[Arbeitswohnung.]
Wie immer, wenn ich von längeren Reisen zurückkomme, auf denen ich Arbeit beiseitelege, fällt es mir schwer, in den alten Rhythmus zu kommen, zumal ich heute bereits wieder fortmuß: auf ein >>>> kleines Literaturfestival, wo ich auch literarische Freunde wiedersehen werde; der ICE geht um, incl. SBahn-Zubringerin, 14.33 Uhr, um halb sechs werde ich am Veranstaltungsort sein. Wie ich gerade las, seien die Verlage nicht erreichbar gewesen und der örtliche Buchhändler, sagen wir, „indisponiert“, so daß ich selbst Bücher mitnehmen muß. Was ich vermeiden wollte, ich weiß auch gar nicht, ob ich noch >>>> Chapellefenster hierhab. Jedenfalls ist vor meiner Abfahrt noch ein bißchen Zeug zu erledigen, so daß ich möglicherweise erst während der Zugfahrt >>>> an Argo kommen werde. Auch die Neue Fröhliche Wissenschaft drängt, dazu der Text zu >>>> Ankalina Dahlems Kunstband.
Aber ich komme momentan noch schwer vor sieben/halb acht hoch, gehe allerdings auch immer erst nach eins zu Bett. Immerhin war ich gestern wieder am Cello; wegen der Bücherschlepperei nehme ich jetzt Abstand davon, auch das Instrument mit nach Jena zu tragen. Wenigstens soll die dauernde Regnerei aufhören, so daß ich den hellen Anzug tragen kann und insgesamt kaum Klamotten einpacken muß. Was ich genau lesen werde, weiß ich noch nicht, auf jedem Fall aus den >>>> Elegien und vielleicht aus den Fenstern und/oder eine abgeschlossene Erzählung, sowie zwei oder drei der Gedichte.
Argo: Was mich ein bißchen frappiert, ist, wie gegenwärtig die Szenen in mir geblieben sind, genau dort, wo ich mit der ÜA in Amelia aufgehört hatte; ich kann, wie ich gestern merkte, geradezu nahtlos weiterarbeiten. Nur, daß mir eben noch die nötige Disziplin fehlt. Auch für >>>> Bar Irsee sind Vorbereitungen zu treffen, vor allem ist der Weblog einzurichten, um den man mich >>>> für den Kurs gebeten hat. Dort ist das mit den Büchersendungen völlig problemlos verlaufen, wie mir der Buchhändler, der mich gestern anrief, mitteilte; er hätte nur gern noch Exemplare der nur schlecht oder gar nicht mehr lieferbaren Bücher, besonders Thetis und Wolpertinger. Also werde ich d ahin mit dem Rucksack reisen; für knappe zehn Tage ist das sowieso okay.
Es gibt eine großartige Szene in meinem Kopf: Ein Restaurant am breiten Fluß, die von weißen breiten Schirmen überdachte Terrasse nahezu in Höhe des schwarzen Wasserspiegels: schwarz, weil es Nacht ist. Gegenüber leuchten die Lichter von hohen Bars und wirbligen Kneipen, rechts die Wirbelsäule einer endlosen, doch kaum befahrenen Brücke. Eine Frau, ein Mann. Vor beiden auf dem einfußigen Rundtisch zwei Gläser Weins.
Es beginnt zu gewittern mit einem plötzlichen heftigen Blitz, dann gießt es wie aus Kübeln. Es ist aber warm, und nur selten mal schafft es ein Schwall die Rutsche eines der Schirme hinab und durch die Lücke zum nächsten. Der Mann bekommt es links auf Schulter und Hosenbein, bleibt aber unbewegt, raucht, sieht die Frau an, die keinen Ton sagt, aber dasitzt mit rechter entblößter Brust. Und schaut, auf den Fluß schaut wie vor einer Entscheidung, Bisweilen kommt ein Kellner, räumt, ist bemüht, nicht zu den beiden, vor allem nicht auf die Brust dieser hohen Frau zu schauen. Sie weicht um keinen Zentimeter von ihrem Stolz, aber begibt sich in die Hand des Mannes, in der sie freiwerden kann, in seiner Obhut, kann man sagen. Indessen blickt sie strikt an seinem Blick vorbei, der bereits dabei ist, sie zu formen.
Vormerken für >>>> Melusine Walser.
Melusine Walser 18 <<<<
Wenn die Neue Fröhliche Wissenschaft erscheint, wird es entweder einen Aufschrei oder das geben, was ich mittlerweile gewöhnt bin: allgemeines Verschweigen. Imgrunde wäre zu überlegen, ob ich deswegen nicht unter ganz anderem Namen weiterarbeiten müßte; aber mein Stolz läßt das nicht zu. Und nicht mein Widerspruchsgeist.
(Es legt auf der Hand, den Autor Melusine Walsers mit Mefistofele zu mischen; vielleicht liegt‘s z u sehr auf der Hand. Was mich außerdem nervt: allen Ernstes will >>>> die NPD die Triskele in ihr Wappen nehmen. Man müßte sie deshalb auch für die allgemeine Öffentlichkeit, nicht nur für die Szene, als BDSM-Zeichen popularisieren; dann nähmen die Idioten vielleicht Abstand. Aber sie haben ja auch die Flamme im Sinn, die – gegen Unbildung ist kein Kraut gewachsen – >>>> Signet der Fackel war.
13.39 Uhr:
So, alles soweit erledigt, auch eine Stunde Cello geübt; an Argo gearbeitet wird im Zug. Weil ich nun doch so viel zu schleppen habe, hab ich Jena gebeten, mich vom Bahnhof abzuholen. Ansonsten geh ich ja lieber alleine zu Veranstaltungsorten.
Von Hartmut Abendschein kam >>>> Dranmoor an; ein wirklich sehr schön gestaltetes Buch, das wunderbar in der Hand liegt. Hätte ich nicht dringend zu arbeiten, ich läse sofort darin, derart verführerisch ist die Anmutung:
Ich werde mich sicherlich erst nachts aus Jena wieder melden.
Kaum zurück, und schon wieder mächtig Zündstoff.
Schön, dass Sie wieder am Schreibtisch sind, um uns einzuheizen. Der Sommer hat es nötig…