12.23 Uhr:
[Arbeitswohnung. Strauss, Arabella (Kiri & Tate).]
Richard Strauss hören, heißt (für mich) n i c h t, Musik zu hören, sondern immer wieder: süchtig zu werden. Es ist nicht ganz ohne Bedeutung, daß ausgerechnet Glenn Gould ihn „den größten Komponisten dieses Jahrhunderts“, also des Zwanzigsten, genannt hat. Was immer man gegen manchen Schmock einwenden kann, und zu recht, es bleibt doch, ganz ähnlich wie bei Wagner, eine geradezu ungeheuerliche Kraft der Erfindungsgabe und der Meisterschaft kompositorischer Faktur. Man kann nur stumm werden davor.
In diesem Zusammenhang. Ich radle aus der Muschel zum Cellounterricht – „Thielemanns“ Arabella im mp3-Player -, von dort zu >>>> Mitte Meer, wo ich einen ganzen Schellfisch fange, von dort hierher und finde im Briefkasten zwei Ehrenkarten für >>>> die Helena-Premiere am Sonntag, mit einem wirklich ehrenvollen Brief eines Dramaturgen der Deutschen Oper, der sich dann auch >>>> darauf bezieht und ähnlich irritiert ist, wie ich es war. Ich möge mich fortan für weitere Kartenwünsche i m m e r an ihn wenden; er werde die Angelegenheit aber dennoch im Haus ansprechen. Der Brief tat gut.
Ich sollte heute mal wieder an die BAMBERGER ELEGIEN gehen, um die neue Perspektive zu finden, die das alles nun braucht. >>>> Dielmann hingegen bleibt unerreichbar. Hätte ich Vermögen, ich ginge dazu über, meine Bücher fortan selbst zu verlegen – wie Karl Kraus es getan hat. Doch die Zeiten sind andere, man darf sich nicht täuschen; die Umsätze im belletristischen Markt sind und bleiben rückläufig; >>>> Lunkewitz hatte schon recht, als er einmal bemerkte, ein Verleger zu sein, bedeute, aus einem großen Vermögen ein kleines zu machen.
„Aber der Richtige, wenn es einen für mich gibt auf dieser Welt, der wird einmal dastehn“ – immer, wenn ich das höre, fange ich kurz zu weinen an, wirklich jedesmal: „…und wird mich anschaun…“ – Göttin, wie g r o ß das komponiert ist! Reichsmusikkammer hin, Reichsmusikkammer her. Ist nicht >>>> Gesualdo mehrfacher Mörder, zudem der eines Kindes, gewesen? Erkläre uns einer die Zusammenhänge, erkläre uns jemand dieses Warum: daß einen s o l c h e n, um mit Richard Strauss zu sprechen, der Finger Gottes berührt hat…
14.43 Uhr:
Briefe, Briefe, Briefe. Immerhin solche, in denen Gedanken stehen.
18.30 Uhr:
Alles plötzlich dreht sich wieder in die Musik. Anruf vom Konzerthaus wegen des geplanten Interviews mit >>>> Zagrosek wegen der projektierten halbszenischen Inszenierung von >>>> Křeneks Orpheus & Euridice; soll für die nächste Saisonbroschüre sein; da werd ich mich gut vorbereiten müssen, übers allgemeine Geplapper hinaus, das ich eh nicht schätze, und habe deshalb die beiden letztmöglichen Termine favorisiert: 9. oder 10.2. – mal sehn, was „Zack“ sagt. „Aber ich muß Ihnen noch was erzählen, von Schneider, unserm scheidenden Intendanten. Der hat von Ihnen >>>> Meere gelesen und war hin und weg.“ „Oh, das freut mich jetzt aber irre. Gerade, weil wir beide während der >>>> Spanientournee solch ein ständiges Hickhacken miteinander gehühnert haben…“ Ich habe mich wirklich gefreut, eben so richtig aus vollem Herzen. Vielleicht dreht sich d o c h wieder mal was.
Jetzt noch eine halbe Stunde ans Cello, dann zum Terrarium hinüber, um weiter mit meinem Jungen, Mimi und Roger, sowie dem Schleusenwärter Christian dem Schatz der 13 Häuser nachzujagen.