Freitag, der 17. März 2005.

5.39 Uhr:
[Britten, Cello-Suiten.]
Guten Morgen, Leser&innenn, wie Sie sehen, arbeite ich mich langsam wieder auf die alte Aufsteh- und Arbeitszeit zu. Nicht zu fassen allerdings, daß der erste Satz, den ich vorhin beim Aufwachen dachte, s o lautet: „Mit aufgerichtetem Zeugungsorgan die Lebensleiter hinunter.“ Ich bin sonst einer, der von halb v o l l e n Gläsern spricht. Na gut. Und entschuldigen Sie vielfach, daß Die Dschungel derzeit so auf ARGO und VERBEEN konzentriert sind und die anderen Rubriken so wenig Beachtung finden. Es ist rein zeittechnisch momentan nicht mehr drin; das wird spätestens in Bamberg wieder anders werden; keinesfalls habe ich etwa >>>> die Kleine Theorie des Literarischen Bloggens vergessen, sogar >>>> Judith in London und vor allem >>>> Die schöne Elisabeth Schneider sind mir noch im Kopf, von den Paralipomena ganz abgesehen. Also Geduld, ich hab ja diese Neigung, um alles Formklammern zu legen; das schließt Unvollständigkeit letztlich aus. Außerdem denken ja auch meine Romane in oft s e h r weiten Bögen.
(Weshalb ich heute früh so plappre? Weil in einer Dreiviertelstunde mein Junge zu wecken ist und ich deshalb eh nicht tief genug in ARGO fallen kann. Ich schreibe mich ein, können Sie sagen: daran ist etwas – und probiere mich in ungewohnter Zeichensetzung oder Wortstellungen aus, denn auch d a f ü r ist ein Literarisches Weblog überaus dienlich – nein, den verfolg ich nicht weiter, diesen Gedanken, nicht jetzt, sonst lande ich unversehends d o c h in einer der vorübergehend verwaisten Rubriken.)
Auf meinen neuerlichen Privatmäzenaufruf, den ich am Mittwoch in meinem Newsletter gestartet habe und worin es darum geht, ob vielleicht Leser meine DSL-flat in Bamberg übernehmen – es geht um hochgerechnet 60 Euro pro Monat – hat sich, anders als bei der Arbeitswohnungsmiete, diesmal übrigens keiner gemeldet, jedenfalls nicht bislang. Vielleicht denken die Leute (denken S i e), ‚der Mann ist ein Faß ohne Boden’ – und da kann ich nur sagen: Sie haben recht. Es entspricht freilich genau meinen Arbeitsvorhaben: auch dort ist kein Ende abzusehen; sowie ARGO fertig sein wird, werd ich an den nächsten der vier Romane gehen, die mir im Kopf sind; zwei davon sind bereits in einigen Teilen auch ausgeführt (DESTRUDO, >>>> DLZI), für die andern gibt es bislang nur Material oder Ideen (>>>> MELUSINE WALSER), zum Teil überlappen sich auch ihre Themen, so daß ich sie vielleicht zusammennehmen werde. Aber erst einmal ist ARGO fertigzustellen, damit ich mich ein weiteres Mal von >>>> Mosebachs hübschem Damenannäherer unterscheide und er mal wieder etwas vorzuweisen hat.
Bleibt die Verlagsfrage. Delf Schmidt, gestern beim Essen in dem sehr schönen „Chez Maurice“ (Bötzowstraße, Berlin), war in dieser Sache ebenso hilflos wie ich; beim Berlin Verlag kriegt er mich nicht mehr durch, und bei Rowohlt herrscht ein Herrenreiter, der alles andere tun wird, als sich ausgerechnet m i c h ans Programmbein zu binden. In zwei Jahrzehnten, schätz ich mal, wird man sich drüber ärgern, also wenn ich meine Präsenz durchhalte; vorher aber wird weiterhin gesagt werden: Herbst ist zu literarisch für die Gegenwartsliteratur. Es ist einfach ein toller Satz; immer, wenn ich ihn mir wiederhole, drückt sich ein Lächeln in meine Züge, das aus Erheiterung und Verachtung gemischt ist. Dazu in meinem Kopf Delfs Frage: „Und du willst wirklich nicht nach einer Zusatztätigkeit gucken?“ Nein, will ich nicht; ich halte dieses Ding hier durch. Es gibt nicht wenige Kollegen, die haben grad mal ein Quentchen meiner Ideenfülle und Umsetzungskraft, und nicht wenige von denen werden, was das Zeug hält, gehypt. Da soll ich meine Talente, die Göttinnengeschenke sind, aus ökonomischen Erwägungen in den Staub treten? Nö. Also nur herbei, ihr Gerichtsvollzieher!




S o, Leser, ist meine Stimmung heute früh. Nun hab ich sie, dank Netz-Präsenz, auch rigoros genug ausdrücken können.