technologie als dem Wissen um sie – findet da ihren Anfang: Not, etwas von hier nach dort zu transportieren (das Rad); Not, sich gegen Angreifer zu verteidigen (Waffen); Hunger (Fallen; Waffen, Ackerbau); Durst (Aquadukte), Frieren (Häuser, Heizung) usw. Damit ist etwas in Gang gebracht, das seinen Gipfel noch lange nicht sah. Not nun aber auch für den Künstler, der eine Vision hat. Indem er auf Widerstände trifft, entwickelt er Technologien, die Vision gegen diese Widerstände zu realisieren, oder er bedient sich dafür bereitstehender Technologien und treibt deren entsprechende Segmente voran. Hätte es die Widerstände nicht gegeben, wäre dafür eine Notwendigkeit nicht gewesen. Nun aber ist sie Notwehr aus Notwendigkeit; diese ist das, was eine Not w e n d e t.
Freilich verändert sich nicht nur jede Vision vermittels der Technologie ihrer Realisierung, sondern es kann angenommen werden, daß, da es Widerstände g i b t (und nicht etwa n i c h t gibt) und diese Widerstände ihrerseits Ergebnisse von Notwendigkeiten sind, die Technologie ihrer Realisierung bereits selbst in der Vision angelegt ist: sie k ö n n t e ohne diese Technologie gar nicht werden. Da wiederum die Vision der Realisierung vorgängig ist, läßt sich mit allem logischen Recht behaupten, daß eine Technologie eben n i c h t zufällig (das heißt: ohne hin- und zureichenden Grund) entsteht und daß ihr, sagen wir, Ideen-Kern in den Entwicklungen auch dann schon angelegt wurde, wenn noch nicht einmal die Vision selbst gedacht worden ist.
Insofern ist das Literarische Bloggen nicht nur bereits in den literarischen Werken der Vergangenheit angelegt (etwa in der Anspielungsliteratur, z.B. Jean Paul‘scher Prägung; in der Nachmoderne entspricht der Anspielung der ausführbare Link), sondern eines ihrer – matrisch vorbestimmten – Etappenziele insgesamt. Das liegt auf der Linie der autonomen Kunstbewegung: Dichtung wird nicht nur mehr frei von einem definierten (über lange Zeit religiösen) Inhalt, der zu missionieren sei, sondern darüber hinaus von jedem anderen äußeren Produktionszwang. Sie ‚erkauft‘ sich das durch Ablösung von der Ökonomie, entfernt sich also völlig vom Ackerbau (cultura); dafür kommt sie im Literarischen Weblog ihren eigentlichen Möglichkeiten ein weiteres Stück näher.
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Contradomisch 1 <<<<
Technologie als Entwicklung <<<<
Autonomie = ‘Brand’ Die Unabhängigkeit des ‘Systems Blog’ von den Produktionsverhältnissen bleibt auch in einer kybernetischen Welt ein wünschenswertes, doch utopisches Ziel…
‘Traffic’ selbst perforiert mit jedem Klick die Autonomie des Blogs und brandmarkt es ungewollt als ökonomisch wertvoll!
Die Autonomie wird durch Zugriff jener unterminiert, die sie ebenfalls anstreben…
Die Produktionsverhältnisse sind angesichts beschränkter Zugriffsmöglickeiten auf das System WEBLOG auf den gleichen Trick verfallen wie weiland Immermanns ‘Münchhausen’, mit seiner ‘Luftverdichtungsaccompagnie’
Bestand seine Geschäftsidee noch darin, virtuelle Luft zu realen Ziegelsteinen verdichten zu wollen, so werden in der postmodernen Geschäftswelt ‘Klicks’ und ‘Links’ verdichtet und im Parkettgeschäft hoch gehandelt.
@walhalladada. Nur wenn man sich darauf einläßt. Täten es Die Dschungel, es würde ihre gesamte tiefe Oberfläche zerstört. Da sie das vermeidet, g i b t es hier keine aus Produktionsverhältnissen erwachsenden Zwänge. Alles, worauf man sich hierorts allenfalls einließe, wäre ein Sponsor, der dann in der Titelzeile auftauchte. Aber selbst, wenn es werbende Pop-ups gäbe wie auf anderen Sites de Blogosphere, sind diese von jedem ‘Empfänger’ auf das leichteste zu blockieren. Das ist von etwa Zeitschriften rigoros unterschieden.
Andererseits überlegen wir in der Tat, wie sich Die Dschungel allmählich a u c h zu einem Instrument der Existenzsicherung gestalten lassen; das darf aber in jedem Fall nicht ästhetisch störend sein und wird auch inhaltlich nichts modifizieren. Modifizierte man nämlich, wäre genau der Grund unterlaufen, der einen, sagen wir, Investor auf Die Dschungel aufmerksam gemacht haben kann.
Konsens. Ich stimme ihnen zu. Das literarische Bloggen ist (in Inhalt und Konzeption) orignale künstlerische Ausdrucksform. Und darum stellt jeder Übetgriff auf dieserart “Autonomie” einen Notwehrgrund an sich dar.
Faszinierend scheint mir aber der Gedanke, wie sich Dichtung der Ökonomie annähern kann, ohne auf die Ebene des Mäzenentums zurückzugreifen.