„Sofort löschen!“ Sowie: Zu einem Sommerfest. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 10. August 2013. Mit einem Hinweis auf Federmair.

8.29 Uhr:
[Arbeitsjournal.]
„Sofort löschen!“ orderte die Löwin, als ich ihr eben am Telefon den neuesten Kommentar einer als „Waage“ bereits mehrfach in Der Dschungel in Erscheinung Getretenen vorlas. Ich tat es auch sofort, aber nun drückt mich eine Art schlechtes Gewissen, das ich fast immer habe, wenn ich so etwas tue. Ihr, der Waage, Vorwurf an mich lautete, wenn ich nur Kritik an meinen Büchern zuließe, nicht auch an Der Dschungel, dann: gewogen und zu leicht befunden.
Letztres ist nicht ohne Witz, weil mir die Waage zuvor bestritten hatte, daß ich tatsächlich in so kurzer Zeit durch mein Training derart viel abgenommen hätte; das gehe nicht, ich müßte denn gestorben sein. Was da schon Unfug war, aber sie biß sich fest, bis ich auch das, glaube ich, durch Löschen endigte. Aber sie hat natürlich in diesem Fall recht, und ich hätte, was ich meinte, nicht so lax ausdrücken sollen: Kritik auch an Dschungelbeiträgen ist selbstverständlich „erlaubt“, und ich lasse sie auch immer stehen, vorausgesetzt, es handelt sich um sachliche, nicht immer und immer wieder um eine allein an meiner Person. Die von meinen Gegnern im Netz niemand aber ja wirklich kenn, vor allem aber, darauf habe ich schon oft hingewiesen, kann zwar Textkritik anonym geäußert werden, persönliche hingegen ist nur dann legitim, wenn man auch mit eigener Person auf- und eintritt, das heißt eben: nicht anonym. Ansonsten sind Personalkritiken billig und müssen imgrunde gelöscht werden, weil immer etwas, wie bei Gerüchten, hängenbleibt an einem, während die Gegnerin/der Gegner sich wie ein Denunziant, der seine bösen Nachreden schwarz in den Briefkasten wirft, ungefährdet davonmachen kann.
Es ist interessant – darüber sprachen die Löwin und ich weiter – , daß sich solche Denunzianten immer dort einfinden, wo man sich polarisierend positioniert, sei es persönlich, sei es ästhetisch. Auf Plauderblogs oder solchen, die spielerische Plattformen bieten, kommen sie hingegen kaum vor – logischerweise, weil andersdenkende oder anders fühlende Positionen gar nicht erst als Differenz aufgezeigt werden: sozusagen trifft man sich beim Tennis und redet über alles andere nicht. Scharf positionierende Blogs, etwa Piveckovas >>>> Gleisbauarbeiten, aber auch Keuschnigs >>>> Begleitschreiben hingegen werden, wie Die Dschungel, schnell zum Ziel unlauter agierender Gegner, auch da nämlich vermittels persönlicher Anwürfe, weshalb die meisten dieser Weblogs moderiert sind – etwas, das ich bekanntlich nicht tun will: Besser, ich lösche dann doch, wenn es mir zu bunt wird, und trag mich dann eben mit diesem schlechten Gewissen herum. Um das, was mich beschäftigt, auf einen größeren Rahmen zu spiegeln: Ich halte es für falsch, die Grundrechte einzuschränken oder sie anzutasten, wenn man, etwa durch den Terrorismus, die Sicherheit gefährdet sieht, bzw. meine ich mit Kleist, wer das dennoch tut – und wirklich Gründe dafür hat –, muß sich hernach auch dann selbst anzeigen und seiner Ämter begeben, wenn sein Vorgehen die Menschen geschützt haben sollte. Nur so lassen sich diese Rechte über jeweils Einzelne hinaus garantieren.

Kleine Theorie des Literarischen Bloggens 149
>>>> Litblog-Theorie 150
Litblog-Theorie 148 <<<<
Soviel also dazu. Weil’s mich wirklich beschäftigt und mir meine mehr oder minder spontane Löscherei nicht mehr gefällt und sie nun auch gar nichts „gebracht“ hat, weil mich der Vorgang ja doch von meiner eigentlichen Arbeit jetzt, nämlich dem Nibelungentext, abzieht. Ärgerlich freilich ist, daß der ganze Kommentarbaum unter >>>> einem Text steht, auf den die Anwürfe überhaupt nie eingegangen sind, abgesehen von dem vermeintlichen Hinweis auf einen Tippfehler.
*****

Also der Nibelungentext. Er soll bis mittags im ersten Entwurf fertig sein, damit ich ihn morgen gut zuendeformulieren kann, denn morgen abend will ich ihn hinausschicken. Dann sind nur noch ein paar kleine Korrekturen an dem Beitrag zu Dichterfreundschaften anzubringen, und auch das Ding kann hinaus. So daß die ganze nächste Woche für die Überarbeitung des Neapel-Hörstücks bereitsteht; anfangs September will ich – wenn es mit der Kreuzfahrt klappt, muß ich das auch – bereits die Sprecher:innen im Studio haben.

Mittags geht es >>>> zum Sommerfest des LCBs. Ich habe vor, mit dem Fahrrad hinzufahren, das darf heute mein Tagestraining ersetzen, je 25 Kilometer Strecke in kurzer Hose und TShirt, meinen hellen Anzug und ein zweites TShirt nehme ich mit und zieh das da vor der Tür an, sonst renn ich allzu verschwitzt dort herum. Ich freu mich drauf, freu mich auf Treffen, Gespräche, Plaudereien, auf Wein und ein bißchen was zu essen, auf die Blicke auf den See, auf die Blicke auf Frauen und auf deren Blicke. Ich bin ja nun in einem Zustand, der sie rechtfertigt, muß mich nicht mehr schämen, mit meinem Körper nachlässig gewesen zu sein. Ein gutes, sicheres Gefühl: so in sich selbst. Und auch der Kopf sprüht, wie ich’s mag, unberührt von Misanthropie. Haben Sie einen guten Tag!

Und: Was mich gestern glücklich machte; langsam, immer wieder mal in Wellen, steigt das Bewußtsein auf, ein bißchen fassungslos: daß ich es >>>> wirklich geschafft <<<< habe!

10.10 Uhr:
À propos Begleitschreiben: ein ziemlich >>>> guter Artikel, der zum Vorbesprochenen ziemlich paßt, von Leopold Federmair.

19 thoughts on “„Sofort löschen!“ Sowie: Zu einem Sommerfest. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 10. August 2013. Mit einem Hinweis auf Federmair.

  1. Whatever “Waage”, whatever “Löwin”, whatever “ANH” – das ganze Buchstabengeschmuh hier ist allein getriggert von Eitelkeit, Narzissmus und irgendwelchen kleinlichen Dominant-Devot-Verschiebungen, die sich an sich selbst quälen.
    Ein gnadenlos verlöschendes, selbsternanntes Zentralgestirn, umgeben von dämlichen Verehrerinnen (Löwin? Dass ich nicht lache, Würmchen.) und anderen Kriechern, die sich vermeintlich auflehnen, um Anerkennung zu sammeln. Und so dem vermeintlich Wissenden suggerieren, er sei tatsächlich wer.
    Welcome: Zum großen Masturbationsforum, dass allen Beteiligten noch das Gefühl anwärmt, literarisch an irgend einer Art Fortschritt zu arbeiten.
    Viel Spaß miteinander!

    Und dann diese Fotos! Und dieser vorgezeigte Sohn – zum Kotzen!

    1. dann bleiben sie doch einfach fort voyeuristisch durch die dschungel lunzen, aber dann doch ein häuflein fallen lassen… das internet ist weit – sie werden etwas finden, was ihnen keinen kotzreiz bereitet.

  2. Schwacher Text, denn er bleibt die Begründung schuldig, weshalb “die Löwin” (ein weiteres Alter Ego gar?) den von ihr zur Löschung verurteilten Kommentar nicht selbst begutachtete, sondern ihn sich vorlesen ließ. Dass “die Löwin” hier mitlesen kann, weiß man aus deren Kommentaren.

    Dadurch bleibt der möglichen Interpretation allzu viel Raum, dass Sie den Kommentar zunächst impulsiv gelöscht hatten, “die Löwin” ihn also d e s h a l b nicht mehr sehen konnte und auf mündliche Wiedergabe Ihrerseits angewiesen war. Von “ordern” kann dann aber keine Rede mehr sein, lediglich von nachträglicher Bestärkung.

    Die Textkonstruktion ist also als äußerst mangelhaft zu bezeichnen.

    Da ich meinen gelöschten Kommentar selbstverständlich im Wortlaut in Erinnerung habe, kann ich logischerweise auch das Ausmaß der Fiktionalisierung in Ihrer Darstellung erkennen.

    1. Na na. Ich schlage vor, Sie verbringen Ihren Samstag nicht weiter damit, sich über ANH oder mich den Kopf zu zerbrechen.
      Schluss mit der Pedanterie.

    2. Obwohl ich nun wahrlich kein Fan dieses Projekts hier bin, hoffe ich doch, dass mein eher harmlos gemeint spottender Kommentar nicht diese anonymen und unflätigen Beleidigungen provoziert hat, das ist schlichtweg unter der Gürtellinie…. sorry… lach, ich schreibe hier besser nix mehr.

  3. Wenn Sie ‘s übertreiben, schickt Ihnen der NSA eh eine Killerdrohne, da nutzt das Löschen gar nix 🙂 ob Löwin, Waage oder Hauskatze…

  4. Was bringt Leute dazu, “mal nebenbei” und ohne Not solches Gift auszuleeren? Anonym?
    Was ist das für eine Genugtuung, jemanden anzugreifen, aus welchen Gründen auch immer, ohne ein eigenes Risiko einzugehen? Ich kenne solche Leute nicht. Wo sind die? Welche Berufe üben die aus? Haben die Kinder? Mir wird verdammt flau, wenn ich so etwas lese.

    1. darüber hat, liebe frau phyllis, roland reuß mal was geschrieben: für mache leute ist das befüllen von kommentarfunktionen schon der weg zur autorschaft: es ist ja veröffentlicht… zudem hat die kommentarfunktion m.e. den stammtisch ein wenig substituiert (jetzt, da man nur noch vor der tür rauchen darf, bleiben ja viele zu haus): da kann man mal richtig (und genauso folgenlos) dampf ablassen. und dann isses gut: man hat es der welt gesagt und ist mit sich wieder im reinen und braucht sich nicht mehr kümmern…

    2. ich empfinde diese art von triebabfuhr ins letztlich folgenlose keineswegs als harmlos. derjenige, der es der welt – und sei es nur qua kommentar – so “richtig gegeben” hat, kann sich ja bequem zurücklehnen: was zu sagen war, ist gesagt. nun sind andere dran. ich hab damit nix mehr zu schaffen. – es ist also ein schmierstoff für die lethargie, die tatsächlich viele gesellschaftliche bereiche erfaßt hat.

    3. Ich nenne es für mich immer Passivität, aber Lethargie trifft’s auch. Hauptsache, man hat eine “Ansage” gemacht. Nun ist aber die dumpfe Aggression, die gerne mal mit Stammtischrunden assoziiert wird, dieses sich Zurücklehnen nach dem Dampf ablassen, etwas anderes insofern, als dass man dort ja unter seinesgleichen ist.
      Im Netz dagegen sind so viele Persönlichkeiten zugange, diese potentielle Vermischung von subjektiven Dynamiken ist eigentlich grandios. Im Gegensatz zu einem Live-Gespräch hat man in einem Kommentarstrang Zeit, sich zu besinnen, auszuformulieren, unbemerkte Rückzieher zu machen, impulsiv reinzugrätschen – und das alles ohne Verbindlichkeiten. Man wird nicht auf eine Haltung “festgenagelt”, zumindest, solange man anonym auftritt.
      Man kann – why not? – heute mit einer Meinung in den Ring steigen und morgen mit einer konträren. Das schafft in meinen Augen großen Spielraum. Einen, den man im direkten Umgang selten erlebt oder einfordert, der aber gut für’s Denken ist. Glaube ich.
      Worauf ich hinauswill: was für eine Chance sie ist, sich aus dem Fenster zu lehnen, die Anonymität. Wenn ich aber eine Attacke gegen eine Einzelperson reiten will, weil mich deren Tun so rasend macht, dass ich einfach dagegen anbrüllen muss, dann geh’ ich doch aus der Deckung.

    4. ich glaub, da überschätzen sie die kommentarfunktionenbefüller (es ist bei aller individualität natürlich nicht möglich und sinnvoll, alle über einen kamm zu scheren): daß man eben meist nicht unter seinesgleichen ist, wenn man kommentiert, kommt schmierfinken ja eher nicht in den sinn. (und meist kommen sie sehr schnell unter sich – schauen sie sich an, wie diskussionen in blogs sehr oft laufen: vom thema weg in irgendwelchen beschimpfungen endend).
      auch glaube ich nicht, daß gerade solche leute sich zeit nehmen, sich zu besinnen und zu formulieren (so etwas tun sie, und solch tun erwarten sie von anderen): den entfährt ein kommentar wie furz, und von derselben konsitenz ist er dann auch meist. das alles kann man, da haben sie recht, völlig anonym und ungestraft tun. insofern ist anonymität ursache und folge zu gleich. sagt hier – natürlich – auch ein anonymus…

  5. @Herbst Ich denke, dass ich endlich eine plausible Erklärung für Ihren etwas seltsam anmutenden Beitrag – wozu brauchten Sie “der Löwin” Order? – gefunden habe: Auch S i e hatten meinen Kommentar nicht im Blog gelesen, da einer Ihrer Administratoren ohne Verständnis für Zusammenhänge den Kommentar bereits wenige Minuten nach Erscheinen eigenmächtig gelöscht hatte. Dass Sie den Witz im offenkundig nachträglich berichteten Kommentar erkannten und darüber schrieben, führte mich letztlich auf die Spur. SIE hätten gerade wegen dieses den [Blog]Autor betreffenden Witzes eben nicht gelöscht. Und das Bedauern – welches ich Ihnen durchaus abnehme – schlugen Sie sodann höchst effizient ein in eine kleine, “Litblog-theoretische” Geschichte. Anerkennung.

    Sie wollen dennoch kurz gestatten, dass ich Ihrem halbherzigen Diffamierungsversuch – ein solcher ist’s nämlich, weil Sie die Fakten zur Verfügung hatten – sachlich entgegentrete. Mitnichten hatte ich Ihre Gewichtsabnahme bestritten. Das ist immer noch nachlesbar. Der “Austausch” endete damals mit einer ausführlichen und überaus höflich gehaltenen Beantwortung einer Fragen enthaltenden, abwegigen Entgegnung Ihrerseits.
    Solches Zurechtrücken hat mit Denunziantentum nichts zu tun, Sie wissen das selbstverständlich, weil Sie den Begriff nicht entwerten wollen, sondern vielmehr mit Pedanterie, wie sich “die Löwin” so treffend auszudrücken beliebte. Aber genug davon.

    Die Frage von literarischem Interesse, deren Beantwortung Sie damals in der Fettdebatte verweigerten, taucht nun unversehens hier wieder auf: “Wieviel Realismus muss Fiktion enthalten, damit sie funktioniert?” Diesmal waren Sie in der Tat sehr nahe daran. Nur für unmittelbar Beteiligte wirkt sie als nicht perfekt gelungen. Für die gemeine Leserin reicht’s allemal. Anerkennung.

    Abschließend ein Wort noch zur Kritik “ad personam”. Sie erheben vollkommen zurecht den Anspruch, dass Kritik an Ihrer Person ebenso persönlich vorzutragen sei. Mein Sie betreffender Meinungsumschwung hat sich mittlerweile verfestigt. Meine neu etablierte Haltung Ihnen gegenüber werde ich bei nächster Gelegenheit von Angesicht zu Angesicht öffentlich mitteilen – selbstverständlich mit pedantischer Gründlichkeit schlüssig argumentiert.

    Beste Grüße
    Ihre Waage

    1. leider sind die Verlinkungen nicht sichtbar.
      Links finden sich unter den Wörten “nachlesbar” und “Beantwortung”.

    2. Plausibilitäten @Waage. Sie spekulieren (und irren sich), aber das hat, wie ich meinerseits anerkenne, Reiz. Ich möchte das deshalb stehenlassen, ohne eigens darauf einzugehen. Daß ich auf Ihr Angesicht zu Angesicht, zumal öffentlich, sehr gespannt bin, muß ich, denke ich, nicht schreiben. Ich werde mich überraschen lassen.

      Wegen der unsichtbaren oder – wie ich damals formulierte – verborgenen Links sieht >>>>> dort und >>>> da den “Zusatz”. In einem herausgelösten, insofern engeren Zusammengang sind die entsprechenden Überlegungen in für die Buchform überarbeiteter Fassung in >>>> dieses Buch eingegangen, das auch als Ebook erhältlich ist.

    3. So bleibe es stehen. Ich verfolgte keineswegs die Absicht, Ihnen ein Zugeständnis abzuluchsen.
      Besten Dank auch für die Aufklärung zu den “verborgenen” Links – schöne Idee. Das Buch muss ich mir aus berufsbedingtem Interesse zweifellos besorgen. Mit privater Neugierde werde ich es natürlich auch lesen.

      Damit darf ich mich nun aus der Dschungel verlässlich verabschieden.

      Beste Grüße
      Ihre Waage

    4. Ein Nachtrag, @Herbst, vergeben Sie mir bitte, muss noch sein: Die heran stehende Gesprächssituation wird für uns beide völlig neuartig sein.

      Ich gehe davon aus, dass Sie als Mann von Format Frauen, die Ihnen in sachlicher Weise deren Haltung Ihrer Person gegenüber erläutern, weder schlagen, noch sonstwie insultieren.

      Beste Grüße
      Ihre Waage

    5. Insultationen @Waage. Darüber können Sie wirklich beruhigt sein. (Interessant übrigens, daß eine Haltung gegenüber meiner Person von öffentlichem Interesse sein soll. Das macht mich wirklich gespannt, allein schon auf den Anlaß. Im Falle meines Werkes wäre es eher nachvollziehbar.)

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